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Unscheinbar

Unscheinbar

Titel: Unscheinbar
Autoren: Anja Berger
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als solcher zu erkennen.
    Im Sitz steckte noch das Messer.
    Ben atmete auf. Und zuckte zusammen.
    Scheisse.
    Er zog das Messer raus, humpelte um den Pickup herum.
    Als er Emma sah, auf dem Boden kniend, den Strick um den Hals, und wie sie ihn mit grossen, tränennassen Augen anschaute, aus denen die Erleichterung nur so sprühte, hätte er am liebsten selbst zu heulen angefangen.
    „Ist es vorbei?“
    Ben nickte. Er brachte ein schiefes Lächeln zustande. „Es ist vorbei.“
    Er hinkte zu ihr hinüber, liess sich vor ihr nieder, legte die Hände an ihren Hals. Behutsam löste er die Schlinge und zog sie ihr über den Kopf.
    Endlich.
    Emma atmete auf. „Danke. Die Handschellen kannst du nicht zufällig auch noch lösen?“
    „Tut mir leid. Aber wie es klingt, ist bald ein Schlüssel da.“
    Tatsächlich kamen die Sirenen immer näher. Zwischen den Bäumen konnte man die ersten Lichter aufblitzen sehen.
    Ben fasste an Emma vorbei und legte sanft eine Hand über ihre auf dem Rücke gefesselten Hände.
    Emma lehnte sich leicht gegen seinen Arm. Ihren Kopf liess sie gegen seine Schulter sinken.
    Er strich über ihr Gesicht. Über ihren geschundenen Hals. Er gab ihr einen Kuss aufs Haar.
    Zum ersten Mal, seit sie die Wahrheit über ihre Herkunft erfahren hatte, fühlte sie sich sicher. „Antonius?“, fragte sie leise.
    „Matsch.“
    Pfui. Angeekelt verzog Emma ihr Gesicht.
    „Ich hätte da mal eine Frage.“
    Neugierig hob Emma den Kopf, um ihm in die Augen sehen zu können.
    „Oh, davon habe ich auch so einige.“
    „Die klären wir später. Ich glaube, wir werden noch eine ganze Menge miteinander bereden.“
    „Und mit einem Psychiater.“
    „Das wird teuer.“
    „Wahrscheinlich. Also, was wolltest du fragen?“
    Zufrieden stellte Emma fest, dass sein schelmischer Funke in seinen Augen aufblitzte.
    Der Ben, den sie kennengelernt hatte, war also trotz allem noch da. Vielleicht wurden die Sitzungen beim Psychiater ja doch nicht so teuer.
    Ein Auto bretterte auf die Wiese. Alle Türen flogen auf.
    Vier Menschen rannten auf sie zu.
    Emma erkannte Kevin und Alice. Die anderen beiden kannte sie nicht.
    Kevin und Alice bestürmten sie mit Worten, doch sie blendete sie einfach aus.
    „Deine Frage?“
    Ben tat es ihr gleich. Er konzentrierte sich nur auf Emma.
    „Emma, verlorene Reich. Gibt es eventuell die Möglichkeit auf ein Date mit dir, ohne dass du irgendwo runterfällst?“
    Sie musste unweigerlich lächeln. „Wäre doch langweilig, oder? Und abgesehen davon, bei dem hier hab ich ja nur ein bisschen rumgehangen. Den Hampelmann musstest du machen.“
    Ein breites Grinsen zeichnete sich auf seinem Gesicht ab. „Für ein Stadtküken bist du ziemlich liebenswert. Einen kurzen Anfall von heisser Leidenschaft hatten wir ja auch schon. Also, wie wär‘s, wenn wir herausfinden, ob wir auch ausserhalb extremer Umstände zueinander passen?“
    Zueinander passen. Er und sie.
    Ein hinreissender Gedanke. Vor allem, wenn er sie so spitzbübisch anschaute, wie er es gerade tat. Und er fand sie sexy, das hatte er gesagt.
    Wie konnte sie da nicht dahinschmelzen?
    Sie hob ihre Arme. Und musste überrascht feststellen, dass es ging.
    Sie wagte einen kurzen Blick.
    Kevin und Alice standen neben ihnen und sogen jedes einzelne Wort in sich auf.
    Nach dem leicht schockierten Blick in Alices Gesicht zu schliessen, hatte sie auch Bens Äusserung über den kurzen Anfall von heisser Leidenschaft genau gehört.
    Emma schmunzelte.
    Von diesen Momenten würde es noch einige geben. Denn sie würde ihn nicht mehr gehen lassen. Aber das behielt sie für sich.
    Sie schlang ihre frei beweglichen Arme um Bens Hals. Und er zog sie fest in seine.
    Die Schmerzen waren vergessen.
    Sie spürte nur noch ihn. Seinen Atem. Schmeckte seine Haut.
    Sicherheit.
    Ihre Lippen berührten sich. Warm. Vertraut. Wohltuend.
    Die Welt rückte wieder an ihren Platz.
    Mit einem einzigen Kuss.

Personen damals:
    Martin Reich: Ältester Sohn von Ruth und Erwin
    Antonius Reich: Mittlerer Sohn von Ruth und Erwin
    Gregor Reich: Jüngster Sohn von Ruth und Erwin
    Ruth Reich, ehemalige Knecht: Ehefrau von Erwin, Mutter von Gregor, Antonius und Martin
    Erwin Reich: Ehemann von Ruth, Vater von Gregor, Antonius und Martin
    Bernard Knecht: Bruder von Ruth, Onkel von Gregor, Antonius und Martin
    Käthe Knecht: Ehefrau von Bernard
    Miriam Reich: Schwester von Erwin, Tante von Gregor, Antonius und Martin
    Ruben: Partner von Miriam
    Peter: Bruder von Erwin, Onkel von Gregor,
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