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Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Titel: Verführer oder Gentleman? (German Edition)
Autoren: Helen Dickson
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mit jener derangierten, durchnässten Person vorgegangen. Wohlgefällig musterte er eine mittelgroße, schlanke junge Dame mit Rundungen an den richtigen Stellen. Für Schönheit empfänglich, besonders in weiblicher Form, fand er erstaunlich, was er sah.
    Sie hatte einen bezaubernden Schwanenhals und eine ungewöhnlich schmale Taille. Unter dem schlichten Kleid zeichneten sich hoch angesetzte, wohlgerundete Brüste ab. Ihre Stimme klang sanft und leise. Doch sie drückte sich offen und ehrlich aus. Zunächst hatte sie ehrliche Bestürzung über ihr Aussehen an jenem Abend bekundet und dann gelassen zugegeben, das sei gewiss furchtbar gewesen. Deshalb nahm Dominic an, jede Art von Heuchelei wäre ihr völlig fremd. Das fand er erfrischend und einzigartig – und reizvoll.
    Bei dieser Erkenntnis meldete sich sein Gewissen. Sofort verflog die Freude, die ihm seine Überlegungen bereitet hatten. Aus einer solchen Perspektive durfte er Miss Lockwood nicht betrachten. Er war ihr Arbeitgeber, und sein Anstand gebot ihm, das nicht zu vergessen. So schwer es ihm auch fallen mochte … Er musste Distanz wahren, buchstäblich und in seinen Gedanken, denn eine private Beziehung kam keinesfalls infrage.
    Um das Ende des Gesprächs zu bekunden, neigte er den Kopf. „Wenn Sie mich jetzt entschuldigen – ich habe zu tun.“
    „Ja, natürlich. Bitte lassen Sie sich nicht aufhalten.“
    Hastig erhob sie sich. Das war ein Fehler. Denn der Duke stand dicht vor ihr, und die Bank hinderte sie daran, zurückzuweichen.
    Als er ihr in die Augen schaute, fühlte sie sich von der Macht seiner Persönlichkeit beinahe überwältigt. Irgendwie gewann sie den Eindruck, die unerwartete Intimität dieser Nähe würde ihr die Kleider vom Körper streifen. Obwohl sie sich bemühte, ruhig zu bleiben und ihre Verlegenheit zu bezwingen, spürte sie brennende Hitze in den Wangen.
    Erriet er ihre Gedanken? „Gerade wollte ich sagen – stehen Sie nicht auf.“ Seine Stimme erschien ihr so glatt wie Seide. „Bleiben Sie hier, genießen Sie den Garten. Die frische Luft wird Ihre Genesung fördern.“
    Sie entspannte sich ein wenig, atmete wieder langsamer und ärgerte sich über ihr albernes Verhalten. Warum ließ sie sich dermaßen von ihrem Arbeitgeber einschüchtern?
    Plötzlich fragte sie sich, ob die Gerüchte stimmten, die über den Duke kursierten. Verdiente er seinen üblen Ruf?
    „Ja, das werde ich tun, Euer Gnaden“, antwortete sie. „Vielen Dank.“
    „Dafür müssen Sie mir nicht danken, Miss Lockwood. An der frischen Luft darf man sich kostenlos erfreuen.“
    Juliet wartete, bis er im Haus verschwand, ehe sie sich wieder setzte. Was für ein Mensch mochte er sein? Beklommen erinnerte sie sich an jene Szene in ihrem Zimmer. So schroff, fast grausam, hatte er mit ihr gesprochen, bevor ihm ihre Krankheit aufgefallen war. Und dann hatte er so freundlich für ihr Wohl gesorgt.
    Allerdings fand sie jetzt ihre Position viel komplizierter, als sie es erwartet hatte. Nicht nur ihre Arbeit musste sie meistern, sondern auch die Anziehungskraft bekämpfen, die ihr Arbeitgeber auf sie ausübte. Was für unvernünftige Gefühle er in ihr weckte – einfach unglaublich … Noch kein Mann hatte sie so sehr verwirrt.
    Am nächsten Morgen schlug Juliet ihre Decke zurück und schwang die Beine über den Bettrand. Inzwischen fühlte sie sich gut genug, um mit ihrer Arbeit zu beginnen.
    Nachdem sie sich gewaschen und angekleidet hatte, saß sie am Toilettentisch, bürstete ihr Haar und schlang es zu einem strengen Knoten. Kritisch musterte sie ihr Spiegelbild. Dabei dachte sie an die schöne Frau, die sie am Abend ihrer Ankunft im Salon gesehen hatte. Zum ersten Mal in ihrem Leben wünschte sie sich, sie wäre hübscher – mit fein gezeichneten Gesichtszügen, klaren blauen Augen und seidigem blondem Haar. Stattdessen hatte sie reizlose braune Haare, zu dunkle Augen, zu hohe Wangenknochen, zu volle Lippen. Die Mädchen in der Academy hatten sie wegen ihrer äußeren Erscheinung verspottet – vor allem, weil ihre Wespentaille und ihr üppiger Busen als unschicklich galten.
    Um ihr Aussehen hatte sie sich nie gekümmert, stattdessen aber gewissenhaft für ihren Vater und den Bruder gesorgt und schon vor dem Besuch der Academy so viele Bücher wie nur möglich gelesen. Alles Wissenswerte wollte sie sich aneignen. Für andere Dinge blieb da keine Zeit. Das hatte sich mit ihrer Ankunft in Lansdowne House geändert. Die Begegnung mit ihrem Arbeitgeber
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