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Urmel spielt im Schloß

Urmel spielt im Schloß

Titel: Urmel spielt im Schloß
Autoren: Max Kruse
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Büschen.
Er blickte aufs Meer hinaus, auf dem das Licht des Mondes wie ein silberner
Teppich lag. Ausnahmsweise dachte der Professor einmal nicht scharfsinnig über
etwas nach — ein unerklärliches Gefühl der Wehmut und gleichzeitig des Glückes
erfüllte sein Herz angesichts der Schönheit der Schöpfung.
    Da stapfte
ein Mensch den Hang hinauf, der auch noch nicht schlafen mochte. «Setzen Sie
sich zu mir, Majestät», forderte ihn der Professor auf. Er zog mit seiner Hand
einen weiten Bogen über den Horizont und flüsterte: «Was für ein Paradies — ein
Paradies der Stille und Erhabenheit!»
    Der König
empfand das auch. Dies, dachte er, ist der denkbar schlechteste Moment, meine
Mitteilung loszuwerden. Und doch drängte es ihn, von Naftaline zu reden: «Haben
Sie noch nie erwogen zu heiraten?» fragte er den Professor. Dieser nickte. «Ich
verstehe Ihre Frage. In solchen Nächten wünscht man sich oft, nicht allein zu
sein. Aber für mich, mein Verehrter, wäre eine Ehe wohl kaum das Rechte. Wie
sollte es eine Frau an meiner Seite aushalten? Für Sie aber, wenn ich mir die
offene Bemerkung erlauben darf, für Sie wünschte ich es mir sehr. Sie brauchen
eine Frau!»
    «Wirklich?»
Der König schien erfreut zu sein. «Noch vor kurzem hätte ich über so eine
Bemerkung gelacht, aber jetzt...» Er verstummte.
    «Wie?» rief
der Professor. «Haben Sie etwa Ihr Herz verloren?»
    «Ich weiß es
nicht... so plötzlich... ich halte es kaum selbst für möglich!»
    «Sie
Glücklicher!» sagte der Professor. «Liebe ist das Schönste, was uns widerfahren
kann.»
    «Wohl wahr»,
antwortete der König. «Aber ich mißtraue mir. Es ging zu schnell!»
    Das war
alles, was die beiden Männer miteinander sprachen. Und doch verriet es genug
über sie. Vielleicht, vielleicht hätte der König mehr, viel mehr von Naftaline
erzählt, hätte nicht plötzlich Seele-Fant auf seinem Felsenriff die Nacht
besungen:
    «Gutör
Mond, du göhst so stöhölö...»
    Ja, der Mond
geht stille, du guter, allzeit hilfsbereiter Sängerfreund, dachte der
Professor. Und auch wir wollen jetzt still zu Bett gehen. «Gute Nacht,
Majestät!»
    Der König
hatte keine gute Nacht.
    Er begann zu
grübeln. Was war ihm nur widerfahren? Und was hatte er sich wohl dabei gedacht,
Naftaline einen Flug zur Insel zu versprechen? — Er brachte es nicht über sich,
es dem Professor zu gestehen. Er verschob es auf morgen, und morgen auf
übermorgen, und übermorgen auf überübermorgen — was kam es auf einen Tag mehr
oder weniger an? Hatte er dem verwirrenden Geschöpf, das er sich wiederzusehen
wünschte und gleichzeitig fürchtete, etwa einen bestimmten Tag genannt, eine
Woche, einen Monat oder ein Jahr? Das nächstemal, wann war das?
    So verging
die Zeit.
    Der
Professor fütterte den kleinen Bären mit der Tiersprechmedizin. Wutz tropfte
sie nur zu gern in den Bambussprossensalat, bei der Gelegenheit konnte sie
selbst immer mal heimlich daran lecken.
    Babu blieb
zunächst in Tims Baumhaus. Aber er war nicht mehr so scheu. Manchmal schaute er
von oben herab, mit funkelnden Augen. Manchmal durfte sich Schusch neben ihn
setzen, ohne daß er ausriß.
    Da Wutz den
Baum nicht erklettern konnte, machte es Tim Tintenklecks für sie. Er fütterte
den Bären. Der ließ sich von dem Rotschopf streicheln. Er futterte mit gutem
Appetit.
    Sehnsüchtig
blickte das Urmel empor. «Es ist doch zu blöd», klagte es, «daß die Äste der
Bäume gleich knacksen, wenn ich mich draufsetze.»
    «Du bäst nun
einmal zu däck!» krächzte Schusch. «Du bäst ein Seele-Fant der Lüfte!»
    Bald schnaufte
und grunzte Babu in seiner Baumhütte eifrig herum.
    Das Urmel
rief: «Genau wie Wutz! Vielleicht sagt er auch bald öfföff!»
    Die Zeit für
den richtigen, ernsthaften Sprachunterricht war gekommen. Der Professor erklomm
von nun an täglich den Stamm. Und wenn er auch noch so lange oben blieb,
geduldig harrte das Urmel unten aus, schlang den Krokodilschwanz um die Beine,
legte den Kopf mal nach rechts, mal nach links, spitzte die Fledermausohren,
versuchte zu hören und piepste selbst so, wie es erwachsene Menschen tun, wenn
sie sich über einen Kinderwagen beugen: «Pipipipi... lililili... sosososo...
eieieiei... tatatata...»
    Hatte ihn
der Professor verlassen, blieb Babu zunächst stumm. Er schaute aber immer öfter
hinab, und schließlich schien er auf das Urmel zu warten, wenn dieses einmal
nicht da war. Er zottete dann unruhig brummelnd auf der Baumhausterrasse hin
und her.
    Und
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