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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt!
Autoren: Thorsten Nesch
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sich komisch an.
    Jeden Monat.
    In meinem Unterleib zieht es immer noch, ich reibe mit der flachen Hand darüber, als poliere ich einen Pokal.
    Das geht jetzt eine Woche so, richtig? Dann habe ich drei Wochen Ruhe und dann wieder meine Tage. Toll. Dafür muss ich mich nicht rasieren. Abgesehen davon kann ich jetzt schwanger werden. Nicht dass ich vorhabe, mit einem Jungen zu schlafen. Hallo! Aber rein theoretisch. Ich kann schwanger werden, einen Bauch wie eine Bowlingkugel bekommen. Ich könnte ein Kind kriegen. Eine Geburt, die soll auch kein Zuckerschlecken sein. Da boxe ich lieber und kriege eins auf die Fresse. Oh Mann, Singapur, Thailand. Aber was ist, wenn Elizabeth danach nicht mehr tauschen will? Was ist, wenn das heute unsere letzte Chance ist? Was heißt letzte Chance? Vielleicht klappt es sowieso nicht. Dann habe ich für den Rest meines Lebens jeden Monat eine Woche lang meine Tage, es sei denn, ich werde schwanger, mehrmals, oder gerate in die Wechseljahre.
    Mein Bauch protestiert stärker. Immer mehr Krämpfe erschüttern meinen Körper. Ich muss sogar aufstöhnen.
    Da rasiere ich mir lieber jeden Tag den Bart. Warum kann das Leben nicht etwas einfacher sein?
    Ich beantworte ihre SMS :
Lass uns treffen, wie gestern, vor der Schule.
    Und ich renne wieder aufs Klo.

64

    Unser Porsche rollt an mir vorbei. Weder Mutti noch Frank haben mich gesehen. Ich lehne an einem Baum auf der anderen Straßenseite der Schule.
    Harry konnte es gar nicht glauben, dass ich so früh los bin zur Schule. Aber dadurch konnte ich auch den langen Weg gehen und mir das Überschreiten der Schienen ersparen. Ich hoffe, Pernod hat Frank nicht allzu sehr vermisst.
    Frank steigt aus, wieder in T-Shirt und Jeans. Mutti fährt los, und er geht ein paar Schritte zum Schuleingang, cooler als ich gedacht hätte.
    Habe ich mir seine Verzweiflung nur eingebildet? Der wird sich doch nicht damit abgefunden haben, für den Rest seines Lebens eine Frau zu sein?
    Mir wird schon fast wieder schummrig, da verschwindet Mutti um die Ecke, und Frank verliert seine Haltung. Sein Kopf fliegt herum auf der Suche nach mir, wie bei einer ängstlichen Feldmaus, die auf einem offenen Feld hektisch aus ihrem Erdloch späht, um nicht lauernden Greifvögeln und Jagdkatzen zum Opfer zu fallen. Dann beginnt er planlos, vor der Schule auf und ab zu laufen. Er schaut auch in meine Richtung, aber er sieht mich einfach nicht. Selbst wenn ich ein rosa Elefant wäre, würde er mich in seinem Zustand nicht sehen. Schließlich fängt er sogar an, meinen Namen zu rufen, was natürlich für jeden Außenstehenden aussieht, als würde ich nach mir selbst rufen.
    Das reicht. Zum Glück ist keiner aus meiner Klasse in der Nähe.
    – Hier!, rufe ich.
    Sein ganzer Körper entspannt sich, als er mich auf der anderen Seite sieht. Sofort sprintet er los und läuft, ohne zu schauen, auf die Straße. Ich kreische auf, bevor man die Reifen des alten gelben Mercedes über den Asphalt radieren hört, weil der Fahrer eine Vollbremsung hinlegen muss. Hätte Frank nicht so eine gute Reaktion und wäre nicht im letzten Moment zurückgesprungen, ich hätte einen Körper voller Schrauben und Stahlplatten gehabt.
    Der Fahrer steigt aus, es ist unser Rektor Rupert mit hochrotem Kopf, der nun auf Frank zugeht und wild gestikulierend auf ihn einbrüllt, – Spinnst du? Bist du total bekloppt, Mädchen? Du hättest tot sein können! Guck dir das an! Du kannst doch nicht einfach so auf die Straße laufen. Ich hätte dich beinahe überfahren. Du hättest dir alle Knochen gebrochen. Deine Sommerferien wären vorbei gewesen. Hast du ein Glück, dass ich dich noch gesehen habe. Wo wolltest du eigentlich so schnell hin? Da drüben gibt es nichts. Dein Unterricht beginnt in zehn Minuten. Beinahe hättest du dein Leben zerstört! Und ich weiß nicht, wie es mir danach gegangen wäre. Ich hätte immer gedacht, wie ich es hätte verhindern können. Was hätte ich anders tun können, Vorwürfe, mein Leben lang. Mädchen, Mädchen, Mädchen. Da hast du gerade noch mal Glück gehabt, und ich auch. So, dein Unterricht beginnt, du gehst jetzt da lang. Los, worauf wartest du?
    Er deutet mit seinem Arm zum Eingang. Zögerlich dreht sich Frank um und geht in die ihm gewiesene Richtung. Der Rektor schüttelt den Kopf und wischt sich den Schweiß von der Stirn. Dann steigt er wieder ein und fährt weiter um den Block herum zum Lehrerparkplatz, der sich auf der Rückseite der Schule befindet.
    Frank kommt wieder
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