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Geheimcode F

Geheimcode F

Titel: Geheimcode F
Autoren: Ulrike Juergen u Swennen Klauss
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Mit atemberaubender Geschwindigkeit donnerte der Intercity am Zugfenster vorbei. Rica ließ die Videokamera von der Schulter gleiten. »So sollte man reisen, anstatt in diesem Bummelzug durch die Gegend zu zuckeln«, seufzte sie. »Mein Gott, ist das langweilig...« Kein Kommentar von den restlichen Familienmitgliedern, die wie alle Jahre wieder aus deutschen Landen unterwegs ans blaue Mittelmeer waren. Sie saßen matt herum und starrten Löcher in die verqualmte Zugluft. Wären sie mit dem Auto gefahren, hätten sie die Reise schon hinter sich. Würden sich längst im Sand wälzen und sich einen gehörigen Sonnenbrand anzüchten, wie jedes Jahr. Doch nein, diesmal war alles ganz anders gekommen. Nicht nur, daß sie nicht mit dem Auto unterwegs waren, nein, Tarzan war auch noch blasenkrank geworden. Deswegen saß die Familie Rußland jetzt in diesem vorsintflutlichen Zug, der den besonderen Vorteil hatte, an jedem Hühnerstall stehenzubleiben, was wiederum Tarzans Bedürfnissen sehr entgegenkam.
    Der Zug rollte gerade durch einen Bahnhof, der ihm an Alter um nichts nachstand. » Désir de la Provence« war auf einem staubigen Schild zu lesen. »Endstation Sehnsucht«, murmelte Rica und starrte in die eigentlich sehr hübsche Landschaft. Noch ein wenig Geduld, dann würden sie das Reiseziel erreicht haben: La Mer . Urlaub im Süden. Sonnenöl und Schwimmflossen. Rica gähnte. Dann griff sie wieder zur Kamera. »Los, Bruderherz! Einen Live-Kommentar zur spannendsten Urlaubsreise aller Zeiten.«
    Bruderherz knurrte ärgerlich. » Laß mich in Ruhe. Denk lieber an den armen Tarzan.«
    »Tarzan, immer wieder Tarzan, warum dreht sich alles immer um diesen verrückten Hund?« Rica war jetzt richtig wütend.
    »Ist jetzt endlich Schluß«, stöhnte Mutter Ruhland genervt. »Nun tu doch was, Frank!«
    Vaters Unterstützung ging im Getümmel unter wie so oft. Rica versuchte, sich an Gepäckstücken vorbei durch den schmalen Gang weiter nach vorne zu drängen.
    »Hier, halt mal die Kamera!« forderte sie ihren Bruder unfreundlich auf.
    Tobias machte keine Anstalten, seiner Schwester behilflich zu sein. Und was die Kamera betraf, so war es Ricas glorreiche Idee gewesen, die überallhin mitzuschleppen. Kurz entschlossen hängte Rica ihrem Bruder das Gerät um den Hals, setzte sich die Kopfhörer ihres Walkmans auf und entzog sich somit jeglicher weiteren Diskussion. Ein entspanntes Lächeln breitete sich über ihrem Gesicht aus. Ganz im Gegensatz zu Tobias, dessen Laune sich mit der Kamera um den Hals deutlich verschlechtert hatte.
    »Das Auto wäre Tarzan besser bekommen«, murmelte er und wußte genau, daß die väterliche Retourkutsche nicht auf sich warten lassen würde. Da ging es auch schon los.
    »Da redest du dauernd vom Waldsterben und vom sauren Regen, und dann willst du mit dem Auto fahren. Außerdem ist es nicht meine Schuld, daß der Hund blasenkrank geworden ist.«
    Der Hund. Tarzan. Ein großer, lieber, blonder Mischling, halb Bernhardiner, halb..., ja, was eigentlich? Vielleicht Dackel? Und augenblicklich mit Großvater auf einer dieser winzigen, stickigen Eisenbahntoiletten eingepfercht, bewegungsunfähig, einfach bedauernswert. Das war ja keinem Menschen, geschweige denn einem Hund zuzumuten! Und was sollte das nun wieder heißen? Waldsterben, dafür war der Herr Erzeuger ja besonders kompetent... Besserwissen schien eine Erwachsenenkrankheit zu sein.
    »Mit Bioschlamm fährt der Zug hier ja auch nicht«, gab Tobias patzig zurück. Die Mutter warf ihm einen bösen Blick zu, aber schon ging es weiter.
    »Natürlich braucht so ein Zug Energie, hier in Frankreich vermutlich Atomenergie, immerhin, eine freundliche Art, Strom zu erzeugen...« Der Vater redete sich langsam in Rage.
    »Na, der hier macht’s ja wohl noch mit Kohle«, fauchte Tobias. »Von wegen umweltfreundlicher Atomstrom...«
    »Wenn ihr schon streiten müßt, dann geht auf den Gang«, mischte sich jetzt wieder die Mutter ein. Ihr Gesichtsausdruck deutete gefährlich auf Sturm. Die endlose Fahrt im Bummelzug nervte sie ebenso wie den Rest der Familie. Und wie unbequem erst diese Holzbänke waren! Den ganzen Urlaub würde sie dazu brauchen, sich von diesen Anstrengungen zu erholen. Und dann noch die Sache mit dem Hund. Was mußte der auch unbedingt mit. Eine Schnapsidee ihres Mannes, natürlich.
    »Jawohl, umweltfreundlich«, beharrte Vater. »Du solltest in der Schule mal besser aufpassen!«
    »Ich passe auf, besonders in Physik. Du sollst ja nicht
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