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Undines Rache

Undines Rache

Titel: Undines Rache
Autoren: Jason Dark
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das, wofür wir leben. Es ist ein wunderbares Geschenk der Natur, das nur die fast Reinen erhalten, denn noch sind wir nicht soweit. Aber es wird nicht mehr lange dauern, bis wir unser Glück gefunden haben, Mister Sinclair!«
    Daß er meinen Namen kannte, gefiel mir gar nicht. Dadurch hatte er zu erkennen gegeben, daß zumindest ich durchsucht worden war. Gemerkt hatte ich es nicht. Wahrscheinlich war es durch geschickte Hände bei der Fesselung geschehen. Ich blieb trotzdem gelassen, als ich sagte:
    »Wenn Sie meinen Namen schon kennen, dann hätte ich gerne auch Ihren gewußt, Mister.«
    Er lächelte. Dann breitete er die Arme aus wie ein Jünger oder ein Engel, der irgend etwas beschützen wollte. »Was sind Namen? Wir haben sie vergessen. Sie sind Schall und Rauch. Für uns zählt einzig und allein die Natur und damit die absolute Reinheit. Alles andere haben wir abgestreift wie eine zweite Haut.«
    »Sie fühlen sich also göttergleich – oder?« Bill hatte nicht an sich halten können und seine Frage in einem sehr scharfen Tonfall gestellt. Als ich ihn anschaute, da sah ich, daß sein Gesicht hochrot angelaufen war. Der Zorn kochte in ihm.
    »Nein, nein, Mister Conolly. Sie irren, wir möchten es werden. Wenn wir es geworden sind, dann ist es auch Zeit an die Öffentlichkeit zu treten und von unseren Erfolgen zu berichten. Aber nicht vorher, wie Sie es hatten tun wollen, Sie kleiner Reporter.«
    Er war gut informiert. Bill preßte für einen Moment die Lippen zusammen.
    Der Blasse genoß es, Herrscher zu spielen. Seine Leute standen in der Nähe, auch sie ließen uns nicht aus den Augen. Irgendwo ähnelten sie sich, sie waren ebenfalls ziemlich bleich, und über all die Gesichter schien ein leicht grüner Schimmer zu laufen. Das konnte auch eine Einbildung meinerseits sein, doch es war in diesem Moment nicht wichtig, weil ich den letzten Gesprächsfaden wiederaufnahm.
    »Göttergleich«, wiederholte ich. »Ist das nicht etwas vermessen?«
    »Nein«, sagte er, »nein. Nicht für uns. Wir arbeiten daran. In sehr, sehr alter Zeit waren wir Menschen noch Götter. Aber viele von ihnen haben die Entwicklung vorausgeahnt und deshalb diesen Planeten verlassen. Zurück blieb ein großer Rest, der sich angeblich entwickelt hatte, aber letztendlich nur degeneriert wurde. Das Ergebnis können Sie jeden Tag in den Zeitungen nachlesen, und wir haben einen Weg gefunden, um uns davon zu trennen.«
    »Das klingt zu phantastisch, um glaubhaft zu sein.«
    Er nickte. »Das glaube ich Ihnen sogar. Einfach deshalb, weil Ihr Gehirn leer ist. Einfach leer. Oder mit den Dingen gefüllt, die unsere Welt beherrschen. Und die sind so schlimm, daß es sich einfach nicht mehr lohnt, so weiterzuleben. Da ist der Tod schon eine gerechte Lösung für Sie.«
    Ich wollte es nicht glauben, aber er hatte soeben ein Todesurteil über uns gesprochen.
    Neben mir knirschte Bill mit den Zähnen. Er versuchte, an seinen Fesseln zu zerren, aber diese dünnen Hanfstricke saßen einfach zu stramm, als daß wir sie hätten loswerden können.
    Allmählich wurde es uns mulmig. Aber ich wollte trotzdem mehr wissen. Bevor sich der Anführer abwenden konnte, sprach ich ihn an. »Wenn Sie diesen göttergleichen Zustand erreichen können, müssen Sie doch etwas tun, nehme ich an.«
    »Ja, das ist richtig.«
    »Was tun Sie? Gibt es da einen Zusammenhang zwischen ihrem großen Ziel und dem gefangenen Wesen dort?«
    Er nickte. »Sie haben es erkannt.«
    »Mehr weiß ich nicht. Würden Sie mich aufklären?«
    »Nein«, sagte er leise und warfeinen nachdenklichen Blick auf den Käfig. Dahinter schimmerte das Wasser, das für uns jetzt zu einem Stück Freiheit geworden war.
    »Warum nicht?«
    »Sie brauchen es nicht zu wissen. Ich kann Ihnen aber sagen, daß diese Undinen eine wichtige Rolle spielen. Wir haben lange nach diesem Platz gesucht und ihn endlich gefunden. Hier ist der Ort, wo wir unsere Vollkommenheit erreichen werden.«
    »Um auf dieser Welt zu bleiben?«
    »Wie meinen Sie das?«
    »Könnte es nicht sein, daß Sie dann versuchen, in eine andere Welt zu gehen?«
    Mit dieser Frage hatte ich ihn überrascht oder auch erwischt. Etwas konsterniert schaute er auf mich nieder. »Eine andere Welt?« wiederholte er murmelnd. »Ich denke, das sollten Sie mir erklären.«
    Ich gestattete mir ein Lächeln. »Klar, ich will es versuchen. Sie sind mit dieser Welt unzufrieden, wie Sie selbst zugaben. Sie haben sich damit beschäftigt, nach anderen Möglichkeiten zu
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