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Der Seelenjaeger

Der Seelenjaeger

Titel: Der Seelenjaeger
Autoren: Michael J. Unge
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Prolog
    Schlaff war ihr Körper, unruhig zuckten die Lider. Lange hatte sie standgehalten, doch nun wusste sie, dass sie im Kampf unterliegen würde. Sein dunkles Wesen war zu mächtig geworden. Sie musste sich ergeben, sich zurückziehen. Sie sparte ihre letzten Reserven und spielte ihm ein trügerisches Bild zu, suggerierte ihre Niederlage, zeigte ihm seinen Sieg. Der Düstere zog sich zurück, störte ihre Gedanken nicht weiter, überließ sie ihrem Schicksal.
    Die verbliebene Energie legte sie in den Traum, den sie vor langer Zeit gewoben hatte. Der erste Versuch war fehlgeschlagen, was sie noch weiter schwächte. Etwas versperrte den Weg zu der Person, sodass sie nicht tief genug vordringen konnte, das Unterbewusstsein nicht zu greifen und beeinflussen vermochte.
    Mit letztem Aufbäumen glückte es ihr bei dem anderen Körper. Sie bekam den nötigen Zugang. Es war ihre letzte Möglichkeit, um alles in die richtigen Bahnen zu lenken. Abgeschirmt vor den Blicken des Düsteren, in Nebel gewandet, griff sie zu, bohrte sich hinein, entsandte das Gespinst. Schickte den Hilferuf hinaus, betete, dass er richtig gedeutet werden möge.
    Sie ließ Dunst die Sicht der beiden Männer verschleiern. Blind glitt der Retter, in den sie ihre verbliebene Hoffnung legte, in einer wabernden Wolke aus dichtem Nebel dahin. Sie teilte ihm mit, dass er sich unaufhaltsam auf sein Ziel zu bewegte, doch was sein Ziel war, das durfte sie ihm noch nicht zeigen. Das Meer konnte er riechen, hörte das donnernde Wasser unter sich wogen. Salziger Nebel überzog seinen Körper mit einer feuchten, doch erfrischenden Schicht aus feinem Nass. Wo er war, fragte er sich. Es war zu früh, um ihn einzuweihen, zu früh, um zu offenbaren, was seine Aufgabe war. Der Düstere würde es merken. Sie musste den Traum aufrechterhalten.
    Während er noch immer über den Wellen dahin glitt, fragte er sich, ob er auf einem Schiff sei. Nein, folgerte er richtig, da keine Planken unter seinen Füßen zuspüren waren. Er fühlte gar nichts unter sich. Er schwebte.
    Etwas wollte sie verdrängen. Sein logisches Denken setzte ein, doch sie zwang es in die Knie. Er sollte nur sehen, empfinden und erleben. Wenn er zu denken beginnen würde, könnte er erwachen und alles wäre verloren!
    Gefangen in dem grell weißen Nebel war kein Platz für Logik, stellte er fest. Es zählte nur das hier und jetzt. Er ergab sich seinem Schicksal, eingehüllt in der Wand aus salzigem Dunst. Immer schneller bewegte sich sein Körper, raste auf das Ziel zu. Erbarmungslos peitschte ihm die Gischt ins Gesicht. Es musste sein, denn der andere durfte keine Bilder empfangen, durfte ihre verborgenen Schritte nicht bemerken. Das Atmen fiel dem Retter, mit jedem Augenblick, der verging, schwerer. Als er die Lippen öffnete, um seinen Körper mit Sauerstoff zu versorgen, zog er kühlen salzigen Nebel in sich hinein, der seine Mundhöhle trocken legte. Panik begann, in ihm aufzusteigen.
    Er würde nicht sterben, doch sie musste es bis an die Grenze treiben. Nur dann konnte er all dem entfliehen. Nur dann würde sie den Schleier entfernen können.
    Luft, er brauchte dringend Luft!, dachte er ängstlich.
    Er musste helfen, suggeriert sie ihm. Nicht er war das Opfer, er war der Retter in der Not. Doch wie sollte er retten, wenn er schon bald nicht mehr atmete? Wie, wenn er seinen Körper nicht mehr mit dem nötigen Sauerstoff am Leben erhalten könnte?, fragte er sich.
    Sie verbannte den Gedanken aus seinem Geist. Für Logik ist kein Platz, stellte er erneut fest.
    Immer schneller bewegte er sich durch Zeit und Raum. Langsam begannen ihm, die Sinne zu schwinden. Das Atmen hatte er eingestellt, um nicht zu ertrinken. Das Band zwischen ihnen flackerte und drohte zu reißen. Das war der Moment, auf den sie gewartet hatte. Sie entspannte sich, brauchte keine Tarnung mehr. Er war zu weit entfernt, als dass der Düstere ihn noch hätte greifen könnte.
    Der Nebel riss auf und katapultierte ihn in eine Szene, wie sie herrlicher nicht sein könnte. Gierig zog er Luft in seine brennende Lunge und genoss das wunderbar wärmende Gefühl der Sonnenstrahlen auf der Haut. Noch immer weilte er über dem Meer, die Wellen peitschten unter den Füßen dahin.
    Er wundert sich darüber, dass er über Wasser gehen konnte, doch schnell stellte er fest, dass er schwebte. Er flog!
    Vor sich erkannte er die Steilküste, auf die er sich, in rasanter Geschwindigkeit, zubewegte. Wie ein Pfeil schoss er durch die Luft und näherte
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