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Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall

Titel: Und verfuehre uns nicht zum Boesen - Commissaris van Leeuwens zweiter Fall
Autoren: Claus Cornelius Fischer
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und sein Gesicht verriet, dass er weder dem hellen Morgenlicht noch der frühen Stunde besonders viel abgewinnen konnte. Er schüttelte dem Commissaris die Hand und fragte: »Wie schaffen Sie es bloß, immer vor mir am Tatort zu sein, Mijnheer van Leeuwen?«
    »Ich habe einen leichten Schlaf«, sagte Van Leeuwen. Das war nur die halbe Wahrheit; manchmal schlief er gar nicht, sondern fuhr die ganze Nacht in der Stadt herum. Er fuhr herum und hörte den Polizeifunk, und wenn jemand tot aufgefunden worden war, wusste er, wo er hinmusste.
    »Das fällt doch gar nicht in Ihre Zuständigkeit hier«, sagte der Pathologe.
    Der Commissaris schob die Hände in die Taschen seines Trenchcoats. »Ich bin überall zuständig, wo ein Mord begangen worden ist.«
    Der Pathologe blickte zu der Luke hinüber, zu der die Blutspuren führten. Dann seufzte er und wirkte einen Moment lang traurig und verwundbar. Er stellte seine Tasche neben der Luke ab, zwängte sich durch die Öffnung und kletterte bis zur Hüfte hinunter, ehe er wieder nach der Tasche griff und sie sich auf die Schulter hob, um anschließend ganz zu verschwinden.
    »Wie heißen Sie?«, fragte der Commissaris den Hoofdagent vom Wijkteam Klimopweg.
    »Pieter Jansen, Mijnheer.«
    »Gut, Hoofdagent Jansen, wenn Sie mit diesem Boot und seinem Besitzer fertig sind, befragen Sie die Leute auf den anderen Booten und auch alle, die in den Firmen hier in der Nähe arbeiten. Ich will wissen, ob jemand das Opfer kennt oder hier schon einmal gesehen hat. Der Hautfarbe nach handelt es sich um einen Inder oder Pakistani, und er trägt einen Armreif aus Stahl am rechten Handgelenk. Einen Kara , er ist das Zeichen der Sikhs. Alle Sikhs heißen mit Nachnamen Singh. Er war jung, vermutlich noch keine dreißig. Irgendjemandem muss er aufgefallen sein. Erkundigen Sie sich, mit wem er zusammengekommen ist, und falls er mit jemandem gesehen worden ist, lassen Sie sich eine genaue Beschreibung geben. Sobald wir den exakten Zeitpunkt des Todes kennen, kreisen wir die Tatzeit genauer ein, und dann fragen Sie die Leute danach, was sie zu dieser bestimmten Zeit gesehen oder gehört haben.«
    Der Einsatzleiter der Spurensicherung trat auf den Commissaris zu. »Wir haben die Tatwaffe nicht gefunden«, sagte er, »jedenfalls nicht hier an Bord. Wollen Sie, dass wir den Sicherungsradius ausweiten?«
    »Ja. Fordern Sie noch ein paar Leute an. Das Opfer hat ungewöhnlich viele Wunden, und soweit ich sehen konnte, sind die Schnitte klein und nicht sehr tief, fast wie von einer Rasierklinge oder einem Obstmesser. Wenn das stimmt und es sich nicht umeine klassische Mordwaffe handelt, hat der Täter sie wahrscheinlich weggeworfen, vielleicht sogar hier in der Nähe. Es könnte sein, dass er gar nicht die Absicht hatte, das Opfer zu töten, sondern spontan handelte. Dass er dazu getrieben wurde und deshalb den erstbesten Gegenstand benutzte, der in seiner Reichweite war oder den er zufällig bei sich trug. Wann kommt in dieser Gegend die Müllabfuhr, Hoofdagent Jansen?«
    »Morgen.«
    Van Leeuwen sagte: »Die Mülltonnen dürften demnach überquellen, aber das lässt sich nicht ändern. Kippen Sie den Inhalt aus, und suchen Sie nach Gegenständen, die Wunden verursachen können, die nicht allzu tief gehen, egal, ob es wie eine Waffe aussieht. Außerdem brauche ich eine genaue Untersuchung von allem, woran Blut klebt, auch wenn es nur ein Papiertaschentuch ist. Danach suchen Sie den ganzen Weg ab – nach beiden Seiten – und, wenn die Besitzer es erlauben, auch die anderen Boote längs des Kanals und das Gelände der Raffinerie davor. Fragen Sie den Sicherheitsdienst der Raffinerie, ob deren Überwachungskameras etwas aufgezeichnet haben. Auf dem Weg hierher bin ich an einem Schrebergartenareal vorbeigekommen, das könnte eine Goldgrube sein.«
    »Vielleicht ist er durch den Vliegenbos geflohen«, warf Jansen ein. »Der Wald ist –«
    Van Leeuwen nickte. »Der Wald, genau, vergessen wir diesen herrlichen Wald nicht. Außerdem will ich Taucher, die sich auf dem Grund des Kanals umsehen, und vor allem brauche ich die Fingerabdrücke des Toten so schnell wie möglich.«
    Der Himmel war jetzt schon sehr hoch und von strahlendem Juliblau. Elegant stiegen Möwen mit weißem Flügelschlag aus dem Dunst über dem Wasser. Die Bäume des Vliegenbos leuchteten in flirrendem Grün.
    Hinter dem Commissaris kletterte der Gerichtsmediziner aus der Luke. Einen Moment lang blieb er reglos stehen, dann schob er den
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