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Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)

Titel: Unser Wohlstand und seine Feinde (German Edition)
Autoren: Gabor Steingart
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Vorwort
    Dieses Buch verdankt seine Entstehung dem Zustand der Verwirrung. Es ist die Verwirrung eines Autors, der entgegen den Gesetzmäßigkeiten seiner Zunft darauf keinerlei Exklusivitätsansprüche erhebt. Vielmehr fühlt er sich in bester Gesellschaft. Nach den vielfältigen Krisen von Banken, Währungen und Staaten sehen viele das Wohlstandsversprechen unseres Wirtschaftssystem in Frage gestellt.
    Wird es unseren Kindern wirklich besser gehen können als uns heute? Überlebt der nach dem Krieg errichtete Sozialstaat die permanent gegen ihn gerichteten Angriffswellen, auch die seiner ihn überfordernden Freude? Kann die Krisenbekämpfungspolitik in Südeuropa den großen Knall verhindern? Und dann die wohl düsterste aller Fragen: Ist unser Modell von Demokratie und marktwirtschaftlicher Ordnung noch zukunftsfähig?
    Dieses Buch versucht, Antworten zu geben. Wobei jene Leserinnen und Leser gewarnt seien, die sich an den Spielarten eines ökonomischen Fatalismus erfreuen oder der Sehnsucht nach Apokalypse verfallen sind. Sie werden hier nicht auf ihre Kosten kommen. Es geht in » Unser Wohlstand und seine Feinde « um Realismus, nicht um Pessimismus. Wir wollen die bedrohlichen wirtschaftlichen Zustände nicht an ihr Ende, sondern zum Anfang zurückdenken. Vor dem geneigten Leser liegt ein Beitrag zur wirtschaftlichen Evolutionsgeschichte der Welt, die erzählt und erklärt, wie wir dahin kamen, wo wir heute stehen.
    Ohne diese historische Ortsbestimmung driftet die so leidenschaftlich geführte Debatte über die Zukunft unseres Wirtschaftssystems, das viele fälschlicherweise » kapitalistisch « nennen, ins Zufällige ab. Denn die Grundverwirrung rührt ja gerade daher, dass beide an unseren Universitäten vertriebenen Navigationssysteme, das sozialistische wie das liberale, zur Positionsbestimmung nicht mehr taugen. Die ihren Betriebssystemen zugrunde gelegten Algorithmen wurden von der Wirklichkeit widerlegt.
    Das kapitalistische System fuhr nicht wie von Karl Marx geweissagt in die Hölle der Verelendung. Es gibt keinen tendenziellen Fall der Profitrate, so wenig wie der Unternehmer die ihm zugewiesene Rolle als » Totengräber « des Systems übernahm.
    Adam Smith, dem geistigen Gegenspieler, ist es in der rauen Wirklichkeit nicht besser ergangen. Der Glaube an die » unsichtbaren Hände « , die unser Wirtschaftssystem einer natürlichen Balance zuführen würden, erwies sich als irrig. Nur die eiserne Hand des Staates konnte die Welt nach der Implosion des von deutschen Aussiedlern gegründeten Bankhauses Lehman Brothers vor Massenarbeitslosigkeit, Armut und politischem Radikalismus retten. Die unsichtbaren Hände hätten uns beinahe erdrosselt. Man fragt sich heute, wie wir diesen Unfug, alles würde von selbst seiner natürlichen Ordnung zustreben, jemals glauben konnten. Wenn es denn ein Wesensmerkmal unserer Wirtschaftsordnung gibt, dann ist es ihre ständige Neigung zur Unordnung.
    Auch die neuzeitliche Volkswirtschaftslehre hilft uns nicht weiter. Sie betrachtet die Wirtschaft als eine große Maschine. Bildhaft wird sie gerne mit einer Lokomotive gleichgesetzt. Welche Lokomotive zieht die Weltwirtschaft? So lautet die Frage vor nahezu jedem G-20-Treffen der wichtigsten Staats- und Regierungschefs.
    Das Bild von der Lokomotive besagt: Die Wirtschaftsmaschine erbringt unter gleichbleibenden Bedingungen gleichbleibende Leistung. Wer sie mit mehr Energie, sprich Geld, befeuert, erhöht das Tempo.
    Das Beruhigende und Fatale an diesem Bild ist: Wenn das Umfeld sich verändert, arbeitet die Maschine gemäß ihrer Konstruktion und der in ihr angelegten Mechanik trotzdem weiter. Sie funktioniert. Im Zweifel verbraucht sie mehr Energie und ist weniger effektiv, aber, und darauf kommt es hier an, die Maschine bleibt eine Maschine. Kehrt das Umfeld wieder zum Normalzustand zurück, zum Beispiel nach einer Rezession oder einer Finanzkrise, stellen sich die alten Ergebnisse wieder ein. Die Wirtschaft laufe wieder rund, heißt es dann.
    Doch diese mechanistische Sichtweise, bei der die Leistungen der Maschine mit mathematischen Modellen vorhergesagt werden können, bildet das ökonomische Geschehen nur unvollständig ab. In seiner Starrheit erinnert das Konzept » Wirtschaft = Maschine « an den frühen Glauben, alle Pflanzen und Tiere seien mit einem Donnerschlag, von der Kirche »Schöpfungsakt« genannt, entstanden. Erst Charles Darwin konnte mit seiner Theorie von der Evolution, bei der sich jede künftige
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