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Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
Autoren: Veronika Aretz
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„Auweia, da müssen wir ja Babysitter spielen!“ – und: „Oh Gott, was sollen wir denn mit der?“
    Steinkaul ist sich nicht bewusst, was er da angerichtet hat. Lächelnd wendet er sich zu mir. „John Thommsen, sagtest du?“
    Ich fahre aus meinen Gedanken hoch und nicke zustimmend. „Mit zwei m“, flüstere ich.
    Brummelnd dreht sich der Schulleiter um und schlurft gemächlich zur Tür, so, als könnte er sich den Namen nicht merken und müsste ihn nun bis zu seinem Schreibtisch vor sich her aufsagen. Vielleicht sollte ich es ihm aufschreiben?
    Vermutlich quillt gerade der besagte grüne Rauch eines atypischen Außerirdischen aus meinen Ohren – jedenfalls starren mich 31 Schüleraugen-Paare forschend an. So oft habe ich diese Situation schon erlebt und noch immer habe ich mich nicht daran gewöhnt. (10)

    „Hallo!“, sage ich und grinse verlegen. „Ich heiße Nadine Leuchten. Wir sind letzte Woche von Osterheim hierher gezogen.“
    „Und? Wie gefällt es dir in unserem kleinen Ort?“, fragt Mahlhofer so lahm, dass ich denke, er hat Schlaftabletten zum Frühstück genommen.
    Wahrscheinlich habe ich mir eben alles nur eingebildet …
    „Wunderbar! Das Wetter ist schön, alle sind freundlich zu mir und die Giftzunge hat mich nicht in die Mangel genommen, sondern nur hochkant rausgeworfen.“
    Einige Schüler lachen, nur Mahlhofer scheint das nicht zu verstehen. „A-hä? Ja, und woher kommst du? Wo liegt Osterheim?“
    „Im Süden“, antworte ich.
    „A-hä … Und warum seid ihr hierher gezogen?“
    „Damit ich mir den Norden ansehen kann.“
    Mahlhofer runzelt die Stirn, als wisse er nicht so recht, ob ich ihn hochgradig auf den Arm nehmen will oder nur treudoof die Wahrheit sage. (11)

    „Na gut, setz dich erst mal da hinten hin. Neben Yannik ist ein Platz frei.“
    Ich steuere auf den einzigen noch freien Sitzplatz zu. Yannik reißt entsetzt die Augen auf und wirft mit dem Ellbogen sein Federmäppchen zu Boden. Während er sich Hilfe suchend in der Runde seiner Mitschüler umsieht, fährt er nervös mit den Fingern durch seine dunkelblonden Haare. Damit ruiniert er seine Frisur nun völlig – falls man das, was er auf dem Kopf hat, überhaupt „Frisur“ nennen kann. Auf Labaido haben wir jedenfalls andere Maßstäbe, was ein gepflegtes Äußeres betrifft.
    Ich lege das Mäppchen zurück auf den Tisch und setze mich.
    Mahlhofer tippt mit dem Finger auf ein Buch. „Also … äh, Nadine … wir sprechen gerade über Karl den Großen. Hast du deine Bücher dabei?“
    Ich nicke, ziehe das Geschichtsbuch aus der feuchten Schultasche und schlage es auf. Ein paar Seiten sind gewellt und schimmern dunkel.
    Mahlhofers Augenbrauen rutschen in die Höhe. „Oh, das ist aber eine alte Ausgabe!“
    Na klar, das weiß ich selbst. Glaubt er vielleicht, ich kann mir jedes Jahr neue Schulbücher leisten?
    „Ich hab alles notiert, was sich geändert hat. Hier auf den Zetteln stehen die Texte, die in der alten Fassung fehlen. Die Bilder wurden beinahe alle übernommen, nur die Tabelle auf Seite 146 ist neu. Aber wenn Sie mich fragen, ist sie ohnehin überflüssig, das steht ja alles im Text.“
    Eine Pause entsteht. Ich höre, wie Yannik die Luft einzieht und schon wieder Blickkontakt zu seinen Freunden am Nachbartisch sucht. Alle drei prusten, als müssten sie sich gleich übergeben.
    „N…na gut …“, stottert Mahlhofer und blättert im Buch herum, als wisse er genau, von welchem Text ich rede. „Wir wenden uns also gerade Karl dem Großen zu. Was weißt du über ihn?“
    „Nicht viel“, antworte ich und sehe gelangweilt auf die grauen Gardinen am Fenster. „Karl hat von 748 bis 814 gelebt, wobei sich über sein Geburtsjahr streiten lässt, er war der Sohn Pippins des Jüngeren und führte 32 Jahre lang Krieg gegen die heidnischen Sachsen.“
    An dieser Stelle musst du zwei Dinge wissen. Erstens: Ich leiere den Text herunter und kann dabei sehen, wie die Köpfe meiner neuen Mitschüler herumfahren und ihre Augen immer größer werden. Mancher ist auch kurz davor, keine Luft mehr zu bekommen oder dunkelgrün anzulaufen. Zweitens: „Karl der Große“ kann ich im Schlaf. Den habe ich mehr als fünf Mal durchgenommen.
    „Auf dem Höhepunkt seiner Macht war Karl der Große zur Jahrhundertwende, also im Jahre 800“, klingt meine Stimme noch immer einschläfernd durch den Klassenraum, „als Papst Leo III.…“
    „Moment!“, ruft Mahlhofer und seine Stimme zittert deutlich. „Das ist genug! Du
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