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Und das Leben geht doch weiter

Und das Leben geht doch weiter

Titel: Und das Leben geht doch weiter
Autoren: Heinz G. Konsalik
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32. Aber ich warne Sie. Diese Leute sind wie die Berge hier – rauh und ungeschliffen.«
    »Was soll das heißen?«
    »Die haben keinerlei Hemmungen, Ihnen erst einmal klipp und klar zu sagen, was sie von den leichtsinnigen Touren derjenigen halten, für die sie immer wieder ihr Leben aufs Spiel setzen müssen. Und außerdem kann es Ihnen auch noch passieren, daß man Sie auffordert, die Suche doch selbst aufzunehmen bei diesem Schneetreiben.«
    »Wenn nur einer mit käme, würde ich das auch tun«, beteuerte Jens und meinte das sogar ernst. Ein Feigling war er nämlich nicht.
    Am Ende blieb ihm jedoch nichts anderes übrig, als einzusehen, daß er zur Untätigkeit verurteilt war und es außerdem vorläufig auch keinen Zweck hatte, unsinnige Telefonate mit der Bergwacht zu führen.
    Mit zusammengepreßten Lippen verließ er Sendens Büro. Draußen war die nächste Zigarette fällig.
    Als der Direktor allein war, stellte er selbst die Verbindung mit der Bergwacht her. Dies geschah schon zum drittenmal.
    »Ich bin's wieder, Andreas«, eröffnete er das Gespräch. »Der hört nicht auf, mich zu nerven. Hast du dich mit deinen Leuten besprochen?«
    »Ja, Karl, nur den Leo konnte ich noch nicht erreichen. Wir sind uns alle völlig einig, daß im Augenblick nicht das geringste unternommen werden kann. Das gilt bombensicher auch für den Leo.«
    »Wann frühestens?« fragte Senden nur.
    »Morgen bei Tagesanbruch.«
    »Vorausgesetzt, das Wetter spielt mit!«
    »Selbstverständlich. Inzwischen ist die natürlich mit hundertprozentiger Sicherheit im Eimer, aber es muß ja schließlich auch die Leiche gefunden und geborgen werden.«
    »Vielleicht hat sie doch noch eine Schutzhütte entdeckt.«
    »Dann erfriert sie dort, weil sie zu blöd ist, Feuer anzumachen.«
    Harte Worte waren das, aber einem Gruppenführer der Bergwacht sollte man das nicht verübeln. Was diese Männer jahraus, jahrein mit Urlaubern aus Deutschlands Ebenen erlebten, ging, wie sie sich auszudrücken pflegten, auf keine Kuhhaut.
    »Anderl«, sagte Senden, der sehr gut wußte, warum er sich mit Bergführern und Männern ähnlichen Kalibers duzte, »der Bekannte dieses Mädchens wollte dich vorhin schon selbst anrufen. Mit Müh und Not konnte ich ihn davon abhalten. Ich weiß aber nicht, ob mir das noch einmal gelingt. Wenn nicht, mach's gnädig mit ihm.«
    »Sag ihm, er soll mich gefälligst in Ruhe lassen. Ich habe einfach nicht mehr die Nerven, mir das dumme Geschwätz von Besserwissern anzuhören. Wie viele von uns haben heuer schon wieder dran glauben müssen! Drei Mann. Und der vierte liegt gelähmt in Murnau im Versehrtenkrankenhaus. Sag ihm das!«
    »Was machen Sie denn da, Detlev?« fragte Carola.
    »Ich schütte Stroh auf«, antwortete er.
    Genau das tat er, er bedeckte einen verhältnismäßig schmalen Streifen des Fußbodens dick mit Stroh. Dabei sagte er: »Ich sagte Ihnen doch, Sie sollten versuchen, ein bißchen zu schlafen.«
    Carola verfolgte sein Tun mit skeptischer Miene.
    »Soviel ich sehe«, sagte sie nach einer Weile, »ist das alles Stroh, das wir hier zur Verfügung haben.«
    »Ja.«
    »Dann müssen Sie es besser verteilen.«
    »Wieso? Ist Ihnen das zu schmal?«
    »Mir nicht, aber Sie brauchen ja auch noch einen Liegeplatz.«
    »Ich?« Er zeigte zum Tisch. »Ich schlafe da – wenn überhaupt.«
    »Im Sitzen?«
    »Ja.«
    Anders als zum Schlafen im Sitzen hätte sich für ihn kein Platz mehr in der sehr beengten Hütte gefunden, es sei denn an Carolas Seite auf dem Fußbodenstreifen zwischen Ofen und Wand.
    »Detlev, das kommt nicht in Frage.«
    »Was kommt nicht in Frage?«
    »Daß ich hier den ganzen Platz zum Liegen für mich in Anspruch nehme.«
    »Doch, das wird so gemacht.«
    »Nein.«
    »Sie haben mir zu gehorchen.«
    »Wie bitte?«
    »Jawohl, das haben Sie, und zwar aus dem einfachsten Grund der Welt …«
    »Den würde ich gerne hören.«
    »Ich könnte Ihr Vater sein.«
    Das mußte ja einmal gesagt werden. Die beiden blickten einander an, dann sagte Carola: »Ich habe schon einen.«
    Kein Bedarf an einem zweiten, hieß das.
    Carola schob ihren Widersacher energisch beiseite, bückte sich und nahm von ihrem dickgepolsterten Lager Stroh weg und verteilte es auf eine größere Fläche. Detlev wartete nicht ab, bis sie fertig war, sondern ging zurück zum Tisch und setzte sich. Er fand, daß er sich beruhigen mußte. Am besten beruhigte er sich jedoch mit einer Pfeife Tabak.
    »Ich würde gerne rauchen«, sagte er.
    Carola
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