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Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Verführer oder Gentleman? (German Edition)

Titel: Verführer oder Gentleman? (German Edition)
Autoren: Helen Dickson
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damit Sie die Arbeitstage im Bett vertrödeln. Um neun Uhr, sagte ich. Und ich meinte auch neun Uhr – keine Minute später. Wenn Sie nicht sofort aufstehen und in fünfzehn Minuten die Bibliothek betreten, können Sie Ihre Sachen packen und abreisen.“
    Juliet spürte die Anwesenheit einer Person, während sie im Halbschlaf durch grauen Nebel schwebte, und ihr Gehirn registrierte milde Verwirrung.
    Nur mühsam zügelte Dominic sein Temperament. Mit frostiger Stimme schlug er vor: „Wenn Sie eine Erklärung für Ihr merkwürdiges Benehmen abgeben möchten, die mich vielleicht etwas besänftigen würde, sollten Sie schleunigst damit anfangen.“ Langsam hob Juliet den Kopf, öffnete die Augen und versuchte, die Welt in die richtige Perspektive zu rücken. Beim Anblick des Mannes am Fußende des Betts, der sie erbost anstarrte, seine Hände in die Hüften gestemmt, setzte sie sich auf und strich die wirren Locken aus ihrem Gesicht. Dann schob sie die Decke beiseite und schwang die Beine über den Bettrand. Als sie heiser hustete, begannen ihre Augen zu tränen. Unsicher erhob sie sich und machte ein paar Schritte.
    „Tut … mir leid“, würgte sie flüsternd hervor, „ich … ich fühle mich nicht gut …“
    „Miss Lockwood?“
    Eine beharrliche Stimme, kalt und gebieterisch und vage vertraut … Offenbar sprach der Mann mit ihr. Juliet blinzelte und versuchte ihn anzuschauen. Aber sein Gesicht verschwamm vor ihren Augen. Unter ihr schwankte der Boden, und sie taumelte wie Robby, wenn er zu viel Brandy getrunken hatte. Beklemmende Schwindelgefühle stiegen ihr zu Kopf. Eine Hand an ihre Stirn gepresst, brach sie auf dem Teppich zusammen.
    „Großer Gott, Miss Lockwood, Sie sind krank!“
    Völlig verstört, aber unendlich dankbar spürte sie, wie sie von starken Armen hochgehoben wurde. Die Stimme, die ihr bekannt vorgekommen war, rief nach einem Dr. Nevis. Dann trug der Mann sie zum Bett und legte sie in ihren warmen Kokon zurück. Hier war sie in Sicherheit – warum, wusste sie nicht. Allmählich glitt sie wieder ins Reich der Träume hinüber.
    Wie aus weiter Ferne drang die Stimme zu ihr, die jetzt etwas sanfter klang. Sollte der Mann doch sagen, was er wollte …
    Juliet erwachte, weil jemand in ihrem Zimmer umherging. Die Augen noch geschlossen, spürte sie einen Lichtstrahl, der rötlich unter ihren Lidern schimmerte. Gähnend streckte sie ihre Glieder, fühlte sich erwärmt, ausgeruht und erholt. Sie musste genesen sein. Zumindest spürte sie die Kopfschmerzen nicht mehr, die sie so geplagt hatten, kurz nachdem sie an ihrer neuen Arbeitsstelle angekommen war.
    Eine Zeit lang lauschte sie den Geräuschen, die in der tiefen Stille ihrer ländlichen Umgebung ertönten. Der Morgenchor der Vögel und der Wind, der in den Zweigen der Bäume raschelte, waren weitaus angenehmer als das Geschrei der fahrenden Händler und der Verkehrslärm in den Londoner Straßen.
    Schließlich öffnete sie die Augen und drehte den Kopf zur Seite. Diese Bewegung erregte die Aufmerksamkeit einer jungen Frau, die sich über ein Tablett beugte. Offenbar war sie ein Zimmermädchen, denn sie trug ein schwarzes Kleid, eine gestärkte weiße Schürze und ein weißes Spitzenhäubchen. Ein Lächeln erhellte ihr rundes Gesicht.
    „Nun, fühlen Sie sich besser, Miss?“, fragte sie und eilte zum Bett. „Sie haben uns furchtbar erschreckt, besonders Seine Gnaden.“
    „Ja, es – es geht mir gut“, antwortete Juliet stockend. „Viel besser – eh …?“
    „Dolly, Miss, ich bin Dolly Fletcher.“
    „Tut mir leid, Dolly, dass ich Ihnen allen solche Unannehmlichkeiten bereitet habe.“
    „O nein, das war wirklich nicht schlimm. Und wegen Ihrer Krankheit dürfen Sie sich keine Vorwürfe machen, dafür konnten Sie nichts. Bei Ihrer Ankunft hat es in Strömen geregnet, und Sie waren völlig durchnässt.“
    „Ein … ein Arzt war hier. Daran scheine ich mich zu erinnern …“
    „Ja, Miss, der Duke bestand darauf. So besorgt war er. Dr. Nevis gab Ihnen eine Medizin, die das Fieber senkte. Und jetzt sind Sie wieder wohlauf.“
    „Wie lange liege ich schon im Bett?“
    „Seit zwei Tagen. Also müssen Sie hungrig sein. Vorhin schaute ich in Ihr Zimmer und sah, wie Sie sich bewegten, und da brachte ich Ihnen eine Kanne Tee.“ Dolly füllte eine Tasse, trug sie zum Bett, und Juliet setzte sich mühsam auf. „Trinken Sie das, Miss. Inzwischen hole ich Milch und Eier – und auf dem Weg zur Küche gebe ich dem Duke
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