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Verführerische Fesseln (German Edition)

Verführerische Fesseln (German Edition)

Titel: Verführerische Fesseln (German Edition)
Autoren: Natalie Rabengut
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das Gefühl, dass mein Kopf jeden Moment explodieren müsse.
    Mir lagen mindestens sechs passende Antworten auf der Zunge, aber ich schaffte es, sie alle herunterzuschlucken und einfach gar nichts zu sagen. Ich schloss den ersten Koffer und nahm den zweiten vom Schrank. Martin stand mit hängenden Schultern da und ich sah ihm an, dass er sich die ganze Geschichte wohl offensichtlich anders vorgestellt hatte.
    Er hatte doch nicht allen Ernstes erwartet, dass er mir sagte, er wolle sich von mir trennen und ich zustimmen würde, bloß um danach fröhlich und munter das Abendessen für ihn und seine blöden Kollegen auf seiner beknackten Party zu kochen?
    Ich versuchte tief ein- und auszuatmen. Meine Schrankhälfte war leer, ich hatte glücklicherweise nicht so viele Klamotten. Im Bad war ich auch schnell fertig, nur meine Bücher würde ich größtenteils hier lassen müssen. Im Wohnzimmer nahm ich drei, vier Exemplare vom Regal und schloss danach auch den zweiten Koffer.
    Im Kopf ging ich noch einmal meine Checkliste durch: Mein Handy und das Ladegerät, sowie der Laptop samt Netzstecker waren in meiner überdimensionalen Handtasche, alles andere in meinen Koffern. Ich schleppte die Koffer zur Haustür. Martin war in der Küche verschwunden. Ich öffnete die Wohnungstür und stellte die Koffer davor. „Martin?“
    Sofort kam er aus der Küche geschossen und sah mich erwartungsvoll an. Ich konnte sehen, dass er sich die Haare gerauft hat. Fast tat er mir ein bisschen leid, doch augenblicklich fiel mir wieder ein, was er am Vormittag zu mir gesagt hatte.
    „Du musst wissen, Martin, ich gebe nur dir die Schuld.“ Ich lächelte so zuckersüß und künstlich wie ich nur konnte und genoss für eine Sekunde seinen entgeisterten Gesichtsausdruck, dann schloss ich die Tür.
    Ich hievte die eigentlich viel zu schweren Koffer in den Kofferraum. Meine Wut war eine große Hilfe dabei. Ich konnte immer noch nicht fassen, dass der Depp wirklich gedacht hatte, ich würde zuhause bleiben und für ihn Abendessen machen und lächelnd eine Party organisieren. Unglaublich.

2
     
    Die ersten beiden Wohnungen waren ein totaler Reinfall und nach wenigen Minuten war ich bereits geflüchtet. Aber die dritte entpuppte sich als Glückgriff. Sie war ungefähr 55 Quadratmeter groß, schon fast verschwenderisch geräumig für eine Person, toll aufgeteilt und es gab sogar einen kleinen Balkon. Kurz, die Wohnung war ein Traum und ich schnappte sie mir sofort. Dass der Vermieter ungefähr in meinem Alter war, gut aussah und auch in dem Gebäude wohnte, betrachtete ich als Bonus. Er ließ sogar fallen, dass er handwerklich begabt war, das Bad selbst renoviert hatte und mir auch gern bei Reparaturen behilflich sein konnte. Er fügte allerdings hinzu, dass die Miete etwa 50 Euro teurer sei als in der Anzeige angegeben, das wäre ein Druckfehler gewesen. Ich nickte nur und drehte eine weitere Runde durch die Wohnung. Ich unterschrieb sofort den Mietvertrag, bezahlte die Kaution und bekam den Schlüssel.
     
    Als ich wieder im Auto saß, atmete ich erleichtert auf. Mir war klar, dass ich großes Glück hatte. Ich hatte Geld zur Verfügung und sofort eine Wohnung gefunden. Der Gedanke, noch einmal in der Wohnung von Martin und mir schlafen zu müssen, wäre mir unerträglich gewesen. Trauer stieg in mir auf, als mir wieder einfiel, was das Letzte war, das er heute zu mir gesagt hatte: „Aber heute Abend ist doch die Party, wer soll denn jetzt kochen?“
    Ich straffte die Schultern und verbot mir zu heulen. Martin und Marie gab es nicht mehr, ab sofort hieß es Marie und der Blödmann. Ich startete den Motor und fuhr in Richtung Schlosshotel.
     
    Ein Page brachte meine Koffer in mein Zimmer und ich bedankte mich mit einem großzügigen Trinkgeld, denn als ich vor dem Hotel die Koffer hatte aus meinem Kofferraum heben wollen, hatte ich mir fast den Rücken verrenkt. Die Wut hatte mir vor unserer Haustür heute nachmittag wohl unglaubliche Kräfte verliehen.
    Um zwanzig Uhr sollte ich bei Alexander sein, mir blieb also noch genug Zeit für eine heiße Dusche. Als ich aus der Duschkabine stieg und mich in mein Handtuch wickelte, fiel mein Blick auf den Spiegel. Ich betrachtete mich eindringlich. Die schulterlangen, gesträhnten Haare, meine blauen Augen, die kleine Nase und mein kleiner Mund. Jedenfalls erschien er mir klein.
    Ich seufzte. Es fiel mir schwer, mich wieder als Single zu betrachten. Morgen würde ich zum Friseur gehen und mir die Haare
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