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Und ploetzlich bist du jemand anders

Und ploetzlich bist du jemand anders

Titel: Und ploetzlich bist du jemand anders
Autoren: Christian Tielmann
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Wahrheit abzielt, dann ist gegen Musik nichts zu sagen.“
    „Dann sollten wir die Band umbenennen in The Truth !“, sagt Dave.
    Die halbe Klasse lacht.
    Die andere Hälfte hat vergessen, was Wahrheit auf Englisch heißt und sowieso nicht zugehört.
    „Kommen wir wieder zu …“
    Aber Theo ist noch nicht fertig. „Rockmusik kannst du im Grunde vergessen, Dave. Die geht am Wesentlichen vorbei. Rock ist nur oberflächliche Ablenkung von den wahren Fragen.“
    „Scheiße!“, schreit Dave. „Du redest komplette Scheiße, Theo!“
    Und auch Vanessa schaltet sich wieder ein: „Und warum trommelst du dann in einer Rockband?“
    Jetzt sind auch die Schlafmützen wieder wach.
    Alle Augen richten sich auf Theo. Der sitzt da. Kerzengerade. Lächelt aus dem Fenster. Er sieht nicht zu Sten. Er sieht nicht zu Dave und Paul. Er lächelt arrogant.
    Und dann sagt er: „Ich spiele in keiner Rockband.“
    Schweigen.
    Stens Mund ist plötzlich trocken.
    Was?
    Wie bitte?
    Das muss er falsch verstanden haben. Er starrt Theo an. Der sitzt hier neben ihm und tut gerade kund, dass er …
    Es klingelt.
    „Leute, das war jetzt irgendwie gar nicht mehr mein Thema. Also bitte: Lest die Seite mit dem Platon noch einmal und das nächste Mal beantworten wir dann meine Fragen!“ Der Fluffi wirkt müde.
    Theo klappt sein Buch zu. Steckt es in die Schultasche. Die Tasche, auf der mit schwarzem Stift gekritzelt steht: „Musicians only“ und „Rock ’n’ Roll will never die“.
    Sten bleibt einfach sitzen.
    Dave und Paul kommen sofort rüber zu ihrem Tisch.
    Es ist Montag. Und Theo steigt in der Ethikstunde aus der Band aus?
    Was ist das denn für eine Sauerei? Und überhaupt: Was soll dieses Gelaber von Wahrheit und Oberfläche? Was ist falsch am Kino oder an Vanessas Shopping-Touren? Was ist falsch an der Band? Es ist die Band!
    Theo will gehen.
    Aber Paul hält ihn an der Schulter fest.
    „Das musst du uns schon noch erklären“, sagt Dave. „Soll das heißen, dass du raus bist?“
    Theo nickt. „Sieht so aus.“
    „Bist du total bescheuert?“, platzt es aus Dave raus. „In zwei Wochen ist der Bandwettbewerb! Und du lässt uns jetzt hängen? Kannst du nicht wenigstens noch mittrommeln, ganz oberflächlich, und dich danach um die Wahrheit kümmern?“
    Theo schweigt. Er guckt auf den Tisch.
    Dann hebt er den Kopf. Entschlossen. „Nein.“
    Sten merkt, dass er fast heulen muss. Er schluckt die Tränen runter. „Ich kapier das nicht.“
    Theo zuckt mit den Schultern. „Was ist daran so schwer zu verstehen? Ich bin raus aus der Band. Davon geht sie nicht unter. Sucht euch einen anderen Trommler und fertig. Mich interessieren andere Sachen.“
    „Zum Beispiel?“, fragt Dave lauernd.
    „Wahrheit, Erkenntnis, so die Richtung.“
    „Einen Moment lang dachte ich, du sagst Mädchen“, sagt Paul und kichert. Er kichert allein.
    „Und wer sagt dir, was wahr ist?“
    Theo hebt entschuldigend die Augenbrauen.
    Das kann keiner so wie er. „Tja, das ist in der Tat schwer.“
    Wie der plötzlich redet, denkt Sten. So viel hat der im letzten halben Jahr zusammengenommen nicht geredet.
    „Dafür braucht man eben die Gelehrten.“
    „Ach so, logo, die Gelehrten“, sagt Dave mit seinem ironischen Ton. „Die sehr geehrten Gelehrten, die hatte ich glatt vergessen. Und die wissen, dass Behind the darkness Müll ist? Die wissen wohl alles, oder?“, fragt Dave.
    „Nein, natürlich nicht alles. Aber sie wissen mehr als ich. Und sie können mir Hinweise geben, wo mein Weg sein könnte. Was ist so schlimm daran, die Wahrheit zu suchen?“
    „Schlimm? Gar nichts ist schlimm daran“, sagt Dave.
    „Außer, dass du uns hängen lässt und Behind the darkness untergeht“, sagt Sten. Er hört, dass seine Stimme zittert. Wenn er jetzt weiterredet, dann muss er doch noch heulen. Er steht endlich auch von seinem Platz auf. Sie gehen aus dem Klassenzimmer.
    Ohne Schlagzeuger kommen sie nicht weit im Wettbewerb. Ohne Drummer geht kein Intro. Von dem langen Solo ganz zu schweigen. Und wer singt eigentlich, wenn Theo kein Mikro mehr vor der Nase hat?
    Aber Sten will nicht heulen. Die Band ist am Ende. Total am Ende.
    „Oh Mann, Theo“, faucht Dave. „Ich hätte nie gedacht, dass du so ein Idiot bist.“
    „Und ich hätte nie gedacht, dass du so verbohrt bist, Dave!“
    „Ich? Verbohrt?“, fährt Dave ihn an und bleibt stehen.
    Aber Theo läuft einfach weiter, die Treppe runter. Ohne sich noch mal umzudrehen.
    Sten, Dave und Paul sehen ihm
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