Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Untitled

Titel: Untitled
Autoren: Andrea Camilleri
Vom Netzwerk:
sich, seiner Stimme einen erfreuten Klang zu verleihen. »Hallo«, sagte er zu Brenn, »hier ist jemand, der Sie ein wenig aufheitern wird!«

    Brenn lachte über einen eigenen Witz und lehnte sich mit dem angeheiterten dunkelhaarigen Mädchen zurück. Das Mädchen kicherte. Arflane, an der anderen Tischseite, lächelte und streichelte Katarinas Haar. Brenns natürlicher Optimismus hatte wieder die Oberhand gewonnen. Den beiden Mädchen war gelungen, was Arflane nicht fertiggebracht hatte.
    Es war sehr spät. Die Luft war heiß, verbraucht und mit den betrunkenen Stimmen der Walfänger erfüllt. Brenns Mannschaft war nicht die einzige in der Shipsmasher-Herberge. Es waren noch Leute von zwei anderen Schiffen da, einem fries galtischen und einem abersgaltischen Nordeiswalfänger. Wären Südeisleute zugegen gewesen, hätte es möglicherweise Krach gegeben, aber diese Mannschaften verstanden sich gut. Arflane zapfte sich einen neuen Becher Bier, während Brenn die nächste Anekdote erzählte.
    Die Außentür wurde plötzlich geöffnet; ein kalter Luftzug wehte herein und ließ Arflane frösteln, obwohl es ihm angenehm war. Schweigen breitete sich aus. Die Gäste blickten zur Tür. Ein Mann mittlerer Größe, der einen schweren Mantel aus Seehundfell trug, trat in den Raum.
    Er war kein Walfänger. Das sah man dem Schnitt seines Mantels an, seiner Gangart und seiner Gesichtshaut. Sein dunkles Haar war kurzgeschnitten. Am rechten Handgelenk trug er eine goldene Kette und am zweiten Finger seiner rechten Hand einen silbernen Ring. Er sah gut aus und war noch verhältnismäßig jung. Ein ironisches Lächeln umspielte seine Lippen. Er nickte den Männern, die ihn noch immer anstarrten, grüßend zu.
    Da begann ein stämmiger Harpunier zu lachen. Die anderen stimmten in sein Gelächter ein. Der junge Mann zog seine Augenbrauen in die Höhe und musterte die Männer mit kühlem Blick.
    »Ich suche Kapitän Arflane.« Seine Stimme klang melodisch, aristokratisch und hatte einen friesgaltischen Akzent. »Ich habe gehört, daß er hier ist.«
    »Ich bin Arflane. Was wollen Sie von mir?« Konrad Arflane sah ihn mit einer leichten Feindseligkeit in den Augen an. »Ich bin Manfred Rorsefne. Darf ich mich an Ihren Tisch setzen?«
    Arflane zuckte gleichgültig die Achseln. Rorsefne kam näher und nahm auf der Bank neben Katarina Flatch Platz.
    »Trinken Sie einen Becher«, sagte Arflane und schob seinen vollen Becher Rorsefne zu. Erst jetzt merkte er, daß er schon recht betrunken war. Er rieb seine Stirn und blickte wieder auf. Rorsefne schüttelte den Kopf. »Nein, danke, Kapitän. Ich bin nicht in der richtigen Stimmung. Ich möchte mich mit Ihnen unterhalten – allein, wenn möglich.«
    »Das ist nicht möglich«, entgegnete Arflane, plötzlich gereizt. »Ich genieße die Gesellschaft meiner Freunde. Und was hat ein Rorsefne in einer Walfängerherberge zu suchen?« »Er sucht Sie.« Manfred Rorsefne stieß einen theatralischen Seufzer aus und stand auf. »Und er sucht Sie noch so spät, weil es wichtig ist. Wie dem auch sei, ich werde morgen versuchen, mich mit Ihnen zu unterhalten. Tut mir leid, daß ich Sie jetzt gestört habe, Kapitän.«
    Als Rorsefne zur Tür ging, schob ihm einer der Gäste den Schaft seiner Harpune zwischen die Beine. Er stolperte und verlor endgültig das Gleichgewicht, als ihm ein anderer mit dem Harpunenschaft einen Stoß in den Rücken versetzte. Ein dritter bückte sich und packte Rorsefnes Mantelkragen. Rorsefne wälzte sich herum, lächelte aber noch immer und richtete sich auf.
    Brenn beugte sich vor, um besser sehen zu können. Dann blickte er Arflane an. »Soll ich dazwischengehen?«
    Arflane schüttelte den Kopf. »Das ist seine eigene Schuld. Warum ist er so dumm und kommt hierher?«
    »Das habe ich auch noch nicht erlebt«, sagte Brenn, sich wieder zurücklehnend.
    Als Rorsefne auf den Beinen stand, hatte ihm ein stämmiger, rotköpfiger Mann den Mantel ausgezogen und auf die Spitze seiner Harpune gehängt. »Wir wollten nur etwas zu Ihrer Unterhaltung beitragen«, sagte er. »Sie können jetzt gehen.« Rorsefne verschränkte langsam die Arme über seiner Brust und blieb stehen, wo er stand. Arflane bewunderte ihn unwillkürlich.
    »Sieht so aus, als hätte ich Ihnen eine bessere Unterhaltung geboten als umgekehrt.« Rorsefnes Stimme klang jetzt ruhig und fest.
    Arflane stand impulsiv auf, quetschte sich an Flatchs Tochter vorbei und stand neben dem Harpunier. Er war schon so betrunken, daß
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher