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Unirdische Visionen

Unirdische Visionen

Titel: Unirdische Visionen
Autoren: Groff Conklin
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schicken sie einen Kassierer, der von zwei Leuten bewacht wird. Er kommt immer um elf Uhr. Niemals früher als zehn Minuten vor elf und auch nie später als zehn nach elf.«
    »Sie kennen den Kassierer vom Sehen?«
    »Es sind zwei, Mr. Swain und Mr. Letheren. Beide holen das Geld ab. Sie lösen sich von Zeit zu Zeit ab, oder wenn einer zu beschäftigt ist oder krank oder auf Urlaub. Beide kenne ich seit Jahren gut.«
    »Gut, fahren Sie fort.«
    »Wenn der Kassierer kommt, hat er eine verschlossene Ledertasche dabei und den Schlüssel in der Tasche. Er schließt die Tasche auf und reicht sie mir hinüber. Ich schichte die Geldbündel ein, so daß er mitzählen kann, und gebe sie mit der Empfangsbestätigung zurück. Er verschließt die Tasche, steckt den Schlüssel zu sich, unterzeichnet die Quittung und verläßt die Bank. Ich hefte die Quittung ab und fertig.«
    »Kommt mir ein bißchen unvorsichtig vor, demselben Burschen Tasche und Schlüssel anzuvertrauen«, warf Rider ein.
    »Dem sind wir nachgegangen«, sagte Chief Harrison. »Eine der Begleitpersonen hat den Schlüssel und gibt ihn vor der Bank dem Kassierer. Danach nimmt er ihn wieder an sich.«
    Ashcroft befeuchtete sich die Lippen. »Letzten Freitag hatten wir zwölftausendeinhundertzweiundachtzig Dollar für die Dakin Gesellschaft vorbereitet. Mr. Letheren kam mit der Tasche in die Bank. Es war genau halb elf.«
    »Wieso wissen Sie das so genau«, erkundigte sich Rider scharf. »Haben Sie auf die Uhr geschaut? Was veranlaßte Sie, auf die Uhr zu schauen?«
    »Ich blickte auf die Uhr, weil ich überrascht war, daß er so früh kam.«
    »Und es war halb elf? Sie sind sich absolut sicher?«
    »Absolut. Mr. Letheren kam an den Schalter und gab mir die Tasche. Ich begrüßte ihn, machte eine nichtssagende Bemerkung, daß er so früh dran sei …«
    »Was hat er geantwortet?«
    »Ich kann mich nicht genau erinnern. Irgendeinen Gemeinplatz, daß es besser sei, zu früh als zu spät.«
    »Was passierte dann?«
    »Ich schob ihm die Ledertasche hin und die Quittung. Er schloß die Tasche ab, unterschrieb die Quittung und ging zur Tür.«
    »Ist das alles?«
    Chief Harrison nickte Ashcroft auffordernd zu. »Erzählen Sie Mr. Rider den Rest!«
    »Fünf vor elf erschien Mr. Letheren zum zweitenmal, stellte die Tasche auf den Schaltertisch und schaute mich erwartungsvoll an. ›Irgendwas nicht in Ordnung, Mr. Letheren?‹ fragte ich. Er antwortete: ›Nicht, daß ich wüßte. Wieso?‹ «
    Ashcroft hielt inne und fuhr sich mit der Hand über die Stirn. »Ich sagte ihm, daß ich das Geld dreimal abgezählt und mich bestimmt nicht geirrt hätte. Er wurde etwas ungeduldig. ›Meinetwegen zählen Sie es fünfzigmal, nur machen Sie jetzt voran und geben Sie mir das Geld.‹ «
    »Da wurde es Ihnen weich in den Knien, eh«, vermutete Rider und lachte grimmig.
    »Ich war fassungslos. Zuerst dachte ich, es wäre ein Scherz, obwohl Letheren nicht der Typ dazu ist. Ich versuchte, ihm klarzumachen, daß ich ihm das Geld vor einer halben Stunde schon gegeben hätte. Er fragte mich, ob ich noch bei Troste sei. So holte ich Jackson, den zweiten Kassierer, und der bestätigte meine Aussage. Er hatte gesehen, wie ich das Geld in die Tasche stopfte.«
    »Hat er auch gesehen, wie Letheren die Tasche in Empfang nahm?«
    »Ja, Sir, und er hat es auch gesagt.«
    »Was war Letherens Reaktion darauf?«
    »Er wollte den Direktor sprechen. Ich führte ihn in Mr. Olsen’s Büro. Mr. Olsen ließ mich die Quittung holen. Ich suchte sie heraus und da entdeckte ich, daß sie nicht unterzeichnet war.«
    »Sie trug keine Unterschrift?«
    »Ja. Dabei habe ich ihn selbst unterschreiben sehen.«
    Ashcroft saß gebrochen auf seinem Stuhl und nahm dann einen neuen Anlauf. »Mr. Letheren bestand darauf, daß Mr. Olsen aufhörte, mich auszufragen und die Polizei anrief. Ich wurde im Büro festgehalten, bis Mr. Harrison kam.«
    Rider überlegte einen Augenblick und fragte dann: »War Letheren beide Male von denselben Wachen begleitet?«
    »Ich weiß nicht. Ich habe weder beim ersten noch beim zweiten Mal etwas von der Wache gesehen.«
    »Sie nehmen an, er kam allein?«
    »Sie zeigen sich nicht immer den Angestellten der Bank«, bemerkte Harrison. »Die Wachen verändern jedesmal absichtlich ihre Route, so daß niemand ihren Weg voraussagen kann. Manchmal begleiten sie den Kassierer zum Schalter. Manchmal warten sie vor dem Haupteingang und beobachten die Straße, oder einer wartet im Wagen, während der
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