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Unter Menschen

Unter Menschen

Titel: Unter Menschen
Autoren: Isabell Schmitt-Egner
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mal.“ George nahm das Mundstück des Schnorchels zwischen die Lippen und schwamm los. Er blieb zunächst an der Oberfläche und Sam hielt sich in etwa zwei Metern Tiefe parallel zu ihm. Sam drehte sich auf den Rücken, schwamm weiter und sah zu George hinauf. George winkte ihm und streckte die Hand nach ihm aus.
    Sam ergriff Georges Hand und zog ihn zu sich nach unten. George machte ihm ein Zeichen, nicht tiefer zu tauchen. Sam nickte und zog George mit sich.
    Die Kraft, mit der Sam vorwärts schwamm, war atemberaubend. George spürte, dass er bald wieder Luft holen musste. Er klopfte Sam auf den Arm. Sam verlangsamte und drehte sich zu ihm um. George zeigte nach oben. Sofort änderte Sam den Kurs und brachte ihn zurück an die Oberfläche. George blies das Wasser aus dem Schnorchel und spuckte das Mundstück aus.
    Sam tauchte vor ihm auf, presste Wasser aus den Kiemen und sog Luft in die Lungen.
    „Das hast du gut gemacht“, lobte George. Sam strahlte.
    „Machen wir das noch mal?“, fragte er begierig.      
    „Ja. Jetzt bringst du mich zurück zum Boot. Das ist die nächste Aufgabe“, sagte George.
    „Gut“, sagte Sam und tauchte ab. Seine Schwanzflosse hob sich kurz aus dem Wasser und verschwand. Er war eifrig bei der Sache, wie immer, wenn er seinen guten Willen beweisen durfte.
    George ließ sich von Sam zurück zum Boot ziehen. Abgesehen davon, dass er gerade eine wichtige Erziehungsarbeit an Sam leistete, musste George sich eingestehen, dass es ein außergewöhnliches Erlebnis war, mit Sam im freien Wasser zu schwimmen. Sam ließ ihn los, als sie am Boot ankamen und George holte Luft. Er dachte an das winzige Schwimmbecken, in dem Sam schlief, wenn er sich bei ihnen im Haus aufhielt. Was war so ein Kinderpool verglichen mit dem Meer und seiner Atmosphäre. George schöpfte Atem und legte sich mit dem Gesicht nach unten aufs Wasser. Er sah Sam zu, der unter Wasser kunstvolle Schwimmfiguren vorführte. Es schien ihm zu gefallen, seinem angebeteten Ziehvater zu zeigen, was er alles konnte. In Georges Haushalt strengte Sam sich an, all die Kleinigkeiten zu lernen, die Menschen wissen mussten, und er war ihnen in fast allen Dingen unterlegen. Hier im Meer war er selbst der Experte, bewegte sich elegant, geschickt und schnell. Wenn George ihn so beobachtete, wurde ihm klar, welches Opfer Sam täglich brachte, um in seiner Nähe leben zu dürfen. Sam war ein Meereswesen und das Meer bot ihm ideale Lebensbedingungen. Eine wilde, schöne Welt für ein wundervolles, wildes Geschöpf. George fragte sich, ob es richtig war, Sams Instinkte zu unterdrücken. Durfte man ihn domestizieren, ihn in ein Menschenleben einpassen? Wahrscheinlich konnte man diese Frage nicht zufriedenstellend beantworten.
    Plötzlich verschwand Sam in der Tiefe. Kurz konnte George noch seine Schwanzflosse silbrig glänzen sehen, dann verlor er ihn aus den Augen.
    Sam glitt am Meeresgrund entlang. Es war wundervoll, wieder im Wasser zu sein. Kleine Fische begleiteten ihn und Sam strich mit der Hand über den Sandboden. Er suchte nach einem Geschenk für George, einer Überraschung. Geschenke, das hatte er schon gelernt, waren fast immer richtig und Überraschungen auch meistens. Vielleicht fand er auch eine schöne Muschel für Liz. Sam bog an einem Felsen ab und umrundete ihn. Eine Höhlenöffnung im Gestein weckte sein Interesse. Er hatte es sich zur Angewohnheit gemacht, alle Höhlen, die er fand, auszukundschaften.
    Dieses Höhlennetzwerk brauchte er, damit er sich sicher verstecken und jederzeit einen Schlafplatz finden konnte. Sam glitt in die Höhle hinein. Sie bot eine Menge Platz und auf dem Boden lag Sand. Einige Haie hatten das Innere bereits in Beschlag genommen, aber das machte nichts. Die meisten Haie fühlten sich nicht gestört, wenn er bei ihnen schlief. Sam kam zu dem Schluss, dass die Höhle schlafgeeignet war. Dann fiel ihm ein, dass er ja gar nicht hier schlafen würde. George nahm ihn später wieder mit nach Hause. Schließlich machten sie nur eine Übung. Sam strich einem Hai über den Rücken und schüttelte kurz seine Rückenflosse. Dann schoss er aus dem Höhleneingang, bevor der Hai sich über ihn ärgern konnte. Höhlenhai-Ärgern hatte er früher oft gespielt, bevor er bei den Cunnings eingezogen war. Es kam ihm vor, als läge das eine Ewigkeit zurück.
    Sam glitt eine Weile weiter über den Sandboden. Dann drehte er um und schwamm wieder in die andere Richtung, aus der er gekommen war.
    George ließ sich
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