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Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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1. Kapitel
    Gestatten – COOLMAN und ich
    Stellt euch eine Straße vor. Steil wie eine Skischanze führt sie den Berg hinunter. Am Ende der Abfahrt liegt ein kleiner Park mit einem Teich, der von hier oben winzig aussieht.
    Habt ihr das?
    Prima.
    Stellt euch jetzt einen gelben Müllcontainer vor. So einen mit vier winzigen Gummirädern unten dran, randvoll gefüllt mit ungespülten Joghurtbechern.
    Seht ihr ihn vor euch? Könnt ihr den Schimmel riechen?
    Okay, dann stellt euch jetzt einen Jungen vor, der bis zum Hals in diesen miefenden Verpackungen hockt und vor Panik lauter schreit als ein Brüllaffe im Tropenhaus, weil dieser dämliche Plastiksarg keine Bremse hat und auf der steilen Straße immer schneller und schneller wird.
    Könnt ihr euch das vorstellen?
    Sehr gut, denn dann wisst ihr jetzt auch, wer ich bin. Mein Name ist Kai, und ich bin der Junge, der in dem Container um sein Leben brüllt, weil der Lastwagen von rechts erst in letzter Sekunde bremst und da vorne auch schon die nächste Kreuzung kommt.
    Bis hierhin war es leicht für euch. Jetzt aber wird es schwer, denn ich bin nicht allein in dem Container.
    Stellt euch einen Typen vor mit einem Cape und einer schwarzen Augenmaske, der neben mir sitzt. Er hält seinen Kopf in den Fahrtwind und scheint das auch noch zu genießen.
    Und um es euch noch ein bisschen schwerer zu machen, hat er eine bunte Plastiktröte in der Hand, in die er hineinbläst, als wäre er Trompeter bei der 6. Kavallerie. Unterwegs, einen Trupp Siedler vor einer Horde Apachen auf dem Kriegspfad zu retten.

    Darf ich vorstellen? Der lebensmüde Typ mit der Trompete neben mir hört auf den Namen
Coolman
.
    Coolman
begleitet mich, seit ich vier bin. Aber nur ich kann ihn sehen. Für alle anderen ist er unsichtbar und das ist auch besser so. Es reicht, dass er mein Leben zu einer endlosen Abfolge von immer katastrophaleren Katastrophen macht. Und — Überraschung, Überraschung! —
Coolman
ist auch schuld daran, dass ich in diesem stinkenden Container sitze und meinem Ende entgegenrase.
    Eigentlich hatte der Tag ganz gut begonnen. Ein guter Kai-Tag ist einer, der ohne größere Schicksalsschläge vorübergeht und an dem sich
Coolman
möglichst selten blicken lässt. Was eigentlich auf dasselbe hinausläuft.
    Dieser Vormittag war so ein guter Kai-Tag. Die Sonne schien, ich war in der Schule nicht komisch aufgefallen und auch
Coolman
verhielt sich still und unauffällig. Er mag die Schule nicht, genau wie ich. Das aber ist auch schon das Einzige, was uns beide verbindet.
    Drei Gründe, warum
Coolman
die Schule nicht mag:
    1) Er kann nicht rechnen.
    2) Er kann nicht schreiben.
    3) Ich habe während des Unterrichts keine Zeit für ihn.
    Drei Gründe, warum ich die Schule nicht mag:
    1) Sie beginnt zu früh.
    2) Sie dauert zu lange.
    3) Ich kenne da noch nicht so viele Leute, weil wir gerade erst hierhergezogen sind.

    Okay,
Coolman
hat recht. Also, mit den Leuten, nicht mit der 45. Ich kenne hier tatsächlich noch niemanden, sonst säße ich auch nicht in diesem blöden Container. Wenn ich die beiden Jungs gekannt hätte, die auf der Parkbank vor unserer Schule saßen, dann hätte ich die Klappe gehalten, als sie mir ein Bein gestellt haben. Ich wäre einfach aufgestanden und hätte kein Wort gesagt. Außer vielleicht: »’tschuldigung, dass ich über eure Füße gestolpert bin.«

    Mein größter Fehler: Ich höre zu oft auf
Coolman
s Ratschläge.
    »Wenn ihr groß seid, dürft ihr meinen Porsche waschen«, habe ich gesagt, weil ich das mit dem Ferrari etwas übertrieben fand.
    Ich wusste ja nicht, dass die beiden die schlimmsten Schläger der ganzen Schule sind. Gefährliche Typen, denen man AUF GAR KEINEN FALL einen frechen Spruch reindrücken sollte.
    Um es kurz zu machen: Die zwei haben mich gepackt, kopfüber in den gelben Container gestopft und auf die Straße geschoben. Das war schlimm, aber noch nicht besorgniserregend. Besorgniserregend war, dass unsere Schule ganz, ganz oben auf dem Berg liegt, den ich jetzt in dem gelben Plastikcabrio mit einem Affenzahn hinunterrase.
    Die erste rote Ampel habe ich überlebt. Aber da vorne kommt schon die nächste und die ist wieder rot. Eine grüne Welle war bei meinem Glück auch nicht zu erwarten. Immerhin ist es die letzte Ampel. Dahinter liegt der Park, und wenn ich es bis dahin geschafft habe, stehen meine Chancen nicht so schlecht, lebend aus dem Container zu kriechen.
    Langsam habe ich raus, wie ich ihn lenken kann. Wenn ich mich
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