Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undines Rache

Undines Rache

Titel: Undines Rache
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
abstützte. Ich duckte mich noch tiefer und brachte auch mein Gesicht dicht an das Gitter. Wir schauten uns an.
    Ihre Augen waren klein, grün, sehr intensiv, womit ich nicht mal nur die Farbe meinte, sondern auch die Tiefe, in der ich mich verlieren konnte. Es war einfach wunderbar. Ich hatte das Gefühl, weit und auch tief nach Aibon hineinzuschauen, wobei sich dieses Land wie ein großer Teppich in den Augen ausbreitete.
    Ich konnte mich tatsächlich in den Augen dieses kleinen Wesens verlieren. Ich spürte eine Botschaft, die mich traf, aber sie war nicht so günstig. Irgend etwas störte wie ein plötzlicher Schmerz, und dann ließ mich das Wesen so hastig los, als wäre ich für es zu einem Fremdkörper geworden. Ich saß noch einen Moment unbeweglich, ohne an etwas zu denken. Meine Ahnungen und Gedanken schienen sich in einer nicht faß- und meßbaren Weite verloren zu haben.
    Erst als Bill mich anstieß, erwachte ich wieder aus diesem Traum und kehrte zurück in die Realität.
    Sein grinsendes Gesicht schaute mich an. »Die Kleine hat dich beeindruckt, wie?«
    »Ja, stark sogar.«
    »Und hast du etwas erfahren?«
    Ich hob die Schultern und atmete tief die frische Waldluft ein. »Nun, das ist schwer zu sagen. Ja und nein. Ich habe sie angeschaut. Ich konnte tatsächlich in ihre Augen sehen und hatte den Eindruck, so kitschig es sich auch anhören mag, daß sich mir Welten eröffneten, die mir allerdings nicht unbekannt waren.«
    Bill hatte mitgedacht. »Aibon?« fragte er nur.
    »So ist es.«
    »Aber das ist nicht alles gewesen – oder?«
    »Woher weißt du das?«
    »Ich sehe es dir an.«
    »Stimmt, Bill, es ist nicht alles gewesen. Es spürte auch eine Warnung, es war wie ein seelischer Schmerz. Anders kann es es nicht ausdrücken. Hier ist nicht nur das Paradies, hier können wir auch leicht in die Hölle gelangen.«
    Der Reporter gab mir recht. »Dann sollten wir das Wesen so rasch wie möglich befreien. Ich könnte mir vorstellen, daß irgend jemand erscheint, um nach der Beute zu schauen.«
    »Das denke ich auch.«
    Bill richtete sich auf. »Okay, schauen wir uns den Verschluß da vorn mal genauer an.«
    Ich hörte das Geräusch. Es paßte nicht her. Zwar war es nicht zu identifizieren, es hätte also auch harmlos sein können, das aber wollte ich nicht glauben.
    Und ich hatte recht.
    Etwas flog auf uns zu, das aussah wie ein flattriges Tuch mit vielen Löchern. Leider war es das nicht, sondern ein Netz. So weit gespannt und auch breit, daß es sich über unsere beiden Köpfe und auch Körper senkte. Unsere Bewegungen mußten lächerlich und grotesk wirken, als wir versuchten, uns zu befreien.
    Doch das Netz war stärker, und auch die Körper, die sich auf uns warfen und uns zu Boden drückten.
    Ich lag als erster auf dem Bauch. Bill versuchte sich noch zu wehren. Seine Faust schoß vor, aber sie traf kein Ziel mehr, sondern verfing sich in den Maschen.
    Er kassierte als Antwort einen Schlag in den Nacken. Jemand wirbelte ihn herum, und zugleich mit mir spürte er den kalten Druck einer Waffenmündung im Nacken.
    Wir hörten die Stimme. Sie klang leise, aber in ihr lauerte auch eine beinahe tödliche Schärfe. »Noch eine falsche Bewegung, und wir schießen euch das bißchen Gehirn aus dem Schädel…« Da gaben wir auf.
    ***
    Wir saßen nebeneinander auf dem Boden, dessen Feuchtigkeit allmählich durch die Kleidung in meinen Körper drang. Man hatte uns nicht nur gefesselt, sondern auch die Waffen abgenommen. Jedenfalls spürte ich bei mir den vertrauten Druck der Beretta nicht mehr. Bill war es bestimmt ebenso ergangen.
    Die Männer standen vor uns. Ich zählte sechs insgesamt. Ein halbes Dutzend Typen, die irgendwo gleich aussahen, denn in ihrer Kleidung unterschieden sie sich nicht. Auf den ersten Blick sahen sie aus wie Waldläufer, bis ich herausfand, daß es perfekte Tarnanzüge waren, bestehend aus einem fleckigen, grünbraunen Stoff. Fünf Männer und ihr Anführer, der deshalb zu erkennen war, weil eine Kette um seinen Hals hing. An ihrem Ende baumelte vor der Brust ein bestimmter Gegenstand, der mich zunächst an einen blaßblauen Diamanten erinnerte. Beim genaueren Hinsehen jedoch kam er mir vor wie ein dicker Wassertropfen. Ich erinnerte mich daran, daß dieses in der Nähe liegende Hotel von den Freunden des Wassers ausgebucht worden war. Das also mußten sie sein.
    Man hatte uns nicht bewußtlos geschlagen, sondern die Hände auf dem Rücken gefesselt, während wir mit den Waffen bedroht
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher