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Venus allein zu Haus

Venus allein zu Haus

Titel: Venus allein zu Haus
Autoren: Voosen Jana
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erleichtert, was?«, erkundigt sich Sophia. Was für eine Frage. Natürlich bin ich das. Schon für meinen Neffen wäre es einfach toll, in einer richtigen Familie … »Das meine ich aber nicht«, unterbricht sie mich mit sanfter Stimme. »Ich meine, dass du sehr froh bist, dass sie sich nun nicht mehr an Bernd ranmacht, oder?«

    »Na ja, ein bisschen schon«, winde ich mich verlegen, »ich sage doch, die beiden passen einfach nicht zueinander. Das würde eine Katastrophe werden.«
    »Und das wolltest du ihnen ersparen«, fragt sie süffisant.
    »Natürlich, was denn sonst?«
    »Ja, was sonst?«, stellt sie die Gegenfrage und verschwindet.
    »He, warte, was willst du damit sagen?«, rufe ich ihr hinterher, aber sie kommt nicht wieder. »Was meint sie bloß, Dotty?« Meine Katze schaut mich mit ihren großen grünen Augen verständnislos an und ich gucke möglichst dumm zurück. Dann komme ich mir selber albern vor. Natürlich weiß ich, was Sophia meint. Eine Millisekunde nur gebe ich meinen inneren Widerstand auf, da trifft mich die Erkenntnis mit voller Wucht.
    »Dotty, was soll ich nur machen«, flüstere ich ihr ins Ohr. »Ich bin so furchtbar verliebt. In Bernd.«
     
    Jetzt ist es raus. Ich liebe Bernd. Wahrscheinlich liebe ich ihn schon, seit ich ihn kennen gelernt habe. Wie sollte ich nicht? Er ist ein toller Kerl. Einer, den man sich krallt und dann nie wieder gehen lässt. Und ich habe ihn so furchtbar verletzt. Wie konnte ich nur? Er war immer für mich da, er hat meine dunkelsten Seiten gesehen. Und ich hänge mich stattdessen an diesen Idioten von Jan, und warum? Weil der in einer stylischen Wohnung wohnt und niemals schwarz mit dunkelblau kombinieren würde? Vor Wut über meine eigene Blödheit könnte ich ins Kissen beißen. Mir fällt ein, wie ich mit Bernd auf dem Sofa lag und er mich geküsst hat. Mir wird jetzt noch ganz heiß bei dem Gedanken und ich stöhne gequält auf. Mühsam rappele ich mich hoch und schaue in den Standspiegel in der Ecke.
Ich strecke mir selber die Zunge heraus und schiele dazu. Hübsch!
    »Helen«, sage ich zu meinem Spiegelbild, »du bist ein Arschloch.«
     
    Wie mache ich das bloß wieder gut? Eigentlich bin ich ja versucht, einfach zu Bernd in die WG zu fahren und ihm zu sagen, dass ich ihn liebe. Und sie lebten glücklich und zufrieden. Ich fürchte, ganz so einfach wird es nicht sein. Im Gegensatz zu mir hat Bernd nämlich eine gewisse Eigenschaft, die man Stolz nennt. Und dumm ist er auch nicht.
    »Lenchen«, wird er sagen, »ist ja gut und schön, dass du das heute so empfindest, aber ehrlich gesagt habe ich keine Lust, morgen von dir zu hören, dass du es dir wieder anders überlegt hast.« Nein, so einfach wird es leider nicht werden. Was ich brauche, ist ein Zeichen! Und da kommt mir die rettende Idee.
     
    Ein Blick auf die Uhr, es ist Viertel nach zehn. Ich hüpfe schnell unter die Dusche und dann geht’s ab zum Einkaufen. Als ich den Secondhand-Laden im Caro-Viertel betrete, möchte ich am liebsten sofort rückwärts wieder rausgehen. Ich erstehe ein Paar ausgelatschte, flache braune Schnürschuhe sowie eine karierte Flanellhose in Rotbraun. Dazu ein schlichtes weißes Rippenshirt mit dünnen Trägern und eine Strickjacke, die aussieht, als sei sie aus verschiedenen gelb-braunen Topflappen zusammengenäht. Als ich in diesem Aufzug vor den Spiegel trete, schüttelt es mich förmlich. Die Hose ist ja eigentlich ganz süß. Was mich am meisten stört ist, dass meine sämtlichen Mogelgeheimnisse plötzlich wegfallen. Hohe Schuhe machen lange Beine, Push-up-BHs einen beachtlichen Busen.
Unter dem Trägertop trage ich jetzt überhaupt keinen BH und sehe aus, als hätte die Pubertät erst vor wenigen Monaten begonnen. Ich kaufe dazu noch ein lila Tuch mit wei ßen Blumen, von dem ich noch nicht genau weiß, wie ich es verwenden werde. Auf geht’s zum nächsten Laden.
     
    Abends um sechs stehe ich in voller Montur vor dem Badezimmerspiegel. Meine Haare hängen ziemlich glatt und strähnig herunter. Es ist schon so lange her, dass ich sie nach dem Waschen nicht mehr auf Klettwickler gedreht habe, dass ich schon selber nicht mehr wusste, wie unvorteilhaft sie luftgetrocknet aussehen. Nein, so kann ich nicht rausgehen. Ich schlinge mir das neue Tuch um den Kopf. Oh Gott, Lenchen goes Hippie. Ich gestehe mir einen Hauch transparenten Puder zu sowie etwas Lippenstift und Wimperntusche. Die einzelnen falschen Wimpern, die ich mir normalerweise in den äußeren
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