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0486 - Wer andern einen Mörder schickt

0486 - Wer andern einen Mörder schickt

Titel: 0486 - Wer andern einen Mörder schickt
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Er war höchstens fünf Fuß hoch. Um seine schmalen Schultern schlotterte ein viel zu weiter Mantel. Auf dem Kopf trug er einen breitrandigen Hut. Er sah so unscheinbar aus wie ein Reisender in Heiligenbildern. Trotzdem war er der uneingeschränkte Herr des Strandes. Alles an ihm war berechnet und geplant. Der weite Mantel diente nur zur Tarnung der beiden Revolver, die der Kleine unter den Achseln trug. Mike Morelli war ein Zweihandschütze, einer der wenigen, die zwei Schießeisen gleich schnell ziehen konnten.
    Seine tief schwarzen, nadelspitzen Augen glitten über die weißgetünchten Fassaden der neuerbauten Häuser. Er suchte sein Opfer.
    .lohn Caress sah ihn kommen. Er stand auf der Veranda seines Hauses, in das er vor einem Vierteljahr eingezogen war. Sein Sohn Bill besuchte den Nachmittagsunterricht, seine Frau machte gerade einen Antrittsbesuch in der Stadt.
    John Caress war allein im Haus. Seine Fäuste verkrampften sich in das Holz der Brüstung. Er zitterte vor Wut, Haß und Ohnmacht.
    »Mike Morelli«, murmelte er vor sich hin. »Mike Morelli…«
    »Hallo, John!« rief ihm der Killer schon von weitem zu. »Schöner Tag heute, nur verdammt heiß. Hast du nicht einen kalten Drink für mich?«
    John Caress zwang sein wettergebräuntes Gesicht zu einem Lächeln. Vielleicht wollte Mike gar nichts von ihm. Vielleicht wollte es tatsächlich nur einen Besuch machen.
    »Natürlich«, sagte er eilfertig. »Gerade heute morgen ist eine neue Sendung gekommen. Ein ausgezeichnetes Bier!« Während Morelli die Stufen zur Veranda hochstieg, ging Caress ins Haus und kam gleich darauf mit mehreren Büchsen zurück. »Es ist wunderbar kalt, Mike. Lasse es dir schmecken!«
    Der Kleine setzte sich in den breiten Schaukelstuhl, öffnete eine Dose und ließ sich den Strahl in die Kehle laufen. Er lächelte, als er die leere Dose absetzte. »Wirklich ein Klassebier, du bist zu beneiden, John!«
    Caress wehrte bescheiden ab. »Wir haben verdammt zu kämpfen. Das Haus ist noch nicht abbezahlt, und mein Strandkiosk auch noch nicht.«
    »Aber es geht dir gut?«
    »Solange man gesund ist und arbeiten kann, soll man nicht klagen.«
    Mike Morelli nickte. »Du weißt, daß du dich jederzeit an mich wenden kannst, wenn du Schwierigkeiten hast. Wir sind keine Unmenschen. Wir helfen den Genossen, die sich unserer Siedlungsgesellschaft angeschlossen haben. Das wollte ich dir noch einmal sagen, John!«
    »Bist du deswegen hergekommen?« fragte Caress mißtrauisch.
    Morelli grinste. »Nicht nur — ich bin nämlich ein vielbeschäftigter Mann, mußt du wissen, Ich habe da heute morgen einen Schrieb von unserer Verwaltung bekommen. Eine unangenehme Sache, John. Aber dafür bin ich ja da, daß ich Schwierigkeiten ausbügle.« Caress fühlte, wie es in seinem Innern heiß auf stieg. Jetzt ließ Morelli die Katze aus dem Sack. Genauso oder ähnlich hatte es bei den anderen auch angefangen.
    »Was gibt es, Morelli?«
    »Na, na — nur nicht so hitzig. Ich will doch nur dein Bestes. Also, um es kurz zu machen — du mußt ausziehen.«
    »Was?«
    »Wir geben dir eine Abfindung in Höhe von 5 000 Dollar — bar auf den Tisch des Hauses.«
    John Caress ballte die Fäuste. »Das ist ein Wahnsinnspreis. Und außerdem — ich habe nicht die Absicht zu verkaufen.«
    »Doch, doch — du weißt es nur noch nicht, John. Und wenn dir der Preis zu hoch erscheint, wir können ihn auch verringern.« Er machte eine Pause, um dann lässig hinzuzusetzen: »Richtig, beinahe hätte ich es vergessen. Der Kiosk ist natürlich im Preis einbegriffen.«
    Für einen Augenblick sah es so aus, i als ob sich John auf den Kleinen stürzen wollte.
    Morelli lächelte freundlich. Sein Mantel stand offen und ließ Caress den freien Einblick auf die beiden Revolver. Die Griffe waren blank und glatt. Nicht vom Putzen, sondern vom Gebrauch.
    »Ihr Gangster«, keuchte Caress.
    Aus dem Gesicht des Kleinen verschwand alle Freundlichkeit. »Nun sind es nur noch viertausend, John Caress. Nimm dir kein Blatt vor den Mund, vielleicht fluchst du dich bis auf tausend Dollar herunter! Es gab sogar einen, der mußte noch fünfhundert drauflegen. Nur weiter!«
    »Ich werde den Sheriff…«
    Morelli unterbrach ihn mit einer knappen Handbewegung. »Nichts wirst du. Du hast genau eine Stunde Zeit, um deine Sachen zusammenzupacken. Ein Lieferwagen wird den Krempel abholen.«
    »Und meine Frau? Und der Junge?«
    »Mach dir um sie keine Sorgen. Die befinden sich bei uns in den besten Händen.
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