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Venice Beach

Venice Beach

Titel: Venice Beach
Autoren: P Besson
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zweite Rolle! Ein boshafter, perverser Heranwachsender, der einer pathetischen alten Schauspielerin den Kopf verdreht, das Objekt der Anbetung in einer zwielichtigen Liebesgeschichte. Fast keine Dialoge, aber eine beklemmende Präsenz. Selbst ich, der ich nicht oft ins Kino gehe, habe meine Karte bezahlt undmich im Chinese Theater in die Schlange gestellt, um das Ereignis nicht zu verpassen, über das alle, und an erster Stelle meine damalige kleine Freundin, pausenlos redeten. Ich gestehe: Der Bursche war faszinierend. Und dennoch, nach den so sensationellen Anfängen kam der Absturz. Eine prächtige Explosion mitten im Flug. Ein dritter Film, der Trash des Jahrhunderts und der Flop des Jahres. Und unmittelbar danach die Meldung im lokalen Teil der Morgenzeitungen, als man ihn beim Heroinschnüffeln aufgefunden hatte, zwischen den Überresten einer Party an einem verrufenen Swimmingpool, die ein übles Ende genommen hatte. Es folgte der Niedergang. Das verbrannte Idol. Der Abstieg in die Hölle. Das Vergessen. Bis zu einer unwahrscheinlichen Auferstehung, wie Hollywood sie liebt, sieben Jahre danach. Man zeigte uns nun einen jungen Mann, der inzwischen clean und mit sich selbst ins Reine gekommen war und einen bescheidenen Neuanfang in einer Intello-Produktion machte. Ein tränenreich an das Mitgefühl appellierender Auftritt in einer Talkshow zur besten Sendezeit hatte das breite Publikum bewogen, ihm endgültig zu verzeihen. Alles Weitere hatte sich fast zu mühelos ergeben. Ein Erfolg, und noch einer. Ein Werbespot für Jeans, und schon war eine neue Ikone geschaffen. Der Stern von Jack Bell strahlte erneut am Firmament.
     
    Ich war mir nicht sicher, ob ich mich mit diesem Typ nicht anlegen würde. Ja, ich spürte sogar eine dumpfe Gereiztheit an mir. Ich habe nichts gegen Comebacks und auch nichts gegen Stars, aber es hat mich schon immer geärgert, wenn jemand zu dick auftrug.

 
    Billy Greenfields Eltern traten langsam in mein Büro ein, vorneweg ging ein verlegener McGill. Ich hatte ein Ehepaar vor mir, das älter war, als ich erwartet hatte   – Billy war erst spät zur Welt gekommen, vielleicht ein Betriebsunfall   –, sie waren verstört wie einfache Menschen, die man in ein Abenteuer gestürzt hat, das zu groß für sie war, größer als ihr Vorstellungsvermögen. Sie blickten erschrocken und verwirrt um sich, als sähen sie die Welt zum ersten Mal. Ich reichte ihnen die Hand, und sie brauchten einige Sekunden, ehe sie sie ergriffen, sie verstanden nicht, was ich von ihnen wollte. Ich habe mich vorgestellt, und sie haben ihren Namen genannt, ohne daran zu denken, dass ich ihn kannte, da ich sie herbestellt hatte. Ich habe sie eingeladen, sich zu setzen, aber sie zögerten, vielleicht befürchteten sie eine Falle. McGill hat ihnen einen Kaffee angeboten, den sie beide auf der Stelle und mit der gleichen Begründung ablehnten: Sie hatten Angst, Umstände zu machen. Ich war versucht, ihnen in Erinnerung zu rufen, dass sie nichts dafür konnten, dass sie sich für nichts zu entschuldigen brauchten, dass ihre Trauer sie vor allem schützte, aber ich spürte, dass diese Art Zuspruch absolut sinnlos war. Ich habe ohne Überleitung mit der Befragung begonnen.
     
    Er trug ein tadellos gebügeltes, am Kragen zugeknöpftes Hemd. Seine Hände lagen flach auf den Oberschenkeln,während er mit mir sprach. Er saß aufrecht auf dem Stuhl, den Rücken angelehnt. Er war bemüht, die richtigen Worte zu finden, und dachte übermäßig lange nach, selbst um auf die einfachsten Fragen zu antworten. Sie trug ein blau und rosa geblümtes Kleid in verwaschenen Pastellfarben. Ihre Dauerwellen waren frisch gelegt, wie vermutlich immer bei wichtigen Gelegenheiten. Sie versah alle ihre Sätze mit einem »Lieutenant«, offenbar wollte sie der Autorität, die mir mein Titel verlieh, huldigen. Ich hätte ihr erklären können, dass sie sich mir gegenüber nicht so unterwürfig zu zeigen brauchte, aber auch hier nahm ich an, meine Bemerkung würde sie nur empört haben.
     
    Sehr schnell habe ich gemerkt, dass ich nichts von ihnen erfahren würde, ich meine: nichts, was geeignet wäre, die Untersuchung voranzubringen. Ihr Sohn hatte das Haus in Pasadena mit sechzehn verlassen. Sie hatten ihn zwei Jahre lang nicht gesehen. Er hatte nichts von sich hören lassen. Sie waren beunruhigt gewesen, gewiss, sie hatten sich sogar »Sorgen gemacht«, aber »was soll man tun, nicht wahr, wenn die Kinder weggehen, ohne eine Adresse zu
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