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Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition)
Autoren: Rüdiger Bertram
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die Premiere über den Tisch.
    »Ihr sitzt fast ganz vorne, da könnt ihr die bezauberndste Julia aller Zeiten am besten sehen«, ergänzt Papa und beugt sich zu Mama hinüber, um ihr einen Kuss zu geben.
    »Der Romeo ist aber auch nicht zu verachten«, gurrt Mama und erwidert den Kuss.
    Hinter Antis Haarvorhang ist ein lautes Stöhnen zu hören und mir wird auch gleich schlecht.

    »Was hast du gesagt, Kai?«, fragt mein Vater.
    »Ich? Gar nichts! Wieso?«, antworte ich schnell.
    Meine Eltern haben keine Ahnung von
Coolman
s Existenz.
    Halt!
    Das stimmt nicht ganz.
    Als ich fünf war, habe ich ihnen von
Coolman
erzählt. Damals haben sie gelacht und fanden das niedlich. Als er mich drei Jahre später immer noch auf Schritt und Tritt begleitet hat, fanden sie das nicht mehr lustig. Mama hat gleich ihre Schwester angerufen. Tante Tina geht dreimal die Woche zu einem Psychiater. Sie ist davon überzeugt, dass sie ein uneheliches Kind des amerikanischen Präsidenten ist, was natürlich völliger Quatsch ist, weil sie fast vierzig ist und auch gar nicht braun ist, sondern genauso weiße Haut hat wie Mama.
    Mama sagt, Tante Tina hat ein paar kleine Probleme. Papa sagt, Tante Tina spinnt total. Ich glaube, Papa hat recht. Als Mama Tante Tina damals nach der Telefonnummer von ihrem Seelendoktor gefragt hat, habe ich aufgehört, meinen Eltern von
Coolman
zu erzählen. Seitdem glauben sie, das Problem hat sich erledigt.

    »Mama und ich, wir wollten euch beiden noch was sagen«, beginnt Papa, als er die leeren Teller abräumt. »Wenn die Premiere heute ein Erfolg wird, möchten wir uns ein romantisches Wochenende zu zweit gönnen. Nur Mama und ich, wie Romeo und Julia. Ihr habt doch nichts dagegen, oder? Ihr seid ja beide schon groß.«
    Antis Haarvorhang fängt leicht an zu zittern. Ich kenne meine Schwester. Auch wenn ich ihre Augen nicht sehen kann, weiß ich genau, was in ihrem Kopf vorgeht. Ein elternfreies Wochenende kommt ihrer Vorstellung vom Paradies ziemlich nahe. Sie wird alle ihre Freunde einladen. Sie wird eine Riesenparty schmeißen.
    Sie werden Alkohol trinken, rauchen und die ganze Wohnung verwüsten. Alles wird im völligen Chaos versinken. Ich weiß es, und ich kann nichts dagegen tun, außer …
    »Mama, nehmt ihr mich mit? Papa, bitte, bitte, nehmt mich mit!«, bettele ich und rutsche auf meinem Stuhl nach vorne, um etwas kleiner zu wirken.
    »Du bist doch mein großes Kai-Mäuschen. Das schaffst du schon«, antwortet Mama und tätschelt mir aufmunternd den Kopf.
    Papa schaut auf die Uhr und sagt: »Wir müssen los, sonst kommen wir zu spät und ohne uns können sie ja schlecht anfangen. Wir sehen uns im Theater.«
    Mama gibt mir einen Kuss. Dann schnappen sich die beiden ihre Jacken und gehen.
    »Wehe, du verpetzt mich, du Zwerg«, höre ich Antis Stimme drohend hinter ihren Haaren, als die Haustür ins Schloss fällt. »Denn wenn du schön brav bist, darfst du auch ein paar von deinen Freunden zu meiner Party einladen. Vorausgesetzt, sie lassen ihre Sandförmchen und ihre Teddys zu Hause.«
    Anti kennt mich genauso lange, wie ich sie kenne, und natürlich weiß sie, dass ich weiß, was sie denkt. Sie weiß ja auch, was ich denke. Diese Party wird über mich hereinbrechen wie eine Lawine. Man sieht den Schnee auf sich zurasen und hat trotzdem keine Chance mehr, ihm auszuweichen. Dann ist der Schnee da und alles ist aus. Aus und vorbei, für immer.

3. Kapitel
    Nackte Tatsachen
    Romeo und Julia haben uns Geld für ein Taxi dagelassen, damit wir pünktlich zu ihrer Premiere kommen. Anti will aber nicht mit dem Taxi fahren.
    »Möchtest du schuld sein, wenn wir das nächste Weihnachtsfest im Freibad feiern können? Ich nicht!«, sagt sie.
    Aber das ist gelogen. In Wirklichkeit interessiert sie sich null für die Klimaerwärmung. Anti geht es um das Geld, das wir sparen, wenn wir zu Fuß gehen. Sie gibt ihr ganzes Taschengeld für schwarze Farbe aus, da bleibt nicht viel übrig, um an einem sturmfreien Wochenende eine Party zu schmeißen.
    Es ist schon ein Wunder, dass sie zu Mamas und Papas Premiere Geld für Blumen ausgegeben hat.
    »Wo hast du die Tulpen gekauft?«, frage ich sie und zeige auf den Strauß, den sie in der rechten Hand trägt.
    »Das sind keine Tulpen. Tulpen gehören zu den Liliengewächsen. Das hier sind Rosen, und die habe ich auch nicht gekauft, sondern die sind von da drüben«, antwortet Anti und zeigt mit dem Strauß auf einen der Vorgärten in unserer Straße. Tatsächlich ragen da
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