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Coolman und ich (German Edition)

Coolman und ich (German Edition)

Titel: Coolman und ich (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rüdiger Bertram
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mit Schwung von einer in die andere Ecke schmeiße, macht auch der gelbe Müllflitzer einen kleinen Sprung zur Seite. Das ist dringend nötig, weil ich einen Kleinwagen überholen muss, der vor der roten Ampel hält. Mit knapper Not schramme ich an der Stoßstange vorbei und schaffe es, rechts an ihm vorbeizuziehen. Als ich in Höhe des Lenkrads bin, erkenne ich, wem der Wagen gehört. Hinter dem Steuer sitzt die Maier, meine Lehrerin. Sie starrt mich an, als würde sie gerade von einem Elefanten auf Schlittschuhen überholt.

    Aber dazu komme ich gar nicht mehr, weil ich so schnell an ihr vorbei bin. Mir bleibt gerade noch Zeit, ihr zu winken. Die Maier winkt zurück, aber das war nur ein höflicher Reflex, vermute ich. Dann bleibt sie auch schon hinter mir zurück, und ich muss mich darauf konzentrieren, lebend über die letzte Kreuzung zu kommen.
    Vorne rechts lockert sich eines der Räder. Kein Wunder, die Dinger sind dafür gebaut, vom Stellplatz zum Müllwagen und wieder zurück gerollert zu werden, und für sonst gar nichts. Für Formel-1-Rennen ist das Material völlig ungeeignet, und eine Boxengasse, in der ich den Reifen wechseln könnte, ist auch nirgendwo zu sehen.
    Trotz des Reifenschadens werfe ich mich ein paarmal gegen die Containerwände, um den Autos auszuweichen, die von rechts und links die Straße kreuzen.
Coolman
versucht uns mit seiner Trompete den Weg frei zu tröten. Als wenn das jemand hören würde! Die Trompete höre nur ich, und der Lärm, den
Coolman
Musik nennt, sorgt auch nicht dafür, die Lage zu entspannen. Im Gegenteil. Das liegt daran, dass
Coolman
nur selten den richtigen Ton trifft. Und wenn, dann nur durch Zufall.

    Coolman
liebt schlechte Witze, aber das ist mir jetzt im Moment völlig egal. Die letzte Kreuzung liegt hinter uns und ich lebe noch. Hurra! ICH LEBE NOCH!
    Jetzt kann nicht mehr viel passieren. Da vorne ist schon der Park und mit etwas Glück kommt mein Gefährt auf dem Rasen langsam zum Stehen.
    Tatsächlich verliert der Container auf dem Parkweg an Fahrt. Ich drehe mich um und schaue zurück auf die steile Straße, die zu meiner neuen Schule führt. Mitten auf den Kreuzungen parken immer noch ein paar verdutzte Autofahrer, die sich nicht erklären können, was da eben an ihnen vorbeigerauscht ist. Würde mich nicht wundern, wenn die Hotline für Ufo-Sichtungen in den nächsten Stunden dauerbesetzt ist.
    Der Container rollt jetzt nur noch ganz langsam über den Rasen auf den Teich zu. Das Wasser ist mit einer übel riechenden Schleimschicht überzogen, weil die Enten hier dichter aufeinanderhocken als Hühner in der Geflügelfarm.
    KNACK! Das Geräusch kommt von vorne rechts. Das kaputte Rad ist in ein Hasenloch geraten und hat sich endgültig verabschiedet. Die Folge ist, dass sich der Container wie in Zeitlupe zur Seite neigt und seinen ganzen Inhalt, also mich und die ungespülten Joghurtbecher, in das grüne Wasser des Tümpels spuckt.

    »Hey, Jungchen, was machst du da?! Wohl verrückt geworden!« Ein Rentner mit einer karierten Schirmmütze auf dem Kopf und einer Tüte Entenfutter in der Hand steht am Ufer und zeigt mit seinem Krückstock auf die Joghurtbecher, die im Teich schwimmen. »Das räumst du alles wieder auf, Jungchen! Aber ruck, zuck!«
    Ich nicke nur, weil der Alte nicht so aussieht, als ob er mit mir über Schuld und Unschuld diskutieren wollte. Zum Glück geht mir das Wasser nur bis zu den Knien. Ich wate durch den Schlamm und sammle den Plastikmüll wieder ein, der zwischen den Enten in der Grütze dümpelt.
    Der Opa sagt die ganze Zeit kein Wort, dafür plappert
Coolman
ununterbrochen und erzählt mir, wie er einmal das ganze Salz aus dem Atlantik gesiebt hat, bis das Meerwasser so süß wie Limonade schmeckte. Gegen die Arbeit damals seien die paar Joghurtbecher hier gar nichts, sagt er.
    Es nützt nichts, sich die Ohren oder Augen zuzuhalten. Ich habe das schon ausprobiert. Mindestens eine Million Mal.
Coolman
ist immer da. Man kann ihn nicht einfach abschalten wie einen Fernseher.
Coolman
ist immer auf Stand-by.
    Nach einer Viertelstunde bin ich fertig. Der ganze Müll liegt sauber gespült wieder im Container, den ich mit letzter Kraft an Land gezogen habe. Noch mal zehn Minuten brauche ich dann, um herauszufinden, woher das seltsame Gequake kommt.
    Erst als ich allen Müll wieder ausgepackt habe, entdecke ich ein flauschiges Küken, das sich in den gelben Plastiksarg verirrt hat und da allein nicht mehr rauskommt. Der Alte mit dem

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