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Verkehrt!

Verkehrt!

Titel: Verkehrt!
Autoren: Thorsten Nesch
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war ja beim Sport.
    – Ehrlich?
    – Ich schwöre. Hier!
    Und sie hebt den Korb vor seine Nase.
    – Obst! Vitamine! Wunderbar. Den könnt ihr da auf das Tischchen stellen.
    – Von wem ist der?
    – Von uns, der ganzen Klasse.
    Sie zögert keinen Moment und scheint froh darüber zu sein, das Ding endlich aus ihren Händen zu bekommen.
    Das Tischchen ist ein Schreibtisch, der hier schon seit seiner Jugend steht, ebenso die beiden Schränke und das Bett wohl auch. An den Wänden dazwischen hängen Poster von alten Männern, Physikern, schätze ich, nicht ein Bild mit Namen. Der Berntchen, ein männlicher Physikgroupie. In den Regalen verstauben ausrangierte Spulen und andere wissenschaftliche Instrumente. Wollte er nie raus hier?
    – Hat da jeder etwas in der Klasse für gegeben?
    – Ja, ja, lügen wir beide einstimmig.
    Ich besuche echt einen Lehrer zu Hause.
    – Wie geht’s Ihnen?, fragt Elizabeth.
    – So weit, so gut. Das ist sehr nett von euch. Warum ist eigentlich nicht Dennis gekommen? Der ist doch Klassensprecher.
    – Der konnte nicht.
    – Da ist die Wahl auf euch beide gefallen?
    – So ist es.
    Er schaut uns abwechselnd an, – Freiwillig? Ihr seid jetzt nicht so die zwei, die man sonst zusammen auf dem Schulhof sieht.
    – Ja. Na ja, uns geht es auch darum, um den Versuch, das Experiment, das wir verpasst haben, gemeinsam, wissen Sie?
    – Stimmt. Wie geht es euch denn? Euren Köpfen. Habt ihr jeder eine dicke Beule?
    – Und was für welche! Sind aber zum Glück unter den Haaren. Aber wir würden supergerne das Experiment noch einmal nachholen.
    – Wie bitte?
    – Ja.
    – Ehrlich?
    – Ich schwöre.
    – Das habe ich ja noch nie erlebt. Und von euch, das muss ich sagen, hätte ich so viel Interesse an Physik nicht erwartet.
    – Ja, da haben Sie auch irgendwie recht, aber Sie haben so eine tolle Art, einem Physik beizubringen, zu zeigen, wie das alles funktioniert. Das macht uns neugierig, und wir wollen nichts verpassen. Daher wollten wir Sie fragen, ob Sie uns den Aufbau beschreiben können, von dem Experiment, damit wir das nachholen können.
    – Wo denn?
    – In der Schule.
    – Die ist doch heute nach der Sechsten aus und über die Ferien geschlossen.
    – Aber wenn Sie uns jetzt kurz ganz schnell den Aufbau erklären, dann schaffen wir es noch.
    – Ihr, allein?
    – Wir sollen doch zur Selbständigkeit erzogen werden an der Schule.
    – Ein Kollege müsste euch reinlassen in den Physikraum, in das Labor.
    – Das geht schon.
    – Und wenn gerade kein Kollege …
    – Dann bauen wir den Sch… den Versuch in den Ferien nach.
    Elizabeths Gefühlsausbruch lässt ihn kurz mit den Augen blinzeln. Ich sehe ihm seine Zweifel an und bemerke, dass ich nur schweige und den beiden zuhöre. Aber schließlich bin ich das Mädchen mit den großen Augen, also schalte ich mich wenigstens kurz in die Unterhaltung ein, – Wir wollen das noch probieren. Ich bin so neugierig.
    – Warum habt ihr da nicht schon gestern …
    – Wir sind auch überrascht, wie sehr uns Physik fasziniert, seit wir Sie haben. Und gerade dieser Versuch hat uns ganz besonders neugierig gemacht. So etwas ist doch spannend. Ich weiß gar nicht, wie man davon nicht gefesselt sein kann. Es fehlt nicht viel, und ich möchte Physik studieren.
    Kotz.
    – Danke, das ehrt mich. Eigentlich ist der Versuch auch sehr einfach. Aber ihr versprecht mir, dass ihr einem Kollegen Bescheid sagt?
    – Na klar.
    – Herr Strasser oder Frau Kupsky.
    – Ja!
    – Logisch!
    – Also. Alles, was ihr braucht, ist ein Neodynmotor, den ihr an den Transformator anschließt und mit dem ihr Strom über die Suprakurzleiter in die Golemkugel fließen lasst.
    Wir nicken im Takt.
    – Das habt ihr jetzt nicht verstanden, oder?
    Wir schütteln beide im Takt den Kopf.
    – Reich mir mal Zettel und Stift von dem Schreibtisch, ich zeichne es euch kurz auf.
    Er richtet sich auf und verzieht vor Schmerz das Gesicht. Mit dem Bleistift skizziert er auf seinem Schoß den Versuchsaufbau.
    – Was haben Sie eigentlich?, frage ich.
    Berntchen zieht ordentliche Linien auf dem Papier, leise antwortet er, – Eingewachsener Zehennagel.
    – Das tut so weh?
    – Wenn man den Zehennagel gezogen bekommt, schon.
    Ich sauge geräuschvoll Luft durch meine Zähne.
    – Wo stehen die Sachen eigentlich im Labor?, fragt Elizabeth.
    Daran hatte ich gar nicht gedacht.
    – Ihr findet alles, wenn ihr reinkommt, links in den Schränken, oben
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