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Lloyd, Sienna

Lloyd, Sienna

Titel: Lloyd, Sienna
Autoren: 03 Verführt von einem Vampir
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1. Der unsichtbare Mann
    Tag 47, 08:15
    Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Ich werde niemals Solveigs vor Wut glühende Augen vergessen, eine Mischung aus Enttäuschung, Abscheu, Wut und Traurigkeit. Ich traue mich nicht aus meinem Zimmer und jedes Mal, wenn eine Tür zugeschlagen wird, habe ich unglaubliche Angst. Ich habe Angst vor Rebeccas Reaktion, wenn sie es erfährt, Angst davor, gehen zu müssen. Was wird mir in der Welt der Sterblichen noch bleiben? Erinnerungen, von denen ich mir in einigen Jahren einreden werde, dass ich sie mir nur ausgedacht habe.
    Ich stehe vor dem Spiegel und betrachte meine vom Weinen aufgequollenen Augen. Meine Augenlider sind rot, ich habe dunkle Augenringe … Dazu führt also die Liebe, dazu führt die Leidenschaft, wenn man sich auf einen Mann einlässt. Ich tauche zwei Wattebäusche in das Wasserglas, das auf der Kommode steht, und lege sie auf meine Augen. Ich brauche etwas Schlaf, doch es ist, als würde Öl durch meine Adern fließen; ich fühle mich schwer, niedergeschlagen und stehe unter Schock. Ich liege auf meinem Bett und die Kompressen beruhigen meine Augen. Schlafen, ich muss schlafen.
    * * *
    „So ein Murmeltier. Kleines Murmelchen … Es ist 15 Uhr, ja, haben Sie denn keinen Anstand?“
    Wie aus weiter Ferne höre ich Magdas Stimme. Träume ich noch?
    „Kommen Sie schon, beeilen Sie sich, ich dachte, Sie wären dabei, Ihr Buch fertigzustellen! Ein wenig Einsatz, meine Kleine!“
    Ich nehme die inzwischen trockenen Wattebäusche von den Augen und bemühe mich, sie zu öffnen. Magda sieht mich beunruhigt an, setzt sich zu mir auf das Bett und fühlt mit ihrer eiskalten Hand meine Stirn.
    „Sie haben kein Fieber, aber Sie sehen nicht gut aus … Was ist geschehen, Héloïse?“
    Ich kann der fürsorglichen Stimme meiner lieben Magda nicht widerstehen. Ich werfe mich ihr an den Hals, der nach Rosenpuder duftet.
    „Sol hat Gabriel und mich im Garten ertappt.“
    „Oh …“
    „Ich habe Angst und schäme mich so. Wissen Sie, ich bin keine schlechte Frau, nach Rebeccas Rückkehr hatte ich mir geschworen, mich nicht mehr mit Gabriel einzulassen, aber es ist stärker als ich, ich schaffe es nicht.“
    „Sie? Schluss damit! Es ist Gabriel Aufgabe, Entscheidungen zu treffen, und im Idealfall die richtigen. Sie wissen, wie sehr ich ihn liebe, er ist für mich wie ein Sohn, doch was die Liebe betrifft, war er noch nie besonders geschickt. Sie sollten ihn bei der Arbeit sehen, da ist er unerbittlich, er lässt sich von niemandem etwas sagen und seine natürliche Autorität macht aus ihm den einflussreichsten Mann der Stadt. Doch seine Achillesferse sind die Frauen und das war schon immer so. Gabriels erste große Liebesgeschichte endete in einer furchtbaren Niederlage, er konnte seiner Freundin Sophie nicht genügend Sicherheit geben, und obwohl sie einander über alle Maßen liebten, ließ er es zu, dass sie einen anderen heiratete.“
    „Das ist traurig. Ich bin also nicht die Erste …“
    „Verstehen Sie mich nicht falsch, Héloïse, aber Gabriel hat doch schon einige Jahre auf dem Buckel. Er hatte viele Frauen, ja, aber … noch keine Sterbliche.“
    „Oh. Ich verstehe.“
    „Inzwischen ist Sophie verwitwet, sie bedeutet ihm noch immer viel und ich dachte, dass Rebeccas Verschwinden die beiden einander wieder näherbringen würde. Dann kamen Sie und das hat mich sehr gefreut.“
    „Und dann Rebecca und das hat mich ganz und gar nicht gefreut.“
    „Ich kann Ihnen versichern, dass Rebecca nichts weiß, ich habe sie und Sol heute Morgen getroffen, sie alberten herum wie Teenager und nichts schien die beiden zu beschäftigen. Als Gabriel kam, küsste er Rebecca, und alles schien normal.“
    Er küsste Rebecca
– schließlich ist sie seine Frau. Trotzdem habe ich das Gefühl, ein Recht auf diesen Mann zu haben, und der Gedanke, dass die beiden Zärtlichkeiten austauschen, ist für mich unerträglich.
    „Da bin ich erleichtert.“
    Bin ich das wirklich? Wünscht sich nicht ein kleiner Teil von mir, dass alles auffliegt? Ist da nicht ein kleines Fünkchen Hoffnung, dass Gabriel und ich nach all den Streitigkeiten und verzwickten Situationen doch noch zusammen sein könnten? Dieser Gedanke jagt durch meinen Kopf, doch obwohl ich durchaus mutig bin, atme ich nun doch auf, da ich weiß, dass sie nichts ahnt.
    Duschen, Kaffee trinken, Computer starten.
Zum ersten Mal habe ich ein so leistungsstarkes Gerät gekauft und bin verblüfft, wie schnell und einfach das
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