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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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    Er reicht mir die Hand. «Ich bin übrigens Abel Baumann.»
    «Jakob Jakobi», erwidere ich. «Freut mich. Und warum sind Sie hier?»
    «Komische Geschichte», sagt Baumann. «Ich hatte heute einen Auftritt bei einer Betriebsfeier. Danach kriegte ich Stiche in der Herzgegend. Organisch ist aber alles in Ordnung. Mir ist das in letzter Zeit schon ein paarmal passiert. Ist wohl psychosomatisch, meint der Arzt.»
    «Gut möglich», erwidere ich. «Sind Sie denn beruflich oder privat großem Stress ausgesetzt?»
    Baumann nickt. «Kann man schon so sagen.»
    «Und belastet Sie das? Fühlen Sie sich oft müde und abgekämpft? Oder schlafen Sie schlecht?»
    Wieder überlegt Baumann, dann stutzt er. «Hey! Moment mal! Sie kennen sich aus mit diesen Psychosachen, oder?»
    Ab und zu tauchen in meinem Privatleben gewisse Fragetechniken aus meiner Therapiearbeit auf. Eine Berufskrankheit, mit der ich mich inzwischen abgefunden habe. «Stimmt. Ich bin Psychotherapeut.»
    «Das ist toll», erwidert Baumann. «Ich soll mir einen wie Sie suchen, damit mein Herzklabaster aufhört. Hat mir eben der Arzt geraten.»
    Normalerweise würde ich Baumann jetzt meine Visitenkarte geben und ihn in meine Praxis bitten, aber da Ellens Mann mich im Bademantel zur Strecke gebracht hat, habe ich kein Geld, keine Papiere und erst recht keine Visitenkarten dabei. Außerdem wollte ich eben noch meinen Job an den Nagel hängen. Vielleicht sollte sich dieser Baumann also lieber einen anderen Therapeuten suchen. Einen mit professionellem Auftreten und beruflicher Perspektive.
    «Tut mir leid, aber ich praktiziere zur Zeit nicht», lüge ich.
    Er sieht mich an und überlegt. «Also, wenn es am Geld liegt …», sagt er dann, «das ist kein Problem. Ich habe Geld.»
    «Nein. Es liegt nicht am Geld. Ich befinde mich nur gerade in einer Phase der beruflichen Neuorientierung.»
    «Aha.» Baumann wirkt enttäuscht. «Was kostet denn so was eigentlich?», will er wissen. «Nur damit ich mal einen Anhaltspunkt habe.»
    «Bei mir dauert eine Sitzung fünfundvierzig Minuten und das kostet achtzig Euro. Wie viel die Krankenkasse davon übernimmt, muss man im Einzelfall sehen. Ich mache bei neuen Patienten immer eine Probesitzung, um herauszufinden, ob die Chemie stimmt. Das wird von den meisten Kassen nicht erstattet.»
    «Schade, dass Sie gerade nicht praktizieren», sagt Baumann. «Ich bin mir ziemlich sicher, dass die Chemie zwischen uns beiden stimmen würde.»
    Mit gespieltem Bedauern hebe ich die Schultern.
    «Und ich kann Sie nicht wenigstens dazu überreden, diese Probesitzung mit mir abzuhalten? Sie wären wirklich zu nichts verpflichtet.» Er zieht einen Hunderter aus seinem Clownskostüm und wedelt mir damit vor der Nase herum. «Die haben mich bar bezahlt. Ich kann mir also eine Probesitzung bei Ihnen leisten. Ich würde im Voraus zahlen. Und ’n kleines Frühstück für uns beide wäre auch noch drin.»
    «Sie wollen jetzt sofort ein Therapiegespräch?»
    «Ja. Warum nicht? Um die Ecke gibt es ein Café, wo wir reden können. Um diese Zeit ist da bestimmt nichts los. Und Sie müssen hier doch sowieso noch ein paar Stunden warten.»
    Da hat er recht. Allerdings behandele ich nur sehr ungern Patienten, die ich noch nicht kenne, außerhalb meiner Praxis und außerhalb der Sprechzeiten. Andererseits könnte ich einen Kaffee und ein ordentliches Frühstück gebrauchen. Außerdem scheint dieser Baumann ein netter Kerl mit überschaubaren Problemen zu sein. Also, warum nicht ein paar Prinzipien über Bord werfen, wenn die Situation es erfordert? Das predige ich meinen Patienten ja schließlich auch immer.
    «Einverstanden», sage ich kurzentschlossen und erhebe mich. «Ich hole mir jetzt noch ein paar Schmerztabletten, und dann gehen wir frühstücken. Aber wenn Sie mich schon für die Sitzung bezahlen, dann geht das Frühstück auf mich.»
    Baumann nickt erfreut. «Klingt fair.»
    Eine halbe Stunde später sitzen wir in einem Café unweit des Krankenhauses. Hinterm Tresen steht eine macchina in der Größe eines Caprifischerbootes. Ein kleiner Italiener poliert die Metalloberfläche, als würde er eine Bikinischönheit mit Sonnenmilch einreiben. Seine früh verblühte Ehefrau kümmert sich um alles andere. Wahrscheinlich führen die beiden keine glückliche Ehe, aber immerhin ist der Cappuccino Weltklasse.
    «Hat unsere Sitzung eigentlich schon angefangen?», will Baumann wissen, während die Signora uns Fenchelsalami, Parmaschinken und
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