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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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entwinden. Nein, er rührte sich nicht, sondern fluchte lediglich in einer fremden, uralten Sprache.
    Zufriedenheit keimte in Mac auf: eine hässliche Blume, geboren aus tiefster Verzweiflung. Mac spannte die Finger lange genug um Caravellis Handgelenk, dass der Vampir begriff. Dann stieß er Caravelli weg, als wäre der ein kleiner Junge.
    Der Vampir stolperte, schaffte es allerdings, es wie Tanzschritte aussehen zu lassen. Sein Blick wirkte hellwach, als hätte er soeben ein Rätsel geknackt. »Du hast dich zusammengerissen. Dachte ich mir. Ich wollte mich bloß vergewissern.«
    »Du hast mich provoziert, damit ich mich wehre.«
    »Wut lügt nicht. Jetzt hast du mir verraten, wie gefährlich du tatsächlich bist.«
    Mac fluchte. Er war von den Dämonfetzen, die noch in ihm wucherten, in die Falle gelockt worden. Brutale Kraft, die im Verein mit seinem grausamen, unersättlichen Hunger auftrat.
    Bedächtig schüttelte der Vampir den Kopf. »Wir sind alle Pinocchios, die sich wünschen, echte Jungen zu sein. Falls wir nur brav genug sind, genug Leben retten, die richtigen Rituale durchführen, uns opfern – oder jemand anders –, können wir wieder zu den Menschen werden, die wir einst waren. Entschuldige! Ich habe bloß gelacht, weil mir das, was du sagtest, allzu vertraut ist.«
    »Gib mir eine Chance!«
    »Ich starb, als die Menschheit noch glaubte, die Erde wäre eine Scheibe. Ich habe nicht bis heute überlebt, weil ich stets wohltätig war.«
    Eine kurze Pause trat ein. Ferner Verkehrslärm mischte sich mit dem Wellenrauschen. Die scharfe Herbstluft trug einen Hauch Holzrauch herbei. Endlich war es kalt genug, dass die Einwohner von Fairview ihre Kamine anzündeten und es sich in der Wärme und Sicherheit ihrer Häuser gemütlich machten.
    Caravelli warf sein riesiges Schwert von einer Hand in die andere, als wöge es gerade so viel wie ein Kugelschreiber. Welch subtile Kraftdemonstration! Mac durfte jedenfalls nicht darauf zählen, den Vampir zwei Mal überraschen zu können.
    Der Vampir schien zu überlegen, so eingehend, wie er Mac musterte. Pure maskuline Willenskraft summte zwischen ihnen. Dämonenzorn pulsierte unter Macs hauchzarter menschlicher Oberfläche. Es war schwer, so schwer, ihm nicht nachzugeben, ihn zu genießen und sich einer Wutorgie hinzugeben.
    Und sich dafür in Stücke hacken zu lassen. Das Schweigen zerrte an Macs Nerven. »Also, willst du mich exekutieren oder was?«

[home]
2
    A us dem Nichts pfiff die Klinge durch die Luft, zu schnell, als dass man ihr mit dem Blick hätte folgen können. Mac duckte sich instinktiv, denn für jedwede Entscheidung wäre gar keine Zeit gewesen. Noch einmal schwang Caravelli sein Schwert, wobei er den Schwung nutzte, den er mit einer vollen Drehung gewann. Der Schnitt hätte Mac zweifellos den Kopf vom Rumpf abgetrennt.
    Nur dass Mac sich zu Boden warf. Der geneigte Rasen machte es ihm leicht, einen raschen Salto zu vollführen, mit dem er sich über einen niedrigen Eisenzaun warf, der ein benachbartes Familiengrab umgab. Er hörte das Schwert durchs Gras peitschen und pfeifend über das Messingschild eines Grabsteins schaben.
Mist!
In Hürdenläufermanier setzte Mac über eine Reihe weiterer kleiner Zäune und Grabmarkierungen. Er wusste, dass Caravelli hinter ihm war. Ja, Weglaufen sah schwach aus. Und er hatte es nicht nötig. Wahrscheinlich könnte er es mit Caravelli aufnehmen – Schwert oder nicht –, aber der Preis wäre zu hoch. Sollte der Vampir ihn in die Enge treiben, würden Macs Dämoneninstinkte übernehmen. Und solche Erlebnisse verliehen dem Begriff »Stimmungsschwankungen« eine gänzlich neue Dimension.
    Sein Atem, der ihm kalt in die Kehle stach, trug die deutliche Note seines säuerlichen Schweißes. Er rannte zur Straße nördlich des Friedhofs, wo reger Verkehr herrschte. Selbst ein Psychovampir würde noch einmal nachdenken, ehe er sein Opfer vor den Augen menschlicher Zeugen zu Gulasch hackte.
    Wieder duckte Mac sich instinktiv und entging der Klinge, die sich vollkommen lautlos durch die Luft bewegte. Der Wind in den Bäumen übertönte sogar das Rascheln von Caravellis Kleidung.
    Scheißblutsauger!
    Mac rannte im Zickzackkurs weiter, auf dass er ein weniger leichtes Ziel abgab. Er wich Engeln und Kreuzen aus, Urnen unter steinernen Schleiern und der Jungfrau, die eine Granitträne vergoss. Er wusste, dass er zu schnell für einen Menschen rannte, doch er konnte sich nun einmal nur durch Geschwindigkeit retten.
    Aus dem
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