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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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strotzte vor Sarkasmus. »Da bist du ja endlich! Ist ein Jahr her.«
    Mac hatte vergessen, wie sehr er diese tiefe, glatte, arrogante Stimme hasste. Er biss die Zähne so fest zusammen, dass ihm der Druck in die linke Schläfe schoss.
    Zwischen zwei Lidschlägen bewegte sich Alessandro Caravelli auf die andere Seite des Grabes, sein Gewicht ganz auf eine Hüfte verlagert. Ja, ein Jahr war vergangen, seit sie sich zum letzten Mal gesehen hatten. In seinen Lederklamotten strahlte der Vampir immer noch Rock’n’Roll-Biker-Schwingungen aus: Stiefel, Nieten und maßlose Überheblichkeit. Lockiges weizenblondes Haar fiel ihm über die Schultern. Seine bernsteinbraunen Augen waren ruhig, gelassen und kein bisschen freundlich.
    »Das mit dem Schwert kommt gut«, sagte Mac. »Sehr retro.«
    Der Vampir hielt die gewaltige Klinge lose an seiner Seite. »Spezialanfertigung. Es tötet alles. Sogar Dämonen.«
    Unwillkürlich verspürte Mac einen Anflug von Furcht. »Ich bin kein Dämon mehr. Ich bin nicht böse. Ich wurde geheilt.«
    Caravelli hob sein Kinn ein wenig und schnupperte kaum merklich. »Schwach, aber dennoch Dämonengestank, eindeutig.«
    Angewidert verzog Mac das Gesicht. »O ja, und dich wiederzusehen weckt gleich Erinnerungen an die guten Zeiten, Caravelli. Wie hat mir deine Untoten-Sheriff-Show gefehlt!«
    »Ich vertrete immer noch das Gesetz unter den übernatürlichen Bürgern von Fairview.« Ohne eine Miene zu verziehen, trat Caravelli einen Schritt näher. »Und du bist nach wie vor eine Gefahr. Du warst Genevas Leibeigener – unser Feind.«
    »Ja, na ja …«, begann Mac. Von den Ereignissen im vorigen Jahr waren größtenteils nur wirre Bilder übrig, aber Mac erinnerte sich an die wesentlichen Fakten. Geneva hatte eine Schlacht um Territorialansprüche mit Fairviews Übernatürlichengemeinde angezettelt – Werwölfe und Vampire, Dämonen und Feen. Und ja, er hatte auf der Seite der Bösen mitgekämpft, weil er zu jener Zeit ein Dämon war und so.
    Seine Seite verlor. Holly Carver, eine Hexe, hatte das Blatt gewendet, indem sie Geneva mit einem derart mächtigen Zauber attackierte, dass sie kurzfristig ihre gesamte Dämonenmacht verlor. Und in dem Augenblick, in dem sie menschlich wurde, hatten Genevas eigene Soldaten sie getötet. Ihr das Blut ausgesogen und die leere Hülle der Gnade ihrer Feinde überlassen.
    Wenn man der Schurke war, kam man schwer an gute Hilfe. Und noch schwieriger wurde es, wollte man vom Superdämon auf harmlosen Bürger umsatteln.
    Caravelli runzelte die Stirn, und seine leichte Bewegung des einen Fußes signalisierte Ungeduld.
    Oh, Mist!
Mac schwankte ein wenig und musste sich zwingen, seinem starken Fluchtimpuls nicht nachzugeben.
Nie einem Vampir gegenüber Angst zeigen.
Sein Blick war vollkommen auf Caravellis Schwert fixiert.
Wieso laufe ich auch unbewaffnet hier rum? Schön blöd!
In seinen Dämonentagen hatte er sich abgewöhnt, eine Waffe bei sich zu tragen.
    Mac spielte seinen einzigen Trumpf aus. »Hör mir zu: Ich wurde von demselben Fluch getroffen wie Geneva. Als sie wieder menschlich wurde, wurde ich es ebenfalls.«
    Es funktionierte. Der Vampir senkte sein Schwert noch zwei oder drei Zentimeter weiter. »Dann verrate mir Folgendes: Nach der Schlacht bist du verschwunden. Wir haben nach dir gesucht. Die Königin schrieb sogar eine Belohnung auf dich aus. Wo warst du?«
    »Durchgedreht.« Mac wandte den Blick ab. »Ja, ich fühlte mich schuldig. Ich war schließlich ein Cop, verdammt! Und Geneva brachte mich dazu, alles über den Haufen zu werfen, wofür ich ein Leben lang eingetreten bin.« Er merkte, wie ihm die Wangen glühten, zwang sich jedoch, Caravelli ins Gesicht zu sehen. »Ich hatte mich nicht freiwillig auf ihre Seite geschlagen. Sie hat mich vergiftet. Das weißt du. Du warst dabei.«
    Zum ersten Mal zeigte Caravelli so etwas wie Gefühl. Verdammt, das war Mitleid! »Ja, das war der Plan, ihrer jedenfalls.«
    Mac stieß ein paar erbärmliche Obszönitäten aus. »Worauf du einen lassen kannst!«
    Nur ein einziger heißer Kuss war nötig gewesen, um die übermächtige Gier nach menschlichem Leben in ihm zu wecken. Eine Gier, die er noch nicht vollständig losgeworden war. Was er gegenüber Caravelli und dessen Hackbeil natürlich nicht erwähnen würde.
    Nun trat Mac erst einen, dann noch einen Schritt zurück. »Mir tut leid, was ich getan habe. Ich habe gebetet, es irgendwie wiedergutmachen zu können. Mir ist klar, dass das nicht reicht, aber ich
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