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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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Falten neben seinem Mund und seinen Augen wurden zu Furchen von Bitterkeit. »Wir sind mit einem anderen Auftrag hier. Du weißt, dass ich tue, was ich kann, um den Frieden hier zu erhalten.«
    Sie nickte. Sein Ton gefiel ihr nicht.
    »Es gibt etwas, das sie alle begehren – Prinz Miru-kai, Shoshann und die sonstigen Warlords und Zauberer der Burg. Dieses Ding stellt eine Gefahr für die Gefangenen und meine Männer dar, und es wurde unachtsamerweise unbewacht gelassen. Lange Zeit wusste keiner der Warlords, wo es war, aber nun haben ihre Spione es herausgefunden. Kostbare Geheimnisse bleiben nicht auf ewig verborgen.«
    Seine düstere Miene ängstigte Constance mehr als seine Worte. »Dann müssen Sie es sicher wegschließen!«
    Er reckte sein Kinn. »Das ist meine Absicht.«
    »Warum erzählen Sie mir davon? Worum handelt es sich?«
    »Weil ich möchte, dass du, vor allem du, es verstehst«, antwortete er rasch und wandte sich ab.
    Constance packte seinen Ärmel. »Captain, warten Sie! Weshalb ist es von Bedeutung, was ich denke? Ich bin niemand!«
    Er entwand sich ihr, wobei seine Berührung beinahe so kalt war wie ihre eigene. Seine Augen waren vollkommen ermattet, jedes Mitgefühl aus ihnen verschwunden. »Du bist noch unschuldig, Constance, trotz allem, was du gesehen hast. Vielleicht suche ich nach Absolution für das, was ich tun muss, weil es meine Pflicht ist.«
    Constances Hand sank herunter. »Was ist dieses Ding, das jeder will?«, fragte sie.
    Doch Reynard entfernte sich bereits von ihr, steif und stumm. Er bewegte sich, als würde ihn einzig die Uniform davon abhalten, zu Asche zu zerfallen.
    Verwirrt sank Constance an die Mauer. Für derlei Rätsel fehlte ihr die Geduld. Captain Reynard hätte einfach sagen sollen, was er zu sagen hatte. Nun hingegen hatte er ihr Angst eingejagt.
    Große Angst.
    Weiter vorn konnte sie Stiefel auf dem Steinboden hören. Reynard hatte sich seinen Männern angeschlossen. Vier der Wächter bewegten sich auf jenen Teil der Burg zu, in dem Constances Familie lebte, und sie hatte keine Ahnung, was sie wollten. Ihren mysteriösen Schatz?
Warum suchen sie hier nach ihm?
    Sie pfiff nach Viktor. Es verging eine Weile, ehe er mitsamt seiner Puppe aus dem Schatten herbeigesprungen kam. Constance tauchte ihre Finger in sein dichtes Fell, dessen Wärme ihr Sicherheit gab.
    »Komm, Junge«, flüsterte sie ihm ins Schlappohr. »Wir müssen nach Hause. Ich weiß nicht, was wir mit unseren Gästen anfangen sollen, aber Atreus ist nicht er selbst und Sylvius zu jung, um ihm zu helfen. Du und ich müssen uns ihrer annehmen.«
    Viktor glotzte sie unsicher an.
    »Am besten überlässt du mir das Reden«, sagte Constance.
    Er wuffte zustimmend und sabberte an der Puppe vorbei.
    Ihre eine Hand im Werwolfsfell vergraben, folgte sie den Wachen in großem Abstand. Viktor tapste dicht neben ihr her, um zu signalisieren, dass sie zu ihm gehörte.
Was wollen die von uns?,
fragte sie sich.
Wir haben schon alles verloren, was wir hatten.
Vor Wut und Furcht wurde Constance abwechselnd heiß und kalt.
    Es gab weder Pforten noch Zäune, welche die Grenzen ihres Zuhauses markierten, aber jeder in der Burg wusste, wo sich wessen Grund befand. Atreus’ Bereich im Kerker bestand aus einer Handvoll Kammern, die um eine Halle gruppiert waren.
    Die Wachen schritten geradewegs in die Halle und bildeten einen Halbkreis, bei dem die Abstände zwischen ihnen jeweils exakt gleich groß waren. Constance stand in der Tür wie ein halbvergessener Geist, Viktor regungslos an ihrer Seite.
    Trotz der vier Besucher fühlte sich der Raum nackt an. Es gab Möbel, doch sie waren aus schlichtem Holz, das von jahrhundertelangem Gebrauch angegriffen war. An einem Ende der Halle stand ein hochlehniger Sessel, der wie der Thron eines Königs im Altertum anmutete. Keine Untertanen knieten vor ihm.
    Atreus saß dort, tippte sich mit einem Finger an die Lippen, beobachtete, sagte aber nichts. Diese Stille bedeutete, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorstand, was Captain Reynard entweder nicht wusste oder was ihn nicht kümmerte.
    »Hexer«, sagte Reynard mit der vagen Andeutung einer Verbeugung – eine Geste der Höflichkeit, nicht der Unterwerfung.
    »Captain.« Atreus nickte. Er verlagerte sein Gewicht auf dem Stuhl, so dass das Licht auf den weichen Falten seines juwelenbesetzten blauen Umhangs spielte. Ein schmales Goldband bändigte seine tintenschwarze Haarmähne. Er hatte ein kräftiges, kantiges Gesicht, das Antlitz
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