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Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)

Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)

Titel: Schwarze Diamanten (Bruno Bd 3)
Autoren: Martin Walker
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Es kam nicht oft vor,
dass Bruno Courreges seinen Job ungern tat, aber heute war so ein Tag. Am Wetter konnte es nicht
liegen. Hohe dünne Wolken trieben über den spätherbstlichen Himmel, der
trotzdem hartnäckig blau blieb. Trotz der frühen Morgenstunde schien die Sonne
warm auf Brunos Gesicht und ließ die wenigen verbliebenen Blätter an den alten
Eichen, die das Rugbyfeld einsäumten, golden leuchten. Sie wärmte die alten
Mauern der Mairie auf der anderen Flussseite und die roten Ziegeldächer der
Häuser am Hügel. Es war noch so mild, dass die Frauen die Fenster und die
blaugestrichenen Fensterläden geöffnet hatten. Tupfer in Blau und Weiß,
gestreift und geblümt, zierten das Bild des Städtchens, wo Bettwäsche auf den
Baikonen gelüftet wurde - vielleicht zum letzten Mal in diesem Jahr. Auf dem
Rasen hatte schon Reif gelegen, als Bruno vorhin mit seinem Hund die übliche
Runde gegangen war, und am Wochenende hatte er im Supermarkt die ersten
Weihnachtslieder gehört.
    Bruno richtete seinen Blick auf eine kleine Schar von Demonstranten,
die sich vor dem Tor des Sägewerks versammelt hatten. Der Schornstein rauchte
nicht mehr, und die Gabelstapler, die dort sonst immer mit schweren Holzlasten
umherfuhren, parkten in der Garage. Noch hing der würzige Geruch frisch
gesägten Holzes in der Luft, der sich aber schon bald verflüchtigen würde, denn
der Betrieb der Sägemühle, des größten und ältesten Arbeitgebers von
Saint-Denis, sollte heute eingestellt werden.
    Bruno hatte zwei Wochen zuvor im Auftrag der Präfektur einen
Stilllegungsbescheid zustellen müssen, mit dem ein Urteil gegen die Scierie Pons und ihren Besitzer wegen Verstoßes gegen Umweltauflagen vollstreckt
wurde. Als dem einzigen Polizeibeamten der Stadt war Bruno die unangenehme
Aufgabe zugefallen, eine Kopie des Beschlusses, wetterfest in Zellophan
verpackt, an das Fabriktor zu heften. Nun musste er mitansehen, wie das Gesetz
seinen Lauf nahm, und natürlich war es seine Pflicht, in dem seit Jahren
währenden Streit zwischen den Grünen, die jetzt triumphierten, und dem Mann zu
schlichten, den sie als „Dreckschleuder von Saint-Denis“ bezeichneten.
    „Pons raus, Pons raus“, skandierte die Gruppe im Chor, die von einem gut
aussehenden Mann mit Megaphon angeführt wurde. Er trug eine teure Lederjacke
mit weißem Seidenschal und hatte seine langen blonden Haare im Nacken zu einem
Pferdeschwanz zusammengefasst. Am Revers seiner Jacke steckte ein großer
Button der Grünen Partei. Die Transparente der Demonstranten erklärten den
Grund der Schließung. Verantwortlich dafür waren nicht etwa wirtschaftliche
Probleme, finanzielle Engpässe oder gar eine Verknappung von Rohstoffen, die
die Waldgebiete der Dordogne seit Jahrhunderten in Fülle lieferten. Es lag auch
nicht an mangelnder Nachfrage nach Eichen-, Kastanien-, Kiefern- und
Fichtenholz. Vielmehr war bekanntgeworden, dass Boniface Pons, der Erbe des
seit vielen Generationen in Familienbesitz befindlichen Sägewerks, mit seinem
Unternehmen in eine andere Gemeinde umziehen wollte, an einen Ort inmitten
weiter Wälder und von nur rund zweihundert Wahlberechtigten bewohnt, wo er sich
sicher sein konnte, nicht von all den Demonstrationen und endlosen Gerichtsverfahren
behelligt zu werden, die ihn aus Saint-Denis vertrieben hatten.
    „Endlich können unsere Kinder wieder atmen“, las Bruno auf einem der
Transparente und verdrehte bei dieser Übertreibung die Augen. Er hatte auf dem
nahe gelegenen Sportplatz zahllose Stunden Rugby gespielt und Dutzende von
Trainingseinheiten durchgeführt, während der Schornstein rauchte, war aber nie
wegen schlechter Luft in Atemnot geraten.
    „Umwelt i - Pons o“ stand auf einem anderen Transparent, was, wie Bruno
fand, der Wahrheit schon ein bisschen näher kam. Das Sägewerk hatte während der
zehn Jahre, in denen Bruno als Polizist der Stadt seinen Dienst versah, zwei
verschiedene Rauchfilteranlagen installiert, die aber beide, obwohl jeweils auf
dem neuesten technologischen Stand, schon nach wenigen Jahren überholt waren,
weil die Europäische Union in Brüssel immer wieder neue, schärfere Auflagen
durchsetzte. Die jüngste Direktive, die für staub- und rauchemittierende
Schornsteine einen Mindestabstand zu Wohngebieten vorschrieb, hatte Boniface
Pons den Rest gegeben. Es sei nicht seine Schuld, hatte er gesagt, dass die
Kommune von Saint-Denis wenige Jahre zuvor beschlossen habe, eine
Sozialbausiedlung zu errichten, die bis auf
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