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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach
Autoren: P Besson
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McGill sagte mir auch, dass die Eltern des Toten benachrichtigt worden waren. Er hatte das schmutzige Geschäft übernommen. Ich war der Ansicht gewesen, ein Typ meines Alters sei nicht geeignet, eine solche Katastrophenmeldung zu übermitteln. Die abgehärteten Polizisten machen dies im Allgemeinen mit mehr Autorität und gebührendem Abstand.
     
    Ich werde übermorgen die Bekanntschaft der Eltern machen. McGill hat sie einbestellt. Es bestand auch die Möglichkeit, die Frau zu befragen, die den Toten gefunden hatte. Ich bezweifelte, dass ich von ihr mehr erfahren würde, als in dem ersten Bericht stand, aber ich unterwarf mich einer Art Verhaltensregel. Der Ire machte die Runde in den benachbarten Villen, um die Filme der Überwachungskameras einzusammeln. Man würde schnell wissen, ob etwas daraus zu entnehmen war. Außerdem hatte man Augenzeugen aufgerufen, sich zu melden. Bisher ohne Erfolg, es war bestimmt noch zu früh. Trotz meiner geringen Erfahrung fand ich, dass das alles den ranzigen Geruch der Routine an sich trug.
     
    Ich hatte das Notizbuch bei mir behalten. Ich dachte, man sollte aufpassen, dass man kein gesprächiges Notizbuch besitzt, wenn man eines gewaltsamen Todes stirbt: Das ist lästig für die, die darin verzeichnet sind.
     
    Ich machte mich daran, die lange Liste der planlos, ohne die geringste Logik, außer vermutlich der zeitlichen Abfolge, aneinandergereihten Namen zu lesen: Die Identitäten hatten sich wie es kam zusammengefügt. Manche Namen waren ausgestrichen, Nummern korrigiert, Adressen vervollständigt worden. Hier und da fanden sich Zeichen, die im Moment keinen Sinn für mich ergaben: Sterne, Zahlen, die Codes glichen.
     
    Und dann, als ich auf gut Glück herumblätterte, bin ich auf diesen Namen gestoßen: Jack Bell.

 
    Tatsächlich bin ich nicht gleich darauf gekommen. Erstens war ich kein Kinonarr. Man kann gut durch die Straßen von Hollywood patrouillieren und sich nicht für Filme interessieren, glauben Sie mir. Und zweitens ist Bell ein ziemlich verbreiteter Name. In Wirklichkeit hat mich die Adresse hellhörig gemacht. Maple Drive 482.   Man hat keine finanziellen Sorgen, wenn man sich eine solche Adresse leistet. McGill hat fast eine halbe Stunde gebraucht, um mich davon zu überzeugen, dass der fragliche Bell wirklich der junge Schauspieler war, der auf den ersten Seiten der Illustrierten prangte. Er hat hinzugefügt: »Der Ärger beginnt.« Er ahnte nicht, wie recht er hatte.
     
    Natürlich hatte ich nicht die Absicht, alle zu befragen, deren Namen in dem Notizbuch standen, und ich hätte diesen Jack Bell gern unberücksichtigt gelassen, wenn ich nicht durch zwei Indizien veranlasst worden wäre, mich näher für ihn zu interessieren: Er wohnte nicht weit vom Ort des Verbrechens, und vor allen Dingen waren neben seinem Namen ein Datum und eine Uhrzeit eingetragen: 15.   Juni, 19   Uhr. Also neun Stunden bevor der Mord begangen wurde. Zumindest ein Höflichkeitsbesuch schien angezeigt.
     
    Ich hielt es für sachdienlich, mich ein wenig zu informieren, ehe ich bei ihm aufkreuzte. Im Nachhinein bin ichgeneigt zuzugeben, dass es einen gewissen Eindruck auf mich machte, bei einem Filmstar an die Tür zu klopfen. Im ersten Augenblick jedoch hätte ich es eher vorgezogen, auf dem elektrischen Stuhl hingerichtet zu werden, als dies einzugestehen, aber McGill, der offensichtlich nicht so beeindruckt war, hat in dem Moment, als ich ihn bat, mir ein Dossier über Jack zusammenzustellen, meine kindhafte Aufregung und meine Indianervorsicht verstanden. Er gab dies natürlich nicht zu erkennen. Aber an der Art, wie er den Kopf mit einem halben Lächeln senkte und den Befehl ausführte, als handelte es sich um einen geheimen Auftrag, konnte ich unschwer erkennen, dass er mich durchschaut hatte.
     
    Nun also Jack Bell. Vierundzwanzig Jahre. Der neue Schwarm von Hollywood. Zwei Blockbuster in Folge in den letzten sechs Monaten. Titelfotos auf Illustrierten ohne Ende. Einige Eskapaden beim Verlassen von Bars. Einige Gerüchte um ein verwüstetes Hotelzimmer. Und Schnappschüsse, auf denen man ihn am Arm eines jungen, rothaarigen, magersüchtigen Models erkennt. Vor allem aber das perfekte Bild des Überlebenden. Denn ehe er an diesem Punkt anlangte, war der junge Mann ein Kinderstar gewesen. Ein rasanter Auftritt in einem Junkmovie für Teenager im Alter von dreizehn Jahren. Und dann im Jahr darauf eine zweite Rolle in einem Film, der zum Kultfilm wurde. Aber was für eine
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