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Und ploetzlich bist du jemand anders

Und ploetzlich bist du jemand anders

Titel: Und ploetzlich bist du jemand anders
Autoren: Christian Tielmann
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los.

5.
    „Ich hab’s!“
    „Was?“
    „Das Mikro. Sogar mit Stativ. Dazu noch einen Mixer und eine Monitorbox. Ist alles altes Zeug, funktioniert aber noch. Und wir haben einen absoluten Top-Preis.“
    „Cool!“
    Montag. Zweite Pause.
    Dave und Paul sind beeindruckt.
    Lea winkt rüber zu Sten.
    Sten winkt zurück.
    „Halli-hallo, sind da etwa Flugzeuge im Bauch?“, frotzelt Dave direkt.
    „Klappe. Ihr könnt mir helfen, das Zeug zu schleppen. Gleich nach der Schule holen wir alles bei Lea ab. Ihr Vater verkauft mir das.“
    „Achtung, Achtung, da kommt seine Heiligkeit, der Wahrheitssucher!“, sagt Dave.
    Theo schlendert auf sie zu. Er trägt ein Lächeln auf dem Gesicht.
    „Kann ich dich kurz sprechen, Sten?“, fragt er.
    „Klar!“ Sten schöpft Hoffnung.
    Vielleicht kommt Theo doch wieder zurück in die Band. Zurück zu Sten. Zurück in die richtige Welt und das echte Leben. Oder jedenfalls das, was Sten für das echte Leben hält.
    Vielleicht hat Theo kapiert, dass es ein Riesenfehler war, die ganze Ausrüstung zu verscherbeln.

    „Kannst du mir Geld leihen?“, platzt Theo direkt raus, als sie über den Schulhof schlendern.
    „Was?“ Sten steht da. Fassungslos. Von wegen Besinnung. Theo braucht Geld. Von ihm? Wer hat denn die Eltern mit der Kohle?
    Theo sieht verlegen auf den Boden. „Das ist mir echt unangenehm. Ich geb’s dir auch zurück. Aber ich brauch dringend fünfzig Euro.“
    „Wofür?“, fragt Sten.
    Warum fragt er das?
    Er kennt die Antwort doch längst selbst.
    Theo sieht ihn an. Irgendwie verzweifelt. „Ich hab da echt ein paar Probleme, glaub ich.“
    „Das glaub ich auch“, sagt Sten. „Du brauchst vielleicht wirklich Hilfe.“
    „Ja, eben! Und die hol ich mir gerade im Haus der Erkenntnis. Dafür muss ich einfach noch ein Wochenende zur Besinnung kommen. Ich bin kein besonders schwieriger Fall. Diese Meditationskurse, die bringen mir wirklich total viel. Und wir kriegen das schon hin. Sagt auch der Meister.“
    „Du spinnst!“, sagt Sten.
    Theos Gesicht versteinert. „Willst du es nicht verstehen? Ich bitte dich als Freund um Hilfe.“
    „Du hast mich nicht um Hilfe gebeten. Du hast nur nach Geld gefragt.“ Sten holt den Fünfziger aus seinem Portmonee. Hält ihn Theo unter die Nase: „Das ist mein letztes Geld. Und das gebe ich garantiert nicht dir, damit du die Wand anstarrst, bis sich dein Gehirn aufgelöst hat! Davon kauf ich Mikros. Für die Band!“
    Theo streicht die Haare zurück. Er lehnt sich an der Schulhofmauer an. „Bis jetzt habe ich immer noch gedacht, dass du zu mir hältst. Und ich habe euch mein Schlagzeug im Probenraum gelassen. Aber wenn ihr mir nicht entgegenkommen wollt – dann verkaufe ich es eben.“
    „Mensch Theo, wann hörst du endlich auf? Komm aus dieser bescheuerten Gruppe raus! Das ist doch alles Schwachsinn!“, fährt Sten ihn an.
    Theo nickt wissend. „Für mich nicht. Wir sind es gewohnt, dass wir nicht verstanden werden. Ich suche meinen Weg. Und ich gehe meinen Weg. Mag sein, dass er für dich nicht passt! Mag sein, dass du ihn nicht verstehst. Es gehört eben schon ein bisschen Grips dazu.“
    Messerstiche. Jedes Wort von Theo tut weh.
    Wo ist ihre Freundschaft geblieben?
    Wo ist der Kumpel? Wo ist sein Theo von früher? Wo ist der Fußballer, der Schlagzeuger, der Kinogänger? Wo ist der Theo, mit dem Sten drei Filme hintereinander gucken konnte?
    Für einen Augenblick blitzt ein schrecklicher Gedanke in Stens Gehirn auf. Was, wenn es diesen Theo einfach nicht mehr gibt? Wenn das ein für alle Mal vorbei ist? Genau so wie Theo es die ganze Zeit sagt?
    Es klingelt.
    Sten lässt Theo stehen. Läuft vor zur Turnhalle.
    Zum Glück haben sie jetzt Sport. Da kann er sich abreagieren.

    „Nee. Das ist jetzt nicht wahr!“
    Sten starrt in das leere Portmonee.
    Das kann doch gar nicht sein.
    Der Fünfziger ist weg.
    Theo ist auch weg.
    Dave und Paul schütteln den Kopf.
    „Jetzt reicht’s aber!“
    Sten nickt. Es reicht. Es reicht ganz entschieden.
    Behind the darkness hat seinen Drummer verloren. Sten verliert seinen besten Freund. Aber beklauen lassen will er sich nicht von Theo.
    Nach der Sportstunde stehen die drei vor der Turnhalle.
    Sten, Dave und Paul wollen eigentlich direkt zu Lea, um den Kram von ihrem Vater zu holen. Und jetzt ist das Portmonee von Sten leer.
    Warum hat er nur so albern mit dem Fünfziger vor Theos Nase rumgewedelt?
    „Wo ist Theo?“, fragt Paul.
    Dave und Sten sehen sich an.
    Das ist doch wohl
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