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Verborgene Macht

Verborgene Macht

Titel: Verborgene Macht
Autoren: Gabriella Poole
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Cassie hob den Kopf.
    »Um zu lernen, wie Sie sich gefahrlos nähren können, werden Sie einen Partner brauchen - eine Lebensquelle, wenn Sie so wollen. Das ist der Grund, warum allen Schülern, die Mitglied der Auserwählten sind, ein Mitbewohner zugeteilt wird, der kein Mitglied ist. Also müssen Sie eine Entscheidung treffen, Cassandra. Sie können zu einer neuen Mitbewohnerin ziehen, einer, zu der Sie eine weniger starke... emotionale Bindung haben.« Sir Alric hob mit einer eleganten Geste die Hände und zuckte gleichzeitig mit den Achseln. »Oder...«
    »Sagen Sie es nicht«, stieß sie hervor.
    »Ich muss, Cassandra, es tut mir leid. Sie müssen lernen, sich von Isabella zu nähren.«

KAPITEL 3
    Das Atrium war spektakulär. Es hätte sich von der Akademie in Paris nicht stärker unterscheiden können, aber dieses Gebäude an der Upper East Side hatte seine eigene atemberaubende, architektonische Schönheit. Ganz aus Glas und Marmor verströmte es eine kühle Eleganz. Es war so schwindelerregend hoch, dass Cassie meinte, es schwankte und drehte sich, als sie ihren Kopf in den Nacken legte, um nach oben zum Glasdach zu schauen. Der Himmel dahinter war noch immer von einem solch strahlenden Blau, dass es Cassie ein wenig schummerig wurde. Der einzige Kontrast zu dem klaren, modernen Zuschnitt des Hauses war ein grün bepflanzter Brunnen in der Mitte des Atriums.
    Cassie grinste und blieb stehen. Sie tauchte die Finger in das kühle Wasser und betrachtete die Gestalt in der Mitte des Springbrunnens. »Hallo, altes Mädchen«, flüsterte sie der Bronzestatue zu. »Sind wir diesen verdammten Schwan immer noch nicht losgeworden, hm?«
    Leda reagierte natürlich nicht, sondern streckte weiter träumerisch die Hände nach dem wilden göttlichen Schwan über ihr aus. Zu ihren bronzenen Füßen plätscherte Wasser aus dem Stein. Farne und Kletterpflanzen wuchsen in wilder Fülle, schlangen sich um Wurzeln und ergossen sich auf den polierten Marmor. Dazwischen standen natürlich die Orchideen. Mit einer Fingerspitze tippte Cassie ein schwarzes Blütenblatt an. Sir Alrics kleine Lieblinge, hatte Ranjit sie genannt. Das passte. Sir Alric mochte das Schöne, das Seltene, das Dunkle ...
    Es überraschte Cassie, wie sehr es sie freute, all die anderen vertrauten Statuen wiederzusehen. Im Licht der Wintersonne, die durch das Fenster zur Fifth Avenue hineinschien, leuchteten sie auf ihren Plätzen am Rand der gewaltigen zentralen Halle alabasterweiß. Achilles und Hektor, Narziss, Diana und Actaeon. Und die Statue, bei der sie stets ein Frösteln überlief: Cassandra und Klytämnestra. Cassandra, das Mädchen, dem niemand glaubte. Cassandra, die ein Haus betrat, das nach Blut roch...
    Cassie schauderte, als sie sich daran erinnerte, wie sie unter dieser Statue gekauert und darauf gewartet hatte, dass Keiko sie mit dem Messer erstach. Und jetzt war sie selbst in vielerlei Hinsicht genau wie das mordlustige Mädchen, das Katerina geholfen hatte, Jakes Schwester zu toten. Jetzt war auch sie ein Freak - vielleicht sogar ein Ungeheuer, wie Keiko. Sie war nicht länger die schwächliche Cassandra, das hilflose kleine Opfer. Sie war mehr wie die blutrünstige Klytämnestra. Sie war eine der Auserwählten.
    Und was bedeutete das, eine der Auserwählten zu sein? Cassie betrachtete ihr Spiegelbild im Wasser. Auf dem Flughafen hatte Isabella gesagt, sie sei noch schöner geworden. Cassie hatte keine Veränderung bemerkt, aber jetzt, da sie genau hinschaute, waren ihre Wangenknochen vielleicht ein wenig klarer definiert, ihre gelbgrünen Augen auffallender.
    Doch hinter den Auserwählten steckte mehr als nur hübsche Gesichter. Sie hatte ihre übermenschliche Stärke und ihre kämpferischen Fähigkeiten am eigenen Leib erfahren. Und jetzt, da der ständige Hunger nicht mehr alle anderen Gefühle überlagerte, spürte sie ein wenig von dieser Kraft in ihren eigenen Muskeln; noch nie zuvor hatte sie sich so entspannt und selbstbewusst gefühlt.
    Schönheit, Stärke und Selbstbewusstsein - eine berauschende Kombination. Aber alles hing von der Nahrungsaufnahme ab. Davon, einer unschuldigen Person Lebenskraft auszusaugen.
    Ausgeleert und vertrocknet... Das hatte Isabella gesagt, als sie Cassie von Jessicas Tod erzählt hatte. Ihr Körper sei verwüstet gewesen. War es möglich, dass Cassie ihrerseits Isabella so etwas antun konnte? Nein. Sie würde - konnte - nicht zulassen, dass das geschah. Sir Alric hatte Cassie allerdings klargemacht, dass
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