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Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Verflixte Hühnersuppe (German Edition)

Titel: Verflixte Hühnersuppe (German Edition)
Autoren: Veronika Aretz
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bewundere gerade ihre etwas abgegriffene Jacke – ist sie blau? Nee, wahrscheinlich war sie mal rot oder grün –, da legt sie auch schon ihre linke Hand auf meine Schulter. „Hat der Kallmann dich nicht durchgelassen?“, fragt sie, ohne ihre Beute – also mich – aus den Augen zu lassen. Langsam bohren sich ihre spitzen Fingernägel durch meine Jacke hindurch in meine Haut. „Wäre auch ein Weltwunder. Bist wohl neu hier, was?“
    „Was hat die Giftzunge gesagt?“, mischt sich ein Junge mit dunkelroten Haaren ein, die ihm vom Kopf abstehen wie die Borsten einer zu lange benutzten Schuhbürste. (4) „Und warum hat er dich nicht gleich rausgeschmissen? Hast du ihn bestochen?“

    Ich schüttle den Kopf. „Ich soll warten, bis es klingelt.“
    „Nur?“ Das Mädchen mit dem Katzenblick verzieht enttäuscht das Gesicht. „Habt ihr das gehört?! Er hat sie nicht fertiggemacht!“
    Nee, hat er nicht, aber ich kann ja wohl schlecht erklären, dass mein kleiner Freund in meiner Tasche nicht nur eine Wunderwaffe ist, sondern mir auch gleichzeitig alle Beulen heilt – wie zum Beispiel die von dem Schraubzwingengriff eines gewissen Kallmann an meinem Arm.
    Drei weitere Jugendliche drängen sich um mich. Katzenauge und Rotschopf packen mich und reißen mir die Jacke vom Leib. Meine Schultasche landet in einer Pfütze, die Jacke mit dem kostbaren Stein direkt daneben. Du kannst dir sicher vorstellen, dass ich sie keine Sekunde aus den Augen lasse. Mit einem Auge fixiere ich die Jackentasche, mit dem anderen sehe ich zu, wie die beiden mir die Ärmel meines Pullovers hochschieben und meine nackten Oberarme untersuchen.
    „Nicht ein blauer Fleck! Sag schon, wie hast du das gemacht?“, fragt Katzenauge sichtlich enttäuscht.
    Trotzig ziehe ich meine Arme zurück. Das kann ich mir doch nicht gefallen lassen! Ich muss mich wehren, obwohl die anderen mindestens einen Kopf größer sind als ich! Andererseits – vielleicht sollte ich mich noch etwas zurückhalten?
    Hm, damit du mich auch richtig verstehst, erzähle ich dir jetzt endlich mal meine Geschichte. Oh, es klingelt gerade!
    Die Jugendlichen lösen sich von mir und bauen sich vor der Treppe auf. Nur noch ein schmaler Durchlass zum Eingang bleibt übrig. Die Reaktion der übrigen Schüler überrascht mich: Niemand wagt es, die Reihen zu durchbrechen. Ehrfürchtig huschen sie an den Halbstarken vorbei. (5)

    Schnell klemme ich mir meine Jacke und die Schultasche unter den Arm. Die Sachen triefen natürlich vor Nässe, das ist logisch. Sehnsüchtig denke ich da nur an meinen Heimatplaneten. Auf Labaido – bitte gut merken – kann jeder angezogen schwimmen gehen, ohne dass die Haut unter der Kleidung auch nur feucht wird. Ihr Menschen hier auf der Erde liegt in eurer Entwicklung leider noch Jahrhunderte zurück. (6)

    Ach, könnte ich doch nur nach Hause zurückkehren!
    Langsam reihe ich mich ebenfalls in die Traube ein, die sich vor der Barriere gebildet hat. Wir werden alle zu spät in den Unterricht kommen, das ist klar wie Hühnersuppe. Ich schaue nicht auf, als ich an Katzenauge vorbeikomme, doch ich spüre ihren Blick auf mir ruhen.
    „Du lernst schnell, kleiner Dummkopf!“, sagt sie. „Aber lass unsere Giftzunge in Ruhe! Der Hausmeister hört nur auf uns, ist das klar?“
    Ich nicke und stapfe die Stufen hoch. Vor der Eingangstür drehe ich mich noch einmal um. Ein einziger Gedanke und die fünf würden auseinanderfliegen wie die Funken eines Feuers. Der Stein in meiner Hand fühlt sich warm an, fast so, als sei er lebendig.
    Rotschopf fährt mit einem Ruck herum und starrt zu mir hoch. Erschrocken wende ich mich ab. Hat er meine Gedanken gespürt? Ist er einer von meinen Feinden, die die Wirkung des Steins kennen und ihn um jeden Preis haben wollen? Ich darf nicht vergessen, in welcher Gefahr ich mich befinde! Schließlich bin ich die Hüterin des Trigonischen Kristalls. Deswegen altere ich nicht, das ist mein Schicksal seit 37 Jahren. Das mag herrlich klingen, aber ich fühle mich wie ein Streichholz in einem Pulverfass, das mitten im Weltraum treibt. Ich darf keinen Laut von mir geben, darf nicht einmal flüstern: He, ihr Flaschen auf den Sieben-Welten, bringt mich endlich nach Hause! Denn dann tauchen nicht nur meine Leute auf, sondern auch gleich meine Feinde – und die wollen den Kristall für sich haben und seine Macht schamlos ausnutzen. Deshalb muss ich mich immer verstecken und kann niemandem vertrauen – mit Ausnahme von Anna vielleicht, die
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