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Unsichtbar und trotzdem da - 02 - Unter der Stadt

Unsichtbar und trotzdem da - 02 - Unter der Stadt

Titel: Unsichtbar und trotzdem da - 02 - Unter der Stadt
Autoren: Boris Pfeiffer
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Typ, der je eine Bande in dieser Stadt angeführt hat! Ein toller Anführer bist du, schöner Christian! Das war eine großartige Idee von dir!“
    „Ja“, sagte der schöne Christian und lächelte Schmudo verstohlen zu. Er zog seinen Metallkamm aus der Hintertasche und fuhr sich durch sein schwarzes Haar. „Die Welt hat uns genug verhöhnt, meine Freunde! Immer arbeiten wir hier im Dunkeln, ohne je die Sonne zu sehen. Wenn wir frühmorgens hier runterkommen, ist es draußen noch Nacht. Und wenn wir nach der Schicht wieder hochkommen, ist der Tag fast vorbei. Und das Ganze für einen Hungerlohn. Da oben blitzen und leuchten die teuren Geschäfte wie Ali Babas Schatzhöhle. Da funkelt es in den Schaufenstern, dass es einen blendet und einem Hören und Sehen vergeht. Da sind all die schönen Dinge, die jeder gerne haben möchte und die normalerweise nur die Reichen und Schönen bekommen, die eh schon alles haben! Aber das ist diesmal anders. Jetzt bekommen wir sie und das ist nur gerecht! Jetzt sind wir frei, jetzt nehmen wir uns, was wir wollen.“
    Der schöne Christian lachte spöttisch und seine Bande stimmte in das Gelächter ein.
    Dann machten sie sich auf den Weg.

Auf leisen Sohlen folgten die Unsichtbar-Affen der Bande des schönen Christian.
    Ağan trug Goffi auf der Schulter. Die grünen Augen des Klammeräffchens glühten in der Dunkelheit. In gebührendem Abstand schlichen die drei Freunde über den halb fertigen Bahnsteig. Es roch nach frischem, noch feuchtem Beton und Baustelle.
    „Was ist das denn?“ Jenny blieb erschrocken stehen und deutete auf eine dicke, kugelige Gestalt, die mit weit aufgerissenem Maul plötzlich vor ihnen auftauchte.

    „Und das da?“ Ağan blickte auf eine meterlange schwarze Schlange, die sich quer über den Bahnhof wand. „Ich weiß nicht, meine Freunde. Der schöne Christian ist so gemein, er könnte doch ein Dschinn sein, der andere reinlegt. Vielleicht ist er ja kein U-Bahn sondern ein Chaos-Dschinn, dem es einfach nur Spaß macht, die Welt durcheinanderzubringen. Ihr habt doch gehört, was er gesagt hat: Es ist Freiheit, Gesetze zu übertreten. Genauso denken Chaos-Dschinns. Das ist ihre Art. Und sie lieben Schlangen und Drachen und Ungeheuer, weil die Menschen sich vor ihnen fürchten.“
    „Nein“, sagte Addi. Er trat vor und stieß mit dem Fuß gegen die schwarze Schlange. „Das ist ein Wasserschlauch, ein besonders fetter. Wo gebaut wird, braucht man immer viel Wasser. Darum riecht hier auch alles so feucht. Und das andere ist ein Betonmischer.“
    „Woher weißt du das denn so gut?“, fragte Jenny skeptisch.
    „Mein Vater arbeitet an solchen Orten“, erklärte Addi knapp. „Keine Angst, Ağan, dieser schöne Christian ist und bleibt ein Lügner und Betrüger.“
    „Freiheit ist auf jeden Fall nicht, Gesetze zu übertreten“, meinte Ağan. „Freiheit ist, Gesetze zu machen.“
    Jenny kicherte. „Das stimmt. Also, wenn ich diese Freiheit hätte, würden mir ein paar tolle Gesetze einfallen, um die Welt zu verbessern. Ich würde zum Beispiel befehlen, dass jede alte Oma genug Geld hat, um nicht denken zu müssen, sie hat zu wenig.“
    „Aber das denkt doch sowieso jeder, dass er zu wenig Geld hat“, widersprach Addi. „Darum klauen die Leute doch.“
    „Nicht nur deswegen“, entgegnete Jenny. „Manche machen sich auch Sorgen.“
    „Oder Schulden“, fügte Ağan düster hinzu.
    Addi nickte. „Mein Vater sagt: ‚Geld alleine macht nicht glücklich – man muss auch welches haben!‘ Deswegen ist er ja nie da, der arbeitet immer.“
    Die Unsichtbar-Affen grinsten sich zu. Sie stiegen nacheinander über den schwarzen Schlangenschlauch und durch das Loch in der Wand. Dahinter lag ein Schacht, der senkrecht in die Höhe führte. An der Wand war eine schmale Eisenleiter angebracht. Und von dieser erklangen die Schritte der Bande. Jenny legte warnend den Finger auf den Mund.
    Die drei warteten, bis die Tritte verklungen waren, dann kletterten sie ebenfalls nach oben.
    Die Leiter endete in einem dunklen runden Raum.
    „Das ist ja genau wie der Notausgang an der Hermannstraße“, flüsterte Ağan.
    Addi tastete bereits die Wand ab. „Aber diesmal haben wir mehr Glück“, sagte er. „Hier steckt ein Schlüssel im Schloss und die Tür ist nur angelehnt.“
    Langsam zog er die Tür auf. Im nächsten Moment fiel frühesTageslicht in den röhrenförmigen Raum und Ağan unterdrückte einen Aufschrei.
    „Jetzt weiß ich, wo wir sind! Guckt mal! Das ist
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