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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene
Autoren: Joachim Masannek
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fieseste Gang hier im Ort.“

    „Holladihop, was haben wir hier denn gefunden?“, schnaufte der Typ im Darth-Vader-T-Shirt. „Das ist ja ein Schaf im Wolfspelz. Ein Mädchen im Jungenkostüm. Ein Kätzchen, das sich als Tiger verkleidet hat. Huh!“, grinste er und schob mir die Kapuze aus dem Gesicht. „Und das Kätzchen ist nicht nur neu. Es ist auch noch hübsch.“
    „Was man von dir gerade nicht sagen kann“, konterte ich so unterkühlt, wie ich konnte. „Aber vielleicht hast du das ja vergessen, nachdem du diesen antiquierten Quark auswendig gelernt hast?“
    Der Typ im Darth-Vader-T-Shirt legte seinen Kopf schief, um besser denken zu können. Doch das brachte ihm nichts. Er verstand kein einziges Wort von dem, was ich gesagt hatte.
    „Auch egal!“, spuckte er dann auf die Pflastersteine. „Normalerweise verlangen wir von neuen Mitschülern hier einen Tribut. Geld, heißt das, wenn du weißt, was ich meine. Aber bei dir bin ich gern Robin Hood und geb dir den Weg frei, sagen wir doch, für einen Kuss.“
    „Einen Kuss“, wiederholte ich. „Ist das dein Ernst? Und natürlich verlangt ihr das beide von mir. Du und dein Freund da mit dem zu großen Hundehalsband?“
    „Das ist eine Fahrradkette!“, raunte Darth Vader drohend zurück. „Und außerdem sind wir nicht bloß zwei.“ Nach diesem Satz schnippte er mit den Fingern, und sofort schwirrten seine Kumpanen wie die Schmeißfliegen herbei. Es waren mindestens sieben und jeder von ihnen hätte einem Gruselfilm die Altersfreigabe ab 18 verschafft. Meine Lage war aussichtslos, denn erwartungsgemäß setzte sich Darth Vader jetzt in Bewegung. Wie ein Zombiekoloss von Rhodos stapfte er auf mich zu, und seine Mistkerle folgten ihm wie die Kakerlaken dem Schatten. Mir blieb nur noch das letzte Verteidigungsmittel: Leere Drohungen ausstoßen und darauf hoffen, dass die Intelligenz des Gegners nicht ausreicht, um den Bluff zu durchschauen. Vor dem IQ von Darth Vader hatte ich überhaupt keine Angst. Aber wie sollte mir eine passende Finte einfallen, wenn ich in akuter Lebensgefahr schwebte? Oder glaubt ihr, dass irgendjemand einen Kuss von Darth Vader auch nur eine Nanosekunde lang überleben kann?
    „Verflixt! Ich warne dich“, fauchte ich. „Fass mich nicht an!“ Und im selben Moment dachte ich: „Mist! Was war das denn für eine dämliche Drohung?“ Trotzdem, auch, wenn ich mich jetzt auf das Schlimmste gefasst machte, ballte ich meine Fäuste und wiederholte sie noch mal: „Ich warne dich! Fass mich nicht an!“ Ja, und dann passierte das Wunder.
    Den fetten Darth Vader durchlief ein Ruck, der sich durch die Reihen seiner Mistkerle fortsetzte. Für einen Moment wackelten sie wie tatterige Greise. Dann fluchten und schimpften sie etwas wie: „Wir sehen uns noch! Worauf du Gift nehmen kannst!“, drehten sich um und stapften davon.
    Ich starrte ungläubig auf meine Fäuste. „Das gibt es doch nicht!“, raunte ich.
    „Doch!“, ertönte da hinter mir eine Stimme. „Das gibt es leider. Das nennt sich ,Dicker Michi und seine Unbesiegbaren Sieger ’!“
    Ich fuhr zu der Stimme herum und sah Leon, der mit allen Wilden Kerlen und ihren geballten Fäusten wie eine Mauer hinter mir stand.

    Jetzt wusste ich, vor wem der Dicke Michi in Wahrheit geflohen war.
    „Danke“, sagte ich erleichtert, doch Leon antwortete nicht. Er nickte nur stumm und verlegen, und deshalb trat ihm Marlon vors Bein.
    „Ähm, vergiss es. Du musst uns nicht danken!“, beeilte sich Leon gehorsam. „Jetzt weißt du wenigstens, dass es hier noch Schlimmere gibt als uns.“
    Mit diesen Worten wollte er gehen, doch Fabi hielt ihn zurück. „Leon, hast du nicht noch was vergessen?“
    „Ja. Ähm, ich weiß nicht“, druckste Leon herum, und Marlon trat ihm noch mal vors Bein.
    „Autsch! Bist du verrückt. Ich mach es ja schon!“, schimpfte er, griff in seinen Rucksack hinein und zog ein weißes Päckchen hervor.
    „Hier!“ Er hielt es mir vor die Nase. „Damit sind wir wohl quitt.“
    Ich nahm das Päckchen überrascht an, und Leon dampfte wütend davon. Nach drei Schritten drehte er sich allerdings noch mal um: „Ach ja, und damit du es ein für alle Mal weißt. Auch wenn du nur ein Mädchen bist, bist du ..., bist du ..., bist du ein echt Wilder Kerl .“
    Damit stapfte er auf und davon. Die anderen aber blieben und stellten sich im Kreis um mich auf. Langsam öffnete ich das weiße Papier, nahm etwas schwarzes, T-Shirt-Ähnliches heraus, faltete es auseinander
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