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Vanessa, die Unerschrockene

Vanessa, die Unerschrockene

Titel: Vanessa, die Unerschrockene
Autoren: Joachim Masannek
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gebrochen hätte. „Du gegen mich!“, zischte er.
    „Ja, und verflixt, was willst du damit erreichen?“, spottete Fabi. „Die Einzige, die was davon hat, ist die da, Vanessa.“
    „Ach ja? Und wieso?“, zischte Leon und verdrehte Fabis Arm, dass er knackste.
    „Weil wir sie dann nicht mehr schlagen können“, stöhnte Fabi. „Glaubst du wirklich, dass ich ein Turnier extra verlier? Oh, mein Gott! So verknallt kann man doch gar nicht sein.“
    „Ist das dein Ernst?“, fragte Leon erleichtert.
    „Ja, verflixt!“, fluchte Fabi und mein Vater fügte hinzu: „Dann müsst ihr euch aber beeilen. Ihr habt nur noch 90 Sekunden und die Zeit läuft.“
    Ja, und damit nahm das Spiel seine Wende. Fabi und Leon hatten sich wieder vertragen und verstanden sich blind. Sie waren wieder die „Golden Twins“, die „Blonden Zwillinge“, das „Blitzduo“, die „Ich-spiel-den-Gegner-schwindelig-Maschine“. Und in der vorletzten Sekunde grätschte Leon in Fabis Torpedopass und lupfte den Ball mit dem kleinen Zeh krumm und schief, aber irgendwie unnachahmlich zum Vier zu Vier ins Netz.
    Danach gab es Elfmeterschießen und Markus, der Unbezwingbare, trat gegen Leon und Fabi ins Tor. Doch bei aller Achtung vor Markus’ Naturtalent: Er konnte so unbezwingbar sein, wie er wollte. Gegen Fabi und Leon in dieser wutentbrannten Ich-will-unbedingt-gewinnen-Form hatte er nicht die leiseste Chance. Die beiden donnerten ihm die Bälle so um die Ohren, dass er sich am Ende gar nicht mehr rührte, und erreichten das Finale zu Recht.
    Das musste ich anerkennen, auch wenn es mich nicht gerade sehr motivierte. Fabi und Leon waren in dieser Form nicht zu besiegen. Was nützte es also, Rocce und Felix zu schlagen? Das Einzige, was danach kommen würde, wäre Leon. Ja, ich konnte es jetzt schon so sehen, als wäre es passiert und gleichzeitig gefilmt. Leon würde zu mir kommen und sich vor mir aufbauen. Er würde mich abschätzend anschauen, dann würde er ausspucken. Ja, und dann würde er es zum zweiten Mal sagen: „Tja, das war nicht schlecht, Nessie. Aber leider nicht gut genug.“ Und dann würden er und seine Wilden Kerle für immer aus meinem Leben verschwinden. Das dachte ich und ich hätte es bestimmt für den Rest meines Lebens gedacht, hätte mich Marlon nicht aufgeweckt. „Hey, Vanessa! Rocce steht hier und will sein Versprechen einlösen!“
    Ich schaute Marlon verdattert an.
    „Ja, hast du das schon vergessen? Er will uns besiegen!“, grinste Marlon.
    „Und das werde ich auch“, konterte Rocce ganz ernst. „Erstens, weil sie ein Mädchen ist – da kannst du noch so gut spielen. Und, zweitens, weil man ein Versprechen nicht bricht.“
    Ich stand da und glaubte ihm jedes Wort, doch Marlon lachte nur laut. „Ha, dann gibt es nur eine Möglichkeit für dich, Rocce. So leid es mir tut. Aber dann bist du am Ende das Mädchen. Weil du nämlich am Ende verlierst.“
    Jetzt wurde Rocce so wütend wie ein Südamerikaner wütend werden kann, aber mir machte Marlons Humor wieder Mut. „Rocce, ein Mädchen!“, dachte ich immer nur, wenn er mir im Spiel gegenüberstand, und das nahm mir die Angst vor seinem Können. Trotzdem stand die Partie auf Messers Schneide und eine Minute vor Schluss gelang Felix nach einem göttlichen Ball-Dribbel-Trickkistentanz des kleinen Brasilianers das Eins zu Null. Verflixt, Rocce war einfach zu gut. Doch Marlon gab auch nicht auf und das war nicht weniger wertvoll. Er grätschte in einen Ball, den Rocce schon längst vorhergesehen hatte, und schob ihn durch seine Beine hindurch an Felix vorbei ins Tor. Verflixt! Was war dieser Kerl für ein Schlitzohr! Und er bewies es noch mal. Zehn Sekunden vor Schluss lupfte er den Ball ansatzlos aus dem Fußgelenk hoch und hob ihn über Rocce und Felix hinweg ins Netz. Das war der Sieg. Ich konnte es einfach nicht fassen. Was war das für ein Tag? Vor einer halben Stunde noch hatte mich Marlon gehasst, und jetzt gewann er das Halbfinale für mich. Ja, und es kam sogar noch besser. Oma Schrecklich stürmte aus der Küche in den Regen hinaus und drückte Marlon an ihre rosa Brust: „Ogottogott! Ogottogott! Kindchen, hast du mich glücklich gemacht!“
    Marlon schaute zu mir, als hätte sich ein gigantisches rosa Kaugummi an seine Wange gesaugt, doch als er mein Grinsen sah, ließ er sich die Umarmung von Oma Schrecklich ganz höflich und tapfer gefallen.
    Rocce aber schlich sich vom Platz. Wie ein verwundeter Puma kroch er zu Leon und fauchte sich seine Wut
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