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Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
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rufe ich Oskar zu.
    „Wirklich nicht? Ich hatte keine Lust, sie zu essen.“
    Ich rette sie, schneide sie in Scheiben, und ab mit ihr in den leise blubbernden Topf. Jetzt nur noch große Scheiben vom Bauernbrot schneiden, zwei Teller eine Minute in der Mikrowelle wärmen, Ragout anrichten, fertig. Chilimühle, Salz und Pfeffer zum Nachwürzen stehen auf dem Tisch.
    „Ich finde einfach, dass man gegen den ganzen Energiewahnsinn, der auch nach Fukushima weiterläuft, ein Zeichen setzen sollte“, sagt Oskar und fügt rasch hinzu: „Das Ragout ist ein Gedicht.“ Fürchtet er etwa, dass ich ihn als Öko verspotte? Ist ja nicht zum ersten Mal, dass er sich mehr Gedanken über unsere Umwelt macht als ich. Nie würde er eine Katzendose unausgewaschen in den Restmüll tun. Während ich, wenn ich in Eile bin … und natürlich mit schlechtem Gewissen … und nur ein, zwei oder drei Mal … Würde ich das jetzt sagen, klänge es allerdings ein wenig nach Fopperei.
    „Hast du vielleicht gar einen Ökostromklienten in der Kanzlei?“
    „Nein, aber einen Sonnenaufkleber auf dem Auto. Irgendjemand hat sie heute in der Tiefgarage verteilt.“
    „Die kleben so etwas einfach auf? Und du lässt es dir gefallen?“ Oskar ist nicht eben ein Autonarr, aber trotzdem, ich möchte selbst entscheiden, womit ich meinen Wagen verziere.
    „Viel klüger, das Pickerl war hinter der Windschutzscheibe, gemeinsam mit einem Zettel, dass es sich lohnt, auf ‚PRO!‘ umzusteigen, und dass sich ‚PRO!‘ freut, wenn ich mit dem Sonnenaufkleber auf dem Auto ein Zeichen für saubere Energie setze.“
    „Und denen glaubst du?“ Ich nehme mir noch einen klitzekleinen Schöpfer von ‚Weinviertel meets Karibik‘.
    „Wenn man niemandem mehr glaubt …“
    „Sagst ausgerechnet du als Anwalt.“
    Oskar sieht mich zärtlich an. „Ausgerechnet. Und: Dir glaub ich.“
    Ich werde ein wenig rot. Wann hab ich zum letzten Mal gelogen? Na gut, so häufig lüge ich nicht. Und wenn, sind es Notlügen.
    „Das ist ja auch kein Wunder“, lächle ich.
    „Manchmal schon“, antwortet mein lieber Oskar.
    Bevor wir das Thema allzu intensiv erörtern, stehe ich auf, wasche den Wok aus und nehme ihn wieder in Betrieb. Etwas Öl erhitzen, halbierte Zwetschken dazu, einen Löffel braunen Zucker darüber geben und weiterschwenken. Oskar kommt zu mir.
    „Unter Dessert hab ich mir heute eigentlich was anderes vorgestellt“, murmelt er an meinem Ohr.
    „Die Zwetschken können warten“, murmle ich zurück und drehe die Platte ab.
    Und wirklich: Eine halbe Stunde später schmecken sie einzigartig gut. Ich hab sie bloß noch einmal aufgewärmt, Sweet & Hot Chilisauce dazugegeben, alles kurz durchgeschwenkt und mit Salz, Balsamico-Essig, karibischem Rum und einigen zerzupften Minzeblättern von der Terrasse gewürzt. Daran allein kann es einfach nicht gelegen haben.
    In der Redaktionssitzung stellt sich heraus, dass unsere Story über den freiwillig verschiedenen Banker auf noch schwächeren Beinen steht als gedacht. Es ist nämlich ein Abschiedsbrief aufgetaucht. Und in dem erklärt er seinen Abtritt mit ausschließlich privaten Gründen: Die Trennung von seiner Frau, seine Alkoholsucht, Perspektivlosigkeit, das alles habe dazu geführt, dass er nicht mehr leben wolle. Keine Rede von einem angeschlagenen Finanzinstitut und Stress durch Stresstests und zu großzügige Kreditvergaben. Der Brief dürfte echt sein. Oder von seinen Vorstandsfreunden sehr geschickt gefälscht. Wenn, dann könnte ich das allerdings schwer beweisen. Ich habe schon auf dem Weg zum „Magazin“ überlegt, wie ich die Sache mit der Bundesheerübung anpacken könnte. Und dann eine andere Idee gehabt: Was wäre mit einer Story über die Energieversorgung in Österreich? Wie sicher ist sie? Kann man Ökostrom trauen? Was bietet der neue Anbieter „PRO!“ wirklich oder hat er bloß ein gutes Werbekonzept? Können wir ohne Heuchelei atomstromfrei werden? Als Teil der Geschichte könnte ich dann über die mögliche Terrorgefährdung unserer Gas- und Stromnetze schreiben. Warum ich diesen Aspekt nicht in den Mittelpunkt stellen möchte? Ich bin mir selbst nicht sicher. Entweder, weil ich Generalleutnant Unterberger glaube, dass es nicht gut ist, die Menschen zu sehr zu verunsichern. Oder weil ich ihm nicht glaube, dass da tatsächlich eine besondere Gefahr besteht. Und weil ich den Verdacht habe, dass er bloß neue Aufgaben fürs Heer bewerben möchte. Joggen war ich übrigens nicht in der Früh,
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