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Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)

Titel: Der Krieg der Zauberer, Band 1: Die Drei Steine (German Edition)
Autoren: Holger de Grandpair
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Erstes Kapitel: Der kleine Dieb
    Im äußersten Osten Arthiliens, angeschmiegt an die kalten und unerforschten Gestade des östlichen Ozeans, erhob sich das zweitgrößte Gebirge des Kontinents, das beinahe kreisrunde Milmondo Auron. Graue Bergriesen, mit grünbewachsenen Schultern und weißen Schneekappen auf den höchsten Gipfeln, türmten sich auf wie ein weitläufiges, wehrhaftes Mauerwerk und reihten sich auf einer Fläche von vielen Meilen in alle Richtungen aneinander.
    Im westlichen Bereich des Gebirges stach eine besondere Auffälligkeit hervor, ein Berg, der eine Ausnahmeerscheinung unter seinesgleichen war, denn seine Farbe wies, von weither betrachtet, ein unverwechselbares, bläuliches Schimmern auf. Lômbur-Âchbad, der Blaue Berg, war außerdem der höchste und gewaltigste unter all seinen Brüdern und nach dem Tôl Danur, dem höchsten Gipfel des weiter westlich gelegenen Milmondo Mirnors, eine der höchsten Anhöhen, die man in Arthilien überhaupt kannte.
    Eine besondere Bedeutung kam dem Lômbur-Âchbad aber vor allem deshalb zu, da er innen, wie jedermann wusste, zu weiten Teilen ausgehöhlt war und das Zentrum von Gâlad-Kalûm, dem großen Reich Zwergenauen, darstellte. Die Kirin Dor, wie man das Volk der Zwerge in der elbischen Sprache hieß, waren ein ebenso altes wie bienenfleißiges Volk und hatten sich im Verlauf von zahlreichen Jahrhunderten damit abgemüht, mittels harter körperlicher Arbeit ein gigantisches Netzwerk aus Tunneln und Schächten, Höhlen und Hallen aus dem bloßen Fels zu schlagen. Auf diese Weise war es ihnen gelungen, ein prächtiges Reich zu erschaffen, in dem es an keiner Annehmlichkeit fehlte und das verschönert wurde durch zahlreiche einmalig anzusehende Skulpturen, Säulen, Reliefs, Ornamente und Verbrämungen, die allesamt ebenso kunstvoll wie kostbar waren. Solcherlei fiel den Zwergen nicht schwer, denn sie waren große Meister in vielen handwerklichen Künsten und darunter vor allem anderen in der Steinmetzkunst, dem Schmiedehandwerk und der Edelsteinschleiferei.
    Begründet lag der geradezu sprichwörtliche Reichtum, den die bärtigen Zwerge mit der Zeit anhäuften, in der unermesslichen Rohstoffvielfalt, die das Milmondo Auron beherbergte und die ihm auch seinen Namen verlieh, denn dieser bedeutete nichts anderes als
das Goldene Gebirge
. So waren die Angehörigen des Volkes der Zwerge tagein, tagaus damit beschäftigt, in ihren vielen Minen, die in den kaum zugänglichen Tiefen des Gebirges versteckt waren, nach Eisen und Erzen und vor allem nach Gold und Silber und seltenen Schmucksteinen zu schürfen. Es war ein hartes Geschäft unter Tage und erforderte so manches Opfer, alldieweil die ergiebigsten Rohstoffvorkommen mit der Zeit immer schwerer zu finden und zu erschließen waren, sodass der Arbeit in den Schächten so einige Risiken nicht abzusprechen waren. Gleichwohl sagte man den Zwergen wohl nicht zu unrecht nach, dass die Gier nach Gold und Schätzen neben Sturheit, Stolz und unerschrockenem Mut zu ihren hervorstechendsten und unveränderlichsten Merkmalen zählte. Und letztendlich machte sich ihre Mühe reichlich bezahlt, denn auf den Märkten in Rhodrim, Awidon oder Lemuria oder aber in ihren eigenen Hallen wurden für zwergische Edelmetalle und Schmuck in diesen Tagen Höchstpreise gezahlt, was sie in ihrem Verlangen nach noch mehr kostbarem Gut nur bestärkte.
    Die Wolken am blauen Abendhimmel leuchteten in dem aprikosenfarbenen Dunst, der über den Bergketten und Höhenzügen des Milmondo Aurons aufstieg. Es war der Ausklang eines ganz gewöhnlichen Tages im Spätfrühling des Jahres 2296 n.d.A., ein lauer und friedlicher Abend, so wie viele andere, die man seit dem großen Krieg, der vor fünfundzwanzig Jahren auf dem Kontinent gewütet hatte, kommen und gehen gesehen hatte. Dies mochte man zumindest meinen. In Wahrheit setzten sich eben in dieser unscheinbaren Mainacht Ereignisse und Verwicklungen in Gang, die sich schon bald als außerordentlich verhängnisvoll, schicksalhaft und folgenschwer erweisen sollten. Dass diese ausgerechnet im Innern des Reiches Zwergenauen, das mit seinen ehernen Bollwerken, ausgetüftelten Verteidigungsanlagen und aufmerksamen Wachsoldaten im Grunde als unangreifbar galt, ihren Anfang nahmen, darf als besondere Ironie gedeutet werden.
    Myriaden von Sternen funkelten am Himmel wie Diamanten auf schwarzem Samt, als sich die Nacht über das östliche Land legte. Weitaus dunkler noch (und unvergleichlich kälter
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