Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Undercover

Undercover

Titel: Undercover
Autoren: Lena Falkenhagen
Vom Netzwerk:
die einzigen Orientierungsmarken dafür, wo sich die Leute aufhielten.
    Doch ich wagte nicht, meine Multifunktionsbrille aus dem Rucksack zu holen, mit der ich die Positionen der Leute per Infrarotsicht hätte verfolgen können. Ein falsches Geräusch, und ich war entdeckt.
    »Wir finden uns auch so zurecht«, sagte der junge Mann ungehalten. Er hatte noch am ehesten nach einem aktiven Arbeiter ausgesehen und kannte sich hier unten offenbar am besten aus. »Nicht rauchen, nicht ohne Respirator atmen, nicht die Elektrik benutzen. Klar?«
    »Ja doch«, erwiderte der als Gruber angesprochene weinerlich.
    Ich fluchte stumm. Was machten die Leute ausgerechnet jetzt an meinem Bombenkrater in spe?
    »Schauen Sie, da vorne ist der Einstieg, Ratsvorsitzender Symes. Bitte seien Sie vorsichtig mit den Köpfen, meine Herrschaften, ja? Ach, und die Dame natürlich auch. Man kann sich leicht stoßen, und das wollen wir ja nicht, oder?«
    Ich atmete schon auf, denn der Großteil der Gruppe war bereits an meinem Versteck vorbei.
    Nicht so der Greis. Er verharrte neben dem Bohrfahrzeug und hielt den Jüngeren mit den dunklen Haaren, der das Licht gelöscht hatte, am Arm zurück. Dann deutete er auf die Stelle, an der ich eben noch den Sprengsatz installiert hatte. »Cross, schau mal, ist da eine Platte lose?« Der Stimme nach handelte es sich um den alten Mann, der sich eben nach der Sicherheit erkundigt hatte.
    Wieder fluchte ich stumm. Wenn sich jemand die Platte näher ansah, war die Chance hoch, dass er den Sprengsatz im Innern fand. Was sollte ich tun? Ich konnte die beiden hier schlecht ausschalten, ohne dass die anderen etwas davon mitbekamen - und dann würde ich ein Blutbad anrichten müssen, um alle Zeugen aus dem Weg zu schaffen.
    Ein Blutbad unter den Mitgliedern der Spitze der Gewerkschaft Pherostines, wenn ich das richtig verstanden hatte.
    Das war indiskutabel.
    Der Dunkelhaarige richtete den Strahl seiner SpotLite auf das Gestänge. Ich zog den Kopf ein.
    »Ich kann nichts erkennen, Symes.«
    »Da.« Der Alte wies auf die Stelle, an der ich eben hantiert hatte. »Hat da jemand die Elektrik nicht ordentlich abgedichtet?« Symes machte schon Anstalten, sich auf die Maschine zu ziehen und nachzuschauen, doch Cross hielt ihn zurück. »Lass mal, Symes, das mach ich später. Wir sollten den anderen folgen, sonst kaut Gruber ihnen noch ein Ohr ab.«
    Damit gingen sie in die Höhle, und ich atmete auf. Sie hatten den Sprengsatz nicht entdeckt, und ich spürte das warme Summen des Magnesiums immer noch. Es war geradezu begierig darauf, sich in einer hellen Stichflamme zu entzünden. Ich versuchte, es auszusperren und mich wieder auf das Gänseblümchen zu konzentrieren, doch mit all dem Adrenalin fiel es mir schwer. Ich brauchte mehr Abstand, doch ich konnte hier nicht weg. Verbissen bohrte ich mir die Fingernägel in die Handflächen.
    Kaum waren die beiden durch das Loch in die Höhle verschwunden, kroch ich aus meinem Versteck und eilte, so leise es in meinen Tussen-Schuhen denn eben ging, aus dem Stollen - nicht, ohne die daumengroßen Relais dabei wieder einzusammeln. Mit jedem Schritt wurde das Summen hinter mir leiser und erträglicher, bis es schließlich auf halber Strecke völlig verklang. Dann erst konnte ich mich wieder entspannen.
    Vor dem Stollen nahm ich den Respirator herunter und sog die frische Luft ein, während ich zusah, dass ich den Bereich verließ. Ich musste husten, denn die massive Schwerindustrie ohne Umweltstandards auf Pherostine sorgte dafür, dass »frisch« ein relativer Begriff war. Glücklicherweise waren die beiden Wachmänner noch nicht von ihrer Punkermission zurück - mein Plan war aufgegangen.
    Trotzdem war ich froh, aus dem Berg heraus zu sein. Die Sonne über Pherostine besaß einen wunderschönen Hof, als sie gen Horizont sank und den drei Monden Platz machte. Transportgleiter schnitten über den in Blau- und Rottönen glühenden Himmel. Dieser Teil des Planeten war von Tiefbau- und Metallverarbeitungsindustrie geprägt.
    Minenöffnungen, Abraumhalden, Essen, Förderbänder und Hochregalhorten durchzogen die Täler zwischen den flachen Hügelkämmen und verliehen ihnen von oben den Eindruck aufgerissener und nur grob getackelter Wunden.
    Alles um mich schien aus grobem, dunklem Stein zu bestehen. Nur ab und an krallten sich ein paar Grasbüschel oder flach wurzelnde Gestrüppe an einem kleinen Fleck Erde fest.
    Das Tal vor mir war voller Menschen. Die Arbeiter anderer Stollen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher