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Vampirdämmerung / Roman

Vampirdämmerung / Roman

Titel: Vampirdämmerung / Roman
Autoren: Sharon Ashwood
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abzugeben und eine Rechtsprechung eigens für die Überarten zu erfinden, allerdings wie gewohnt schleppend, was die echten Veränderungen betraf. Zu viele Menschen wollten, dass die Geister und Freaks wieder verschwanden. Andere wollten sie ausbeuten.
    Und während die Menschen noch endlos diskutierten, was zu tun wäre, bauten die Monster Häuser, Unternehmen, ja ganze Gemeinden auf. In zehn Jahren würden sich die Studenten in einem Bus wie diesem nicht erinnern, dass Zom-B-Gone-Umzäunungen einst nichts vollkommen Normales waren.
    Mac schon.
Und ich erinnere mich auch an Zeiten, in denen alte Freunde mich grüßten, statt sich zu bekreuzigen und in die entgegengesetzte Richtung zu laufen.
    Der Bus nahm eine Kurve zu schnell, so dass Mac sich am Vinylsitz festhalten musste, um nicht herunterzukippen. Inzwischen waren die Lichter der Innenstadt zu sehen, und zur Rechten erkannte Mac das dumpfe Glitzern des Fairview-University-Campus.
    Der Bus hielt, und eine Frau stieg ein, die einen Buggy, ein Kleinkind und eine Armladung Einkaufstüten bei sich hatte. Mac stand auf, um ihr seinen Platz anzubieten. Als der Bus sich wieder in Bewegung setzte, stand Mac im Gang und hielt sich an dem Gestänge oben fest.
    Da hörte er Füße, die auf dem Busdach aufsetzten. Für das menschliche Gehör waren sie zu leise. Doch Mac blickte automatisch in die Richtung, aus der das Geräusch gekommen war: gleich oberhalb des Ausstiegs. Er hörte es wieder, und noch einmal. Das war eindeutig das Kratzen von Stiefeln. Wut nagte an ihm, sobald er begriff, was los war. Caravelli hatte nicht aufgegeben. Er war oben auf dem Bus und wartete, dass Mac ausstieg.
    Scheiße!
Klar könnte er den Notruf via Handy wählen und melden, dass ein mordrünstiger Vampir auf dem Bus surfte, aber wozu? Selbst wenn die Cops sofort herbeieilten, würden sie Caravelli nicht erwischen. Nein, die menschlichen Gesetzeshüter konnten schlicht nicht mehr mithalten.
    Leise fluchend drehte Mac sich um und sah aus dem Fenster. Sie waren im Stadtzentrum. Als der Bus eine Haltestelle ansteuerte, stand die Hälfte der Fahrgäste auf und raffte Rucksäcke und Zeitungen zusammen.
    Mit gesenktem Haupt stieg Mac unmittelbar hinter dem schafäugigen Mädchen aus. Die kalte Nachtluft klatschte ihm ins Gesicht, träge vom schmierigen Dunst, der aus dem Burgerimbiss an der Ecke kam. Mac hielt sich in der Menschentraube, die an einem großen Buchladen, einer Apotheke und einem Musikgeschäft vorbeiging. Er
fühlte,
dass Caravelli ihn ansah, denn der Blick des Raubtiers strich ihm eisig über die Haut.
So ist Altern, und zwar schnell.
    Wut schwoll in Mac an, trieb ihn an zu rebellieren.
Verdammt!
Er drehte sich um, suchte die Straße ab, konnte jedoch nichts erkennen außer Menschen, die im Laufschritt ihrem Alltag nachgingen. Aber er hörte das leise Lachen des Vampirs. Oder bildete er es sich bloß ein?
    Sein Zorn bleichte alle Farbe aus der Umgebung. Seine Fingerknöchel knackten, als er die Fäuste ballte und bohrender Seelenhunger ihn drängte, etwas zu zerfleischen.
Ich bringe ihn um!
    Nein, tust du nicht. Er macht dich mit Absicht rasend, weil du dann leichter zu töten bist. Er macht dich zum Monster.
    Der Dämon in ihm zitterte vor Erregung. Er war nur noch ein Haar breit davon entfernt, die Kontrolle über Mac zu übernehmen. Mac atmete tief ein.
Ich gebe mich nicht geschlagen. Nicht vor ihm! Nicht vor mir selbst.
    Geh weg!
Aber wohin? Seine Wohnung war zu heikel. Er musste sich verstecken. Wo?
    Mac kam ein Gedanke, von dem er sich gleich wünschte, er wäre ihm nicht gekommen. Aber es war kein schlechter Einfall. Nanettes Fessel-Peitsch-Amüsierschuppen war rund um die Uhr geöffnet. Das Lokal wurde vorzugsweise von Werwölfen mit einer sehr liberalen Einstellung zu körperlichen Schmerzen aufgesucht. Dort würde Caravelli sicher nicht nach Mac suchen. Folglich war es ein guter Ort, um für ein paar Stunden unterzutauchen. Sehr tief. Unter einem Bett zum Beispiel.
    Mac überquerte die Hauptverkehrsstraße, schlüpfte in die Drehtür eines Kaufhauses, wanderte durch die strenge Duftwolke der Parfümerieabteilung – die seine Fährte verwischen sollte – und ging durch den Hintereingang ins Einkaufszentrum. Von dort gelangte er in eine Seitenstraße.
    Er konnte Caravellis Präsenz nicht mehr fühlen. Mit ein bisschen Glück hatte er ihn abgehängt. Zwei Blocks weiter bog er in eine schmale Gasse ein. Das blinkende Neonlicht über »Nanette’s Naughty Kitty Basket«
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