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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Lena Falkenhagen
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vor den Augen.
    Ich fand das Plastik wieder, stülpte mir die Maske auf Mund und Nase und aktivierte das Sauerstoffdepot, das sich in einem schmalen Zylinder befand.
    Als ich die klare, saubere Luft atmete, klammerte ich mich mit beiden Händen an das Gerät und lehnte mich an das sehr kalte, massive, bodenständige und reale Metall des Bohrfahrzeugs hinter mir. Doch es dauerte, bis ich meine Denkprozesse wieder in halbwegs geordnete Bahnen gelenkt hatte. Ich gab mich damit zufrieden, dass sie erst einmal keine Zickzack-Kurse mehr fuhren. Gemurmel drang an mein Ohr und verwandelte sich in Worte.
    Schließlich erkannte ich darin die Stimme meines Chefs.
    »… Statusmeldung!« Er musste auch die Warnung ausgesprochen haben, die durch Ericas Mund zu mir vorgedrungen war.
    »Alpha … Alpha One an Elephant«, murmelte ich mit dicker Zunge. »Status eingeschränkt, aber arbeitstauglich.
    Gebe jetzt… gebe dem Affen Zucker.« Den Codebegriff hatte sich mein Chef ausgedacht - manchmal hielt er sich für einen Witzbold.
    »Verstanden, Alpha One. Gut, deine Stimme zu hören. Elephant out.«
    Ich deaktivierte das Funkgerät und gab mir noch fünf Minuten, um den Sauerstoff wirken zu lassen. Dann blinzelte ich, um den Kopf klar zu bekommen, und verschaffte mir einen Überblick über meine Situation, angefangen mit meiner körperlichen Verfassung. Meine Knie und Handballen waren total aufgeschürft und würden sicher bald schmerzen. Nebenbei war ich von Kopf bis Fuß mit dunklem Staub bedeckt.
    Ich zog einen Injektor aus meiner Brusttasche, schüttelte ihn, setzte ihn an den Hals und drückte auf den Knopf, der die Substanz im Innern mit einer kleinen Nadel in meine Blutlaufbahn befördern würde. Ich brauchte einen halbwegs klaren Kopf. Das Xtreme würde die Schmerzen dämpfen, war aber extra auf mich abgestimmt, damit es mich weder aufputschte oder nervös machte. Haben Sie schon mal einen dieser Supra-soldier gesehen, wenn der richtig unter Strom steht? Oder den durchschnittlichen Tigerbeta, so vollgepumpt mit Drogen, dass er keine Schmerzen mehr fühlt und kaum Freund und Feind voneinander unterscheiden kann? So was ist in meinem Beruf nicht drin.
    Apropos - ich hatte eine Mine zu sprengen. Ich zog die streichholzgroße Stiftlampe vom Lauf meiner schweren Pistole und klemmte sie mir zwischen die Zähne, um das Licht besser unter Kontrolle zu haben. Dann packte ich den vorbereiteten Sprengsatz aus dem Rucksack. Er wirkte in meinen Händen warm und schien zu summen, und wenn ich mich darauf konzentrierte, wurde es stärker. Ich fühlte das Summen mehr, als dass ich es hörte, und zwang mich, regelmäßig zu atmen und an etwas anderes zu denken. Gänseblümchen sollen schön sein um diese Jahreszeit. Ich stellte mir die kleine Blüte vor, wie sie im Frühjahr im Wind zitterte, die Blätter innen weiß und zart, nach außen hin tief violett werdend, in der Mitte der gelbe Stempel…
    Das Summen ebbte wieder ab. Ich weiß, dass das Geräusch von niemandem außer mir zu hören ist, und das ist auch gut so. Auf diese Art hatte ich schon so manche Mikrosprengladung ohne Zünder detonieren lassen - manche sogar unabsichtlich, bis ich gelernt hatte, meine Gabe zu kontrollieren.
    Ich entspannte mich und sah mich um. Wenn ich mir die Abbaumaschine so ansah - sie wirkte wie eine Lokomotive mit Laufstegen, Förderbändern und Auffangbehältern -, dann war es kein Wunder, dass sie die Arbeit abgebrochen hatten. Bei der herrschenden Konzentration explosiver Gase würden ein Kurzschluss oder ein Funke von aufeinanderschabendem Metall ausreichen, um ein Schlagwetter auszulösen, das die Mine locker in den Orbit blasen könnte. Und genau dieses Phänomen wollte ich simulieren.
    Mein Sprengsatz war simpel: ein Zünder und eine kleine Menge FOX-18 entzündete Magnesium, das heiß genug brennen würde, um eine Kettenreaktion mit dem Xenan auszulösen. Ich wollte mich nicht darauf verlassen, dass die Dämpfe ausreichten, um sich durch ein paar Funken zu entzünden. Eine regelrechte Kettenreaktion würde die Dämpfe hier draußen entzünden, dann die in der Höhle. Das sollte ausreichen, um den See in ein hässliches Aerosol zu verwandeln, und die resultierende thermobarische Explosion würde den Leichnam des Wachmanns, das Bohrfahrzeug und die komplette Sohle des Bergwerks in Schlacke verwandeln.
    Mindestens. Jenseits einer Aerosolbombe kamen eigentlich nur noch Nuklearwaffen.
    Vorsichtig zog ich mich die metallene Stiege hinauf, um mir von dort
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