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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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Pest.«
    Constance biss sich fast auf die Zunge, so rasch schloss sie ihren Mund. Ein Teil von ihr wollte sterben und zu Staub zerfallen. Der Rest – der größere Teil – wollte vor Wut explodieren.
    Atreus packte ihre Schulter und drückte sie fest. »Still!«
    Constance wand sich, worauf er noch fester zupackte.
    Reynard holte hörbar Atem und blies ihn langsam wieder aus. »Gib uns, was wir wollen, und wir halten deine Feinde von dir fern!«
    »Und wenn wir es nicht tun?«
    »Wäre ich an deiner Stelle, bedeutete es für mich ein Risiko, das ich höchst ungern einginge.«
    Atreus’ Hand rutschte von Constances Schulter. »Was wollt ihr?«, fragte er. »Ein Zauberbuch? Einen Edelstein?«
    Reynards Augen wurden merklich härter und sahen an Constance vorbei, als wäre sie gar nicht da. »Den Inkubus, den ihr Sylvius nennt.«
    Meinen Sohn.

[home]
4
    C onstances Entsetzen war so übermächtig, dass sie sich an der Armlehne von Atreus’ Stuhl festhalten musste, um nicht zu fallen. Und das durfte sie nicht. Sie musste stehen, denn nur aufrecht konnte sie ihr Kind verteidigen.
    Etwas hinter den Wächtern bewegte sich, glitt durch die Schatten.
    Nicht etwas. Jemand.
O nein!
    Als hätte man ihn herbeigerufen, indem man seinen Namen erwähnte, stand Sylvius im Türbogen der Halle, eingerahmt vom grauen Stein und hinter sich die ewige Dunkelheit.
    Er war so groß wie Atreus, aber bleich wie Mondlicht. Seine einzige Bekleidung bildeten ein paar Beinlinge aus dunkler Seide. Muskeln zuckten unter seiner hellen Haut, doch er hatte den Körper eines Jugendlichen, nicht den eines erfahrenen Kriegers. Silbernes Haar fiel ihm dicht und glatt bis zu den Hüften. Verblüffend dunkle Augen dominierten das längliche kantige Gesicht, das nur durch den breiten ausdrucksvollen Mund weicher wirkte.
    Mit erst sechzehn Jahren hatte Sylvius noch nie einen Fuß aus der Burg gesetzt. Er war ein Findelkind, das Constance von klein an aufgezogen hatte.
    Seine Haltung war angespannt, wie ein Bogen vor dem Abschuss oder ein Vogel, der im Begriff war loszufliegen. Constance sah ihm an, dass er jedes Wort mitgehört hatte. Ihre Lippen öffneten sich, denn sie wollte ihm zurufen, ihn warnen, ihn trösten, ihn zu sich holen, aber ihre Vorsicht gewann. Jede Sekunde, die er nicht von den Wächtern gesehen wurde, war er sicher. Constance senkte den Blick und zwang sich, eine ungerührte Miene zu zeigen.
    Leider war sie eine zu schlechte Schauspielerin. Reynard zog eine Braue hoch und wandte langsam den Kopf zur Tür. »Und hier ist er.«
    Ruhig, fast gelassen setzte Atreus sich wieder und richtete seinen Umhang mit einem beiläufigen Zupfen. »Warum wollt ihr den Jungen?«
    Die Frage diente rein dazu, den Captain hinzuhalten. Selbst Constance kannte die grausame Antwort: Die Burg nahm Hunger, Durst und Lust, was zweifellos einem Sicherheitszauber geschuldet war, der die Insassen davon abhalten sollte, sich aneinander zu nähren und sich fortzupflanzen. Das Ergebnis bestand in einer Ewigkeit bar der schlichtesten, angenehmsten Verlangen.
    Das einzige Gegenmittel stellte die Kraft der unglaublich raren Inkuben dar – wie Sylvius. Für ein oder zwei Stunden konnte deren intime Berührung, oder ihr Blut, die Leidenschaft wiedererwachen lassen. Und zwar nicht bloß den Drang nach Paarung, sondern Appetit, Energie und die lebensbejahende Erregtheit des Frühlings. Das also war die kostbare Droge, für die alle Warlords zu töten bereit waren. Mit ihr könnten sie alles versprechen, jeden bestechen.
    Und Sylvius stand mit sechzehn am Anfang seiner Blüte. Sein Blut – eben erst das eines Erwachsenen – war ein Schatz und eine Waffe. Und es würde nicht lange dauern, bis er vollständig ausgesaugt war.
    Lauf weg!,
schrie es in Constances Seele, doch Telepathie hatte noch nie zu ihren Talenten gezählt.
    »Der Inkubus ist eine Rarität – zu gefährlich, um ihn ungeschützt zu lassen«, erklärte Reynard. »Mein Plan ist, Sylvius hinter Schloss und Riegel zu bringen. Nun, da er erwachsen ist, wird in der Burg ein Krieg um dein Haustier ausbrechen. Er ist der Heilige Gral, der unser aller Tod bedeuten könnte. Und das lasse ich nicht zu.«
    Jetzt wurde es eindeutig zu viel für Constance. »Nein! Sylvius, hör mich an!« Sie duckte sich von Atreus’ ausgestreckter Hand weg. Jede Faser ihres Seins war vor Wut angespannt. »Verschwinde von hier! Lauf, solange du noch kannst!«
    »Aber wohin soll ich denn?« Sylvius sah verwirrt zu seinem Herrn. In
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