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Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht

Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht

Titel: Unsichtbar und trotzdem da - 01 - Diebe in der Nacht
Autoren: Boris Pfeiffer
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explodierte. Diesmal war das Feuerwerk grün.
    Er starrte ins Fenster. Herr Beulich saß wie schlafend gegen eine Säule gelehnt auf den Tempelstufen. Die Gestalten aber warenverschwunden. Nein! Nicht einfach verschwunden. Addi überlief ein kalter Schauder, als er erkannte, dass sie zurück auf dem Bild waren. Sie trugen leere Säcke auf den Rücken und sahen auf die ferne Stadt. Sie waren wieder in ihr Bild getreten. Jetzt verstand Addi, weswegen Herr Beulich ihre Gesichter hatte zeichnen können. Diese Gestalten wurden nachts lebendig!
    Die Rakete erlosch. Wieder dauerte es einen Augenblick, ehe die nächste Stufe zündete. Diesmal war sie golden. Addi blickte zum Fenster – und erschrak.
    Am Fenster stand Herr Beulich und starrte hinaus. Seine Augen waren weit aufgerissen und der alte Mann zitterte vor Furcht. Doch er sah nichts. Sein Blick war unendlich leer.
    Das goldene Feuerwerk krachte und erlosch. Schnell ließ sich Addi von der Laterne gleiten und rannte wie von Furien gejagt bis zur nächsten großen Straße. Dort winkte er ein Taxi herbei und gab dem Fahrer seine Adresse.
    „Wo kommst du denn um die Zeit her?“, fragte der Taxifahrer, ein gemütlicher Kerl mit einer Halbglatze. „Ist das nicht ein bisschen spät für Ausflüge?“
    „Nein“, sagte Addi und holte Goffi aus dem Rucksack. Er nahm ihm die Maske ab und legte ihn sich in die Arme. „Ich bin vom Zirkus.“
    „Ach so“, nickte der Taxifahrer. „Das ist natürlich was anderes.“

Jenny wohnte in einem Hochhaus mit doppelten Wohnungstüren, die so dicht hintereinanderlagen, dass zwischen ihnen kaum ein Fußbreit Platz war. Dafür gab es im Hausflur keine Fenster und viele, nur teilweise funktionierende Neonröhren.
    Ihre Wohnung hatte zwei Zimmer, von denen eins Jenny gehörte, und lag im achten Stock. Von hier aus blickte man auf viele weitere Hochhäuser, die alle gleich aussahen. Verwaschenes Weiß mit blauen Balkonen, von denen die Farbe abblätterte.
    Addi, Ağan und Jenny saßen zusammen auf dem Fußboden und Addi hatte soeben berichtet, was er in der Nacht zuvor gesehen hatte. Goffi hatte er heute zu Hause gelassen.
    „Es spukt also wirklich“, stellte Ağan fest.
    Addi nickte. „Ich wüsste nicht, wie ich es anders beschreiben soll. Herr Beulich hat allen Grund zur Angst, so wie es aussieht. Es war sehr, sehr unheimlich.“
    „Und was machen diese Gespenster da?“, fragte Jenny. „Was war das, was sie da bei sich trugen?“
    „Das konnte ich nicht erkennen.“ Addi fuhr sich durchs Haar. Erhatte blaue Ringe unter den Augen, so schlecht hatte er geschlafen. In der Schule am Morgen war er mehrmals eingenickt. „Aber ich habe auch darüber nachgedacht. Wenn Geister eigentlich aus Luft sind …“
    „… wäre das der Beweis, dass es gar keine Geister sind!“ Ağan sprang auf. „Kein Geist, von dem ich je gehört habe, trägt irgendwelche Sachen rum“, sagte er fest. „Und das würde wiederum bedeuten, dass es Menschen sind, die dem alten Mann Angst machen.“
    „Genau das“, sagte Addi leise, „habe ich auch gedacht. Und trotzdem war es schrecklich gruselig.“
    „Aber wozu machen sie das?“, rief Jenny.
    Ağan sah seine Freunde an. „Das werden wir rausfinden! Es muss einen Grund dafür geben. Einen Grund, der lange dauert, denn sie treiben das Spielchen schon eine ganze Weile, wenn wir recht haben.“
    „Dann würde das ja bedeuten …“, schloss Jenny, „dass diese Geister oder wer auch immer sie sind, irgendetwas im Museum machen oder vorhaben?!“
    „Und warum sehen sie dann genauso aus wie die Bettler?“, fragte Addi.
    „Weil das“, rief Ağan, „genau der Trick sein könnte. Sie tun so, als wären sie Bild-Geister, um den alten Herrn Beulich zu ängstigen. So, wie wir auch Angst bekommen haben. Aber er hat noch mehr Angst. So sehr Angst, dass er sich nicht traut, mit irgendjemandem darüber zu sprechen, weil er sich fürchtet, seine Arbeit zu verlieren. Wer glaubt schon einem alten Mann, der von Geistern erzählt?“
    Jenny starrte wütend vor sich hin. „Aber wozu diese Verkleidung? Hätte es nicht gereicht, ihm als Geisterstimme zu erscheinen?“
    „Vielleicht müssen sich diese verkleideten Bettler im Museum bewegen können, weil …“, flüsterte Addi plötzlich.
    „Weil was?“
    „Weil … weil sie die Kunstwerke rauben?“
    „Die sind doch noch alle da!“, widersprach Jenny.
    „Stimmt“, nickte Ağan. „Andererseits, heute ist das Kostümfest. Da könnte jemand, der sich wie auf
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