Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi

Titel: Unter Strom - ein Mira-Valensky-Krimi
Autoren: Wien/Bozen Folio Verlag
Vom Netzwerk:
nicht zu überheblich sein. Nur weil er Hubschrauber und solches Zeugs befehligt. Ich versuche ein charmantes Gegenlächeln: „Also?“
    Er sieht mich an, dreht sein Colaglas und sagt nichts.
    „Noch im Dienst?“, frage ich und deute aufs Cola. Wird wohl so ähnlich sein wie bei den Polizisten. Null Komma null während der Dienstzeit.
    „Was?“, antwortet er irritiert und lächelt schon wieder. „Nein. Wein zu trinken, gehört beinahe zu unserem Job. Wenn wir repräsentieren, versteht sich. Ich hab heute eine Abendveranstaltung. Ich halte vor der Offiziersgesellschaft einen Vortrag über Strategie und neue Medien. Da sollte ich einen klaren Kopf haben.“
    „Strategie und neue Medien?“
    „Facebook und so. Sie haben sicher schon davon gehört.“
    Der Typ hat mich auf der Schaufel. Und er weicht mir aus. – Nein, ich hab ihn ja nach seinem Vortrag gefragt.
    „Die neuen Demokratiebewegungen haben eine Menge mit den neuen Kommunikationsmöglichkeiten zu tun. Wir überlegen natürlich, was das militärisch-strategisch bedeutet.“
    „Die Chinesen probieren es mit Zensur“, gebe ich ihm einen Tipp.
    „Nicht einmal denen gelingt das vollständig.“
    „In China würde ich über ein klitzekleines unwichtiges Militärmanöver nichts erfahren, das ist klar. Aber bei uns …“
    „In China wären Sie in einem Militärgefängnis.“
    „Da hab ich ja richtig Glück“, spöttle ich. Was er kann, kann ich schon lang.
    Er seufzt, sieht mich an und dreht wieder sein Colaglas. Getrunken hat er daraus noch nicht. „Also gut. Es gibt einen einzigen Grund, warum wir solche Übungen nicht an die große Glocke hängen: Wir wollen die Bevölkerung nicht verunsichern. Gasstationen sind neuralgische Punkte. Und kommen Sie mir jetzt nicht mit der alten Weisheit, dass uns weder die Ungarn noch die Schweizer in absehbarer Zeit okkupieren wollen. Es geht um andere Formen des Kriegs. Um Terrorismus.“ Mit einem Mal ist er ernst geworden.
    „Es gibt Warnungen?“
    „Nein. Zumindest nicht direkt. Sonst müssten wir anders agieren. Es gibt Hinweise … nicht auf Österreich allein bezogen.“
    „Etwas, das darauf hindeutet, dass es Terroristen auf die Energieversorgung abgesehen haben könnten?“
    „So ungefähr. Die Menschen bei uns sind daran gewöhnt, dass es warm und hell ist. Auch im Winter. Leitungen zu kappen, hieße ihr Sicherheitsgefühl massiv zu untergraben.“
    „Welche Terroristen?“
    „Wenn wir das so genau wüssten … In Terrorcamps wird offenbar darüber geredet, wie Racheaktionen in Europa am effizientesten ablaufen könnten.“
    „Die Gasstation in Treberndorf ist so wichtig?“ Sah eigentlich nicht besonders bedeutsam aus.
    „Es gibt dort einen unterirdischen Gasspeicher. Und sie ist ohne besondere Probleme zu erreichen. – Zum Beispiel durch den Wald, wie in Ihrem Fall.“
    „Wie viele Energie-Ziele für Terroristen gibt es in Österreich?“
    „Je nachdem, wo man Wahrscheinlichkeitsgrenzen setzt. Fünfzig. Siebzig. Zweihundert. – Ich hoffe, ich kann Sie abhalten, darüber zu schreiben.“
    „Wäre das nicht eine gute Werbung fürs Bundesheer? Sozusagen der Nachweis, dass es auch etwas Sinnvolles tut? Nämlich unsere Energieversorgung zu schützen? Oder es wenigstens zu versuchen?“
    Der Generalleutnant lächelt. „Ich weiß, dass Sie nicht unbedingt zu den Fans unseres Heers gehören.“
    „Ich glaube nicht, dass die Menschen in Panik ausbrechen, nur weil irgendwer in einem Terrorcamp dubiose Ideen hat. Bei uns gibt es eben Medienfreiheit – anders als in China.“
    „Sie haben recht. So wichtig ist die Sache auch nicht. Und Hubschraubereinsätze im Verborgenen – das ist unmöglich. Schreiben Sie also darüber, wenn Sie unbedingt wollen.“
    Ich sehe den Generalleutnant verdutzt an. „Ist das jetzt irgendeine Strategie, die ich nicht durchschaue?“
    „Nein, bloß die Erkenntnis, dass das meiste relativ ist. Und dass ich davon ausgehe, wenn ich versuche, Sie davon abzuhalten, diese Story zu schreiben, dann wird sie immer größer. So können Sie mich zitieren und ich sage auch offiziell, was ich Ihnen gerade erzählt habe.“
    „Sie können das entscheiden?“, frage ich.
    „Das geht sich gerade noch aus“, spöttelt der hohe Militärbeamte. „Sie schicken mir den Artikel einfach vorab und ich gebe dann mein Okay.“
    Irgendwie hat er mich nun doch verunsichert. Reagiere ich über, nur weil ich dem Hubschraubergeschwader zu nahe gekommen bin? Der Generalleutnant sieht auf die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher