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Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)

Titel: Und Gott sprach: Wir müssen reden! (German Edition)
Autoren: Hans Rath
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kein guter Psychologe, wenn meine Menschenkenntnis so dermaßen schlecht ist wie jetzt gerade. Schade, denke ich, als ich mit einem Krachen auf der hässlichen Auslegware lande. Eigentlich mag ich meinen Job. Außerdem habe ich leider nichts anderes gelernt. Dann wird mir schwarz vor Augen.
    Ich erwache in einem Krankenwagen. Mein Kopf dröhnt. Ich spüre ein Pochen hinter den Schläfen. Neben mir sitzt ein schlaksiger Typ mit ungesunder Hautfarbe. Er kaut irgendwas und blättert dabei in einer Illustrierten. «Liegen bleiben», sagt er, ohne hochzusehen.
    Ich lege den Kopf wieder zurück, und das Pochen wandert in die Nasengegend. «Könnte ich bitte was gegen die Schmerzen haben?»
    «Sorry, aber ich hab mir den Rest der Packung gerade eingeworfen», nuschelt er und schluckt dann ostentativ.
    «Sind Sie auch ein Patient?», frage ich irritiert.
    Er schüttelt den Kopf. «Ich bin Dr. Kessels. Der Arzt.»
    «Aha», erwidere ich verunsichert. «Und warum essen Sie mir dann meine Schmerzmittel weg?»
    «Weil ich seit dreißig Stunden auf den Beinen bin und keine Amphetamine mehr habe. Oder wollen Sie, dass mein Magengeschwür mich umbringt?»
    «Das nicht. Aber meine Nase tut auch höllisch weh.»
    Er seufzt genervt und schlägt mit der Faust gegen die Verbindungswand zur Fahrerkabine. «Mach die Funzel an! Hier hat’s jemand eilig.»
    Die Sirene jault auf, ruckartig beschleunigt der Wagen.
    «Danke», sage ich.
    Er winkt ab. «Das wird Ihnen nicht viel nutzen. In der Notaufnahme sind bestimmt noch drei Dutzend Leute vor Ihnen dran. Mit ’ner angebrochenen Nase stehen Sie ziemlich weit hinten auf der Liste.»
    «Vielleicht könnten Sie noch mal über mich drüberfahren, bevor Sie mich abliefern», schlage ich vor.
    Er lacht heiser, bekommt einen Hustenanfall und bekämpft ihn mit einem Asthmaspray, das er nach einigem Suchen in einer Kiste mit Krimskrams findet. Schwer atmend setzt er sich wieder auf seinen Hocker. «Sie dürfen einen Kettenraucher nicht so zum Lachen bringen.»
    Mit quietschenden Reifen kommt der Wagen zum Stehen.
    Auf dem Krankenhausflur herrscht Jahrmarktsatmosphäre. Wie der Arzt prophezeit hat, tummeln sich hier ein paar Dutzend Kranke nebst Familien und Freunden. Die meisten plaudern, um die Wartezeit zu verkürzen. Einige telefonieren, andere spielen Karten. Ich soll ein mehrseitiges Antragsformular ausfüllen und mich auf ein paar Stunden Wartezeit einstellen. Immerhin bekomme ich unkompliziert eine Schmerztablette.
    Ich suche mir einen Platz und beginne, das Formular zu studieren.
    «Und ich dachte schon, ich wäre der Einzige hier, der komisch aussieht», höre ich eine Stimme sagen.
    Vor mir steht ein Endvierziger in einem Clownskostüm. Er hat beide Daumen hinter die gepunkteten Hosenträger geklemmt und grinst. Auf seiner Stirn und im angegrauten Dreitagebart sind Reste von Schminke zu erkennen. Scheint so, als käme er direkt aus der Manege.
    «Sie sehen aus wie Jack Nicholson in Chinatown », sagt er und setzt sich neben mich. «Guter Film, übrigens. Kennen Sie den?»
    Ich überlege, was der Clown meinen könnte, und strecke mich, um in der gegenüberliegenden Glasscheibe zu erkennen, dass der übernächtigte Dr. Kessels meine Nase provisorisch geschient und dabei Unmengen von Pflaster verbraucht hat. Ich sehe aus, als hätte der Kerl mich nicht nur zusammenflicken, sondern abdichten wollen.
    Seufzend lehne ich mich wieder zurück und schaue den Clown an, der mich mustert und vermutlich immer noch auf eine Antwort wartet. Inzwischen habe ich leider seine Frage vergessen. Gerade will ich nachhaken, da kommt er mir zuvor.
    «Wer hat Ihnen nur so einen sauberen Punch verpasst?» Er wirkt regelrecht fasziniert von meinem Nasenbruch.
    «Der Mann meiner Exfrau», antworte ich.
    «Der Bursche hat Talent», erwidert der Clown.
    «Kein Wunder. Er ist Berufsboxer.»
    «Dann sollten Sie froh sein, dass Sie sofort umgefallen sind. Sonst hätte er Sie wahrscheinlich noch schlimmer zugerichtet.»
    Ich stutze. «Woher wollen Sie wissen, dass ich sofort umgefallen bin?»
    «Ach … ich hab früher selbst ein bisschen geboxt», antwortet er. «Und das da …» Er zeigt auf meine Nase. «… sieht nach einem lupenreinen Knockout aus. Ich vermute, bevor sie ‹piep› sagen konnten, lagen Sie bereits am Boden. Und ich vermute auch, der Schlag kam völlig unerwartet, denn einen so schönen Nasenbruch kriegt man praktisch nicht hin, wenn der Gegner die Deckung oben hat.»
    Ich muss lächeln. Der Kerl
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