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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt!
Autoren: Thorsten Nesch
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Welt an.
    – Hallo?
    Die Scharniere der Tür quietschen, und die Sohlen seiner Lederschuhe klacken über den Boden.
    Er kommt herein. Er kommt herein. Er wird uns sehen, und dann ist alles aus.
    Frank zieht an meinem Ärmel. Wir schleichen gebückt um den großen Schrank herum, sodass er zwischen uns und dem Rektor steht und so den Blick auf uns verwehrt.
    Ich kann es nicht fassen, dass unsere Sneakers geräuschlos über den Boden gleiten.
    – Hallo?, ruft der Rektor.
    Wenn ich ihn in der Scheibe sehen kann, dann könnte er uns auch sehen. Hoffentlich nicht.
    Der Rektor redet mit sich selbst, – Die Räumlichkeiten nicht abschließen. Typische Professoren. Und was ist das hier? Muss das hier auf dem Tisch stehen? Wird das nicht mehr weggeräumt?
    Nicht, bitte.
    Rascheln von Papier
    Der Rektor lacht auf, – Was haben wir denn hier, ein Spickzettel? Kennen die etwa ihre eigenen Versuche nicht?
    Das Klicken eines Kugelschreibers.
    Wir schauen uns an, tief in die Augen. Ohne zu blinzeln, schauen wir uns gegenseitig in unsere eigenen Augen, endlos lange.
    Wieder das Klicken des Kugelschreibers. Und wieder sind seine Schritte zu hören, diesmal schneller, und mein Herz bleibt stehen, weil ich nicht weiß, ob er um den Schrank herumgeht oder aus der Tür. Dann wird die Tür zugezogen, und wir hören, wie er den Klassenraum von außen abschließt.
    – Das war knapp, sagt Frank.
    – Arschknapp.
    Nach ein paar großen Schritten stehen wir wieder vor unserem Versuch. Auch der Zettel liegt noch daneben. Er hat einen Kommentar darauf zurückgelassen. Seine Handschrift ist eine Katastrophe, aber ich kann es entziffern, – Hier steht: Beim Staatsexamen auch gepfuscht?
    – So wie er selbst, sagt Frank.
    – Das hätten wir dem nie erklären können.
    – Fertig?, fragt er mich.
    – Steht echt schon alles?
    – Ja.
    – Genauso wie letztens?
    – Ja, ich denke schon.
    – Was heißt, du denkst?
    – Der Direx hat mit dem Kuli über alles drübergekritzelt. Ist nicht mehr so genau zu erkennen.
    – Also?
    – Also …
    Anstatt seinen Satz zu vollenden, berührt er mit einer Hand die Kugel, und ich tue es ihm gleich.
    – Bei drei, sagt er.
    – Eins, sage ich.
    – Zwei, sagt er.
    Und wir beide sagen zusammen, – Drei!
    Ich sehe, wie Frank den Schalter umlegt, und augenblicklich bekommen wir tierisch einen gewischt.
    Wir springen zurück und unterdrücken unsere Schreie. Der Schmerz zieht bis in die Schulter. Ich reibe mir den Arm, Frank auch. Weil ich meinen Körper neben mir sehe, weiß ich, dass es nicht geklappt hat. Meine blonden Haare stehen ungeordnet in alle Richtungen ab.
    – Rotzekacke, das hat ganz schön gezwirbelt.
    – Scheiße. Und jetzt?
    – Irgendwas stimmt nicht.
    – Das ist klar.
    – Ich checke noch mal die Zeichnung. Was ich erkennen kann.
    Frank nimmt sich den Zettel und überprüft vor sich hin murmelnd die Instrumente, hält den Zettel auch gegen das Licht der Fenster. Mein Arm kribbelt immer noch.
    – Wir bringen uns hier noch um, sage ich.
    – Das hoffe ich nicht.
    Er dreht den Zettel auf die Seite und ruft, – Aha!
    – Was?
    – Die Leiter … die müssen andersrum.
    Schon baut er sie aus und dreht sie um.
    – Jetzt, jetzt ist alles so, wie der Berntchen gesagt hat.
    – Garantiert?
    – Garantiert.
    – Komm.
    Er legt die Hand wieder an die Kugel.
    Ich nehme diesmal die andere Hand. Einen zweiten Stromschlag in den gleichen Arm brauche ich nicht.
    Ich kneife die Augen fest zu und beiße die Zähne aufeinander, – Mach.
    – Wieder bei drei?
    – Mach einfach.
    – Eins.
    – Drei!
    Der Schalter klickt.
    Nichts. Gar nichts.
    – Mach noch mal, sage ich.
    Ich höre den Schalter klicken, wieder und wieder, schneller und schneller, aber ich fühle nichts, nicht mal Strom. Mir steigen Tränen in die Augen.
    Er starrt die Instrumente an.
    – Frank! Warum?
    – Sei nicht so laut! Was weiß ich. Es ist alles so wie auf dem Zettel.
    – Dann müsste es doch klappen.
    – Genauso sah es aus.
    – Warum klappt es dann nicht?, ich greife seinen Arm und schüttele ihn.
    – Ich weiß es nicht, Elizabeth, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht, ich weiß es nicht!
    Ich lasse meine Hände sinken.
    – Oder willst du immer noch nicht tauschen?
    – Klar will ich tauschen!
    – Warum funktioniert es dann nicht?
    – Elizabeth …
    – Du bist auch so ruhig.
    – Natürlich, Panik hilft jetzt nicht.
    – Wäre aber menschlich.
    – Allerdings
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