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Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)

Titel: Heillose Zustände: Warum die Medizin die Menschen krank und das Land arm macht (German Edition)
Autoren: Werner Bartens
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Vorwort: Das kranke System
    Was ist los mit der Medizin?
    Joachim Jähne, Chefarzt der Chirurgie am Henriettenstift in Hannover, beklagt im »Deutschen Ärzteblatt«, dass Ärzte »aufgrund des starken finanziellen Drucks auf die Krankenhäuser« immer mehr operieren und so ihre Patientenzahl steigern – und zwar nicht aus medizinischen, sondern aus ökonomischen Gründen. [1]   Der Mann ist Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie. Markus Büchler, Chefarzt an der Universitätsklinik Heidelberg, erinnert daran, dass der Entscheidung zur Operation wie auch der Wahl des OP-Verfahrens »ausschließlich medizinische Gründe, keinesfalls aber finanzielle Intentionen zugrunde liegen« sollten. [2]   Der Mann, der betont, was eigentlich selbstverständlich sein sollte, ist Präsident der Chirurgenvereinigung.
    Was ist da los?
    Tausende Frauen laufen mit »Schrott in den Brüsten« herum, wie ein Insider die aus minderwertigem Material hergestellten, oft schadhaften Brustimplantate nennt. Ärzte beschweren sich über gefährliche Hüftprothesen mit Metallabrieb – aber wenig später erklärt Susanne Conze, Referatsleiterin Medizinprodukte im Gesundheitsministerium, dass ihr Dienstherr Daniel Bahr deshalb noch lange »keinen Systemwechsel« plane und am laschen Zulassungsverfahren »nichts ändern wolle«. [3]  
    Was ist da los?
    In der »Frankfurter Allgemeinen Zeitung« erklärt Matthias Rothmund, Chef der Gefäßchirurgie und Medizin-Dekan der Universität Marburg: »Das Großexperiment Fusion und Privatisierung zweier Universitätsklinika ist misslungen. Land und Rhön Klinikum AG sind aufgefordert, diese Wahrheit zu erkennen und zu reagieren.« [4]   Die Versorgung der Patienten in Mittelhessen dürfe nicht durch weiteren Personalabbau und Einsparungen in Gefahr geraten, weil die Privatisierung der Uniklinika Gießen und Marburg bisher zu wenig Rendite für die Rhön-Aktionäre erbracht habe.

    Drei Nachrichten über den Zustand der Medizin – alle drei sind innerhalb von nur einer Woche im April 2012 im offiziellen Standesorgan der Ärzteschaft und dem inoffiziellen Organ des konservativen Bürgertums erschienen – lassen erahnen, wie schlecht es um die Medizin in Deutschland steht. Zwar gibt es Patienten, die mit ihrem Arzt zufrieden sind und ihn loben. Doch die Wut auf die Medizin ist groß. Und fast alle sind wütend: niedergelassene Ärzte, die um die Existenz ihrer Praxis fürchten; Patienten, die beim Arzt zu schnell abgefertigt werden; Klinikärzte, die nicht mehr wissen, wie sie vor lauter Sparzwang gute Medizin machen sollen. Trotzdem sprechen Politiker, wenn Kritik am Gesundheitswesen aufkommt, nur davon, dass sie Details der Gesundheitsreform »nachjustieren« müssen. Doch wer meint, mit ein paar kleinen Veränderungen sei es getan, irrt sich.
    Der Fehler liegt im System.
    Im Gesundheitswesen sollte es in erster Linie um die Patienten gehen. Hinter beschönigenden Begriffen wie Gesundheitsreform oder Gesundheitsfonds verbirgt sich hingegen ein bürokratisches Ungetüm, das die Bezahlung der Ärzte und die Verteilung der Kassenbeiträge verkompliziert und kaum die Patienten im Blick hat. Ein Konzept, das sinnvolle Medizin fördert, ist nicht zu erkennen. Die aktuelle Form der Honorierung bietet Ärzten erst recht keine Anreize für eine Heilkunde, die den Kranken zugutekommt.
    Wird beispielsweise eine Kassenpatientin mit Brustkrebs behandelt, muss der Frauenarzt viel Idealismus und wenig betriebswirtschaftliches Kalkül mitbringen, wenn er gute Medizin betreiben will. Zur Betreuung gehört es, Ängste und Erwartungen zu besprechen, die Abfolge der Chemotherapie zu erläutern und Perspektiven für den oft günstigen Krankheitsverlauf zu eröffnen. Hinzu kommt die medizinische wie die psychologische Begleitung während der Behandlung. Pro Quartal bekommt ein Frauenarzt – je nach Bundesland – pauschal zwischen 15 und 35 Euro dafür. Dass sie für diese zeitintensive und menschlich anspruchsvolle Tätigkeit schlechter bezahlt werden als eine Tankstelle für einen Reifenwechsel, verbittert viele Ärzte zu Recht.
    Die Patienten haben unter dem falschen Honorarsystem ebenfalls zu leiden. Wenn ein Mensch mit Schwindel zum Arzt kommt, müssten Herz, Hirn, Ohren und Psyche angeschaut werden. Das ist aufwendig. Der Hausarzt begnügt sich womöglich mit einem EKG, der Neurologe mit den Hirnströmen, das irritierte Seelenleben – die häufigste Ursache für Schwindel – kommt in
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