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Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Lena Falkenhagen
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kommen. Wo sind die Koordinaten des Ausstiegs?
    «, fragte ich.
    Zumindest dachte ich, dass ich das gefragt hätte.
    »Alpha One, hier Elephant. Anfrage unverständlich. Bitte wiederholen.«
    Ich wiederholte den Satz.
    »Alpha One, hast du getrunken? Habe nicht verstanden.«
    Ich riss mich zusammen und beschloss, die komplizierteren Worte wegzulassen. »Hol Mich. Raus.« Zur Hölle mit der Funkdisziplin.
    Es gab eine Pause. »Geh zehn Schritte nach Nord-Nordost.« Erleichtert entspannte ich mich. Der Chef würde den Überblick bewahren. Der Chef würde mich hier rausholen. Ich würde meinen Respirator mit dem intakten Sauerstoffdepot finden und aus diesem Grab herauskommen.
    »Nord-Nordost!«, wiederholte er. »Rechts!«
    Ich korrigierte meinen Kurs und tapste voran. Dann machte die Welt im Schein der SpotLite eine schwungvolle Vierteldrehung. Oder ich war gestürzt - was, wenn ich genauer darüber nachdachte, wahrscheinlicher war. Ich muss von den Gasen einen Blackout gehabt haben und zu Boden gefallen sein. Zumindest fand ich mich mit dem Gesicht auf dem Geröll des Hangs wieder und fühlte dumpfen Schmerz in Schulter und Wange. Neben mir lag die Frau mit der Matschbirne.
    Jetzt erinnerte ich mich. Ihr Name war Erica.
    Erica Brooks fläzte sich auf den groben Hang, als befände sie sich am Sandstrand von Kalahea Prime. Die Hände hinter dem Kopf verschränkt, den Körper demonstrativ in Pose geworfen, war sie ganz die Genießerin. Wenn ich genau hinsah, konnte ich sogar die Hitzewellen über ihre Haut streichen sehen.
    »Was machen Sie hier?«, fragte ich.
    »Ich warte«, antwortete sie mit einem sonnigen Lächeln.
    Aha, sie reagierte. »Warten? Worauf?«
    Sie drehte den Kopf nur ein bisschen. »Darauf, dass du stirbst, natürlich. Dummchen.«
    »Aha.« Etwas Schlaueres wollte mir dazu nicht einfallen. »Wie lange wird’s denn wohl noch dauern?«
    »Nicht mehr lange«, erwiderte sie schmunzelnd. »Hier auf dem Boden wird es sogar ein bisschen schneller gehen, weißt du.« Real oder nicht, Erica hatte Recht. Die Dämpfe waren schwerer als Luft. Das bedeutete, dass die Kohlenwasserstoffkonzentration hier unten auf dem Boden noch höher war, so dass dieses Drecks-Xenan mich noch schneller angreifen würde …
    Erica sonnte sich vor mir in einem unsichtbaren Licht. Aber wenn die Frau meinem Unterbewussten, Halbbewussten oder Sonst-wie-Bewussten entstammte, dann unterlag sie der Kontrolle meines Willens. Und wenn ich etwas besaß, was stärker war als der Nebel in meinem Hirn, dann war es mein Drang zu überleben. Während mein Verstand also Achterbahn fuhr, biss ich die Zähne zusammen und ballte die Fäuste. »Du. Bist. Nicht Real.«
    »Natürlich nicht, Dummerchen«, erwiderte sie, und ihre Lippen kräuselten sich zu einem Halblächeln. »Ändert das etwas?«
    Sie hatte nicht ganz Unrecht. Doch wenn sie bloß eine Projektion meines schlechten Gewissens war und das, was sie erzählte, Sinn ergab, dann musste da ein Bereich in meinem Kopf existieren, der noch klar denken konnte.
    »Geh weg!«
    Enttäuscht klimperte sie mit den Wimpern. Dann flüsterte sie: »Du musst den Respirator finden, Schnäuzelchen!«
    Merkwürdigerweise klang ihre Stimme dabei, als würde sie aus weiter Ferne zu mir sprechen. Dann war die Frau verschwunden, so schnell und lautlos, wie sie gekommen war.
    Der Triumph beflügelte mich. Benommen schob ich die SpotLite in den Gürtel, denn wenn ich das Licht verlor, würde ich hier nie wieder herausfinden. Sehen Sie? Ich konnte wieder halbwegs klare Gedanken fassen. Ich schob die Arme unter den Körper, stemmte mich hoch und zog die Knie nach, so dass ich auf allen vieren hockte. Dann begann ich, mich vorwärtszuschieben.
    Fragen Sie mich nicht, wie lange es dauerte, bis ich mit bunten Tönen vor den Augen und summenden Farben im Ohr den oberen Rand des Hangs zum Bohrkopf hinaufgeklettert war. Ich zog mich am Durchbruch schwankend auf die Füße, hechtete zum nächsten festen Objekt - dem Bohrkopf - und klammerte mich wie ein Kleinkind an ein Stück Metall, das nur dazu gemacht schien, mich daran festzuhalten. Ich verschnaufte ein paar Sekunden, doch ich durfte keine Zeit verlieren.
    Meine Blicke suchten den Boden ab, denn das Einzige, auf das ich meine Gedanken momentan noch fixieren konnte, war der Respirator, den ich hier oben zurückgelassen hatte. Ich sah das durchsichtige Plastik in ein paar Schritt Distanz liegen, sackte daneben in die Knie und griff danach. Mir tanzten schon schwarze Punkte
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